[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.Versuch von den Eigenschaften eines Kunstrichters. ES ist schwer zu sagen, worinnen mehr Mit unsrem Urtheilen ist es bewandt, wie Beyde D 2
Verſuch von den Eigenſchaften eines Kunſtrichters. ES iſt ſchwer zu ſagen, worinnen mehr Mit unſrem Urtheilen iſt es bewandt, wie Beyde D 2
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0067" n="[51]"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Verſuch</hi><lb/> von den Eigenſchaften<lb/> eines<lb/><hi rendition="#g">Kunſtrichters.</hi></hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>S iſt ſchwer zu ſagen, worinnen mehr<lb/> Ungeſchicklichkeit begangen werde, im<lb/> uͤblen Schreiben, oder im uͤblen Urthei-<lb/> len. Doch iſt das letzte gefaͤhrlicher als das erſte.<lb/> Jenes ermuͤdet nur unſere Geduld, dieſes kan<lb/> auch den Verſtand in Jrrthum fuͤhren. Nur<lb/> wenige irren in jenem, aber in dieſem gar viele,<lb/> und werden allezeit zehen verkehrt urtheilen, fuͤr<lb/> einen der ungeſchickt ſchreibet. Ehedeſſen machte<lb/> ein Thor ſich allein ſelbſt zu ſchanden; nun macht<lb/> ein Thor in Verſen ſo viel andere in der Proſe.</p><lb/> <p>Mit unſrem Urtheilen iſt es bewandt, wie<lb/> mit unſern Uhren. Keine koͤmmt mit der andern<lb/> juſt uͤberein. Und doch glaubt ein jeder der ſeini-<lb/> gen. Jnzwiſchen iſt gleichwohl ein richtiger Ge-<lb/> ſchmack bey einem Kunſtrichter eben ſo ſelten, als<lb/> das aͤchte Poetiſche Feuer bey einem Dichter.<lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Beyde</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [[51]/0067]
Verſuch
von den Eigenſchaften
eines
Kunſtrichters.
ES iſt ſchwer zu ſagen, worinnen mehr
Ungeſchicklichkeit begangen werde, im
uͤblen Schreiben, oder im uͤblen Urthei-
len. Doch iſt das letzte gefaͤhrlicher als das erſte.
Jenes ermuͤdet nur unſere Geduld, dieſes kan
auch den Verſtand in Jrrthum fuͤhren. Nur
wenige irren in jenem, aber in dieſem gar viele,
und werden allezeit zehen verkehrt urtheilen, fuͤr
einen der ungeſchickt ſchreibet. Ehedeſſen machte
ein Thor ſich allein ſelbſt zu ſchanden; nun macht
ein Thor in Verſen ſo viel andere in der Proſe.
Mit unſrem Urtheilen iſt es bewandt, wie
mit unſern Uhren. Keine koͤmmt mit der andern
juſt uͤberein. Und doch glaubt ein jeder der ſeini-
gen. Jnzwiſchen iſt gleichwohl ein richtiger Ge-
ſchmack bey einem Kunſtrichter eben ſo ſelten, als
das aͤchte Poetiſche Feuer bey einem Dichter.
Beyde
D 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |