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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.

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Noch einer von meinen Freunden, der zu
unsren Nachkindern eine so gute Hoffnung
trägt, als er von den gegenwärtigen Zeiten
übel denket, meinet, es werde denselben eben
so unwahrscheinlich vorkommen, daß ehmahls
gewisse theils wassersüchtige theils winddürre
Scribenten die Herrschaft über den Geschmak
geführet haben, als es izo dem gemeinen
Schwarm unglaublich vorkömmt, daß etliche
wenige Privatpersonen sich wider das, was
allen, wie sie sagen, gefällt, auflehnen dürf-
fen.

"Es mögte noch zu glauben seyn, sagt
"er, daß um den Unterhalt und das Glük
"bemühete Leute, oder Lehrlinge, die der
"Ruthe nur erst entronnen sind, vornehmen
"Stümpern und gefürchteten Orbilen, bey-
"stimmeten, welche, uns zur Straffe, mit
"dem Wahnwiz geschlagen worden, daß sie
"ohne Geist und Gelahrtheit Poeten und
"Redner heissen wollen; aber daß so viele
"geschikte Köpfe von Adel, von Stands-
"personen, von Männern, die in ihrem
"Ruhme und Glüke fest stehen, solches nicht
"nur eine so lange Zeit ungeantet gelitten,
"sondern ihnen noch mit ihrem Zujauchzen
"geheuchelt haben, meint er, wäre eine Ge-
"fälligkeit, eine Höflichkeit, die eben so wi-
"dersinnig sey, als sie schädlich und ungerecht
"ist. Kein Wunder, schließt er, wenn die
"Aus-
)( 4

Noch einer von meinen Freunden, der zu
unſren Nachkindern eine ſo gute Hoffnung
traͤgt, als er von den gegenwaͤrtigen Zeiten
uͤbel denket, meinet, es werde denſelben eben
ſo unwahrſcheinlich vorkommen, daß ehmahls
gewiſſe theils waſſerſuͤchtige theils windduͤrre
Scribenten die Herrſchaft uͤber den Geſchmak
gefuͤhret haben, als es izo dem gemeinen
Schwarm unglaublich vorkoͤmmt, daß etliche
wenige Privatperſonen ſich wider das, was
allen, wie ſie ſagen, gefaͤllt, auflehnen duͤrf-
fen.

„Es moͤgte noch zu glauben ſeyn, ſagt
„er, daß um den Unterhalt und das Gluͤk
„bemuͤhete Leute, oder Lehrlinge, die der
„Ruthe nur erſt entronnen ſind, vornehmen
„Stuͤmpern und gefuͤrchteten Orbilen, bey-
„ſtimmeten, welche, uns zur Straffe, mit
„dem Wahnwiz geſchlagen worden, daß ſie
„ohne Geiſt und Gelahrtheit Poeten und
„Redner heiſſen wollen; aber daß ſo viele
„geſchikte Koͤpfe von Adel, von Stands-
„perſonen, von Maͤnnern, die in ihrem
„Ruhme und Gluͤke feſt ſtehen, ſolches nicht
„nur eine ſo lange Zeit ungeantet gelitten,
„ſondern ihnen noch mit ihrem Zujauchzen
„geheuchelt haben, meint er, waͤre eine Ge-
„faͤlligkeit, eine Hoͤflichkeit, die eben ſo wi-
„derſinnig ſey, als ſie ſchaͤdlich und ungerecht
„iſt. Kein Wunder, ſchließt er, wenn die
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[0007] Noch einer von meinen Freunden, der zu unſren Nachkindern eine ſo gute Hoffnung traͤgt, als er von den gegenwaͤrtigen Zeiten uͤbel denket, meinet, es werde denſelben eben ſo unwahrſcheinlich vorkommen, daß ehmahls gewiſſe theils waſſerſuͤchtige theils windduͤrre Scribenten die Herrſchaft uͤber den Geſchmak gefuͤhret haben, als es izo dem gemeinen Schwarm unglaublich vorkoͤmmt, daß etliche wenige Privatperſonen ſich wider das, was allen, wie ſie ſagen, gefaͤllt, auflehnen duͤrf- fen. „Es moͤgte noch zu glauben ſeyn, ſagt „er, daß um den Unterhalt und das Gluͤk „bemuͤhete Leute, oder Lehrlinge, die der „Ruthe nur erſt entronnen ſind, vornehmen „Stuͤmpern und gefuͤrchteten Orbilen, bey- „ſtimmeten, welche, uns zur Straffe, mit „dem Wahnwiz geſchlagen worden, daß ſie „ohne Geiſt und Gelahrtheit Poeten und „Redner heiſſen wollen; aber daß ſo viele „geſchikte Koͤpfe von Adel, von Stands- „perſonen, von Maͤnnern, die in ihrem „Ruhme und Gluͤke feſt ſtehen, ſolches nicht „nur eine ſo lange Zeit ungeantet gelitten, „ſondern ihnen noch mit ihrem Zujauchzen „geheuchelt haben, meint er, waͤre eine Ge- „faͤlligkeit, eine Hoͤflichkeit, die eben ſo wi- „derſinnig ſey, als ſie ſchaͤdlich und ungerecht „iſt. Kein Wunder, ſchließt er, wenn die „Aus- )( 4

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung01_1741/7>, abgerufen am 21.11.2024.