[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.Nachrichten von dem Ursprunge mit einer Anweisung zur Dichtkunst, in welcherer sich öfters auf die Lehrsätze der critischen Schwei- zer bezieht; mithin aber in einigen Stücken von ihnen abweichet, wo sie die besten Gründe gege- ben: Zum Exempel, da sie diejenigen getadelt haben, welche die Beywörter allein aus dem Ge- dächtnisse und nicht von der Beschaffenheit der Sache, und der besondern Absicht einer Beschrei- bung hernehmen. Herr Hamann hat dieses Ur- theil für sein Lexicon, das eben nur für die Erleich- terung der Gedächtnißarbeit gewiedmet war, so schädlich gehalten, daß er sich verpflichtet gesehen, demselben zu wiedersprechen. Er sagt: "Wie Hierauf sagt er ferner, seine Ab- würde
Nachrichten von dem Urſprunge mit einer Anweiſung zur Dichtkunſt, in welcherer ſich oͤfters auf die Lehrſaͤtze der critiſchen Schwei- zer bezieht; mithin aber in einigen Stuͤcken von ihnen abweichet, wo ſie die beſten Gruͤnde gege- ben: Zum Exempel, da ſie diejenigen getadelt haben, welche die Beywoͤrter allein aus dem Ge- daͤchtniſſe und nicht von der Beſchaffenheit der Sache, und der beſondern Abſicht einer Beſchrei- bung hernehmen. Herr Hamann hat dieſes Ur- theil fuͤr ſein Lexicon, das eben nur fuͤr die Erleich- terung der Gedaͤchtnißarbeit gewiedmet war, ſo ſchaͤdlich gehalten, daß er ſich verpflichtet geſehen, demſelben zu wiederſprechen. Er ſagt: „Wie Hierauf ſagt er ferner, ſeine Ab- wuͤrde
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Nachrichten von dem Urſprunge
mit einer Anweiſung zur Dichtkunſt, in welcher
er ſich oͤfters auf die Lehrſaͤtze der critiſchen Schwei-
zer bezieht; mithin aber in einigen Stuͤcken von
ihnen abweichet, wo ſie die beſten Gruͤnde gege-
ben: Zum Exempel, da ſie diejenigen getadelt
haben, welche die Beywoͤrter allein aus dem Ge-
daͤchtniſſe und nicht von der Beſchaffenheit der
Sache, und der beſondern Abſicht einer Beſchrei-
bung hernehmen. Herr Hamann hat dieſes Ur-
theil fuͤr ſein Lexicon, das eben nur fuͤr die Erleich-
terung der Gedaͤchtnißarbeit gewiedmet war, ſo
ſchaͤdlich gehalten, daß er ſich verpflichtet geſehen,
demſelben zu wiederſprechen. Er ſagt:
„Wie
„ich aber die Hochachtung hiermit oͤffentlich be-
„kenne, die ich gegen dieſen groſſen Kenner des
„guten Geſchmackes habe, ſo wird mir doch
„mit deſſen Verguͤnſtigung erlaubet ſeyn, mein
„Unternehmen nach meinem Vermoͤgen zu recht-
„fertigen.„
Hierauf ſagt er ferner, ſeine Ab-
ſicht gehe nur auf die Jugend, die noch die Spra-
che nicht verſtehe, nicht Bilder genug beſitze, ſol-
che nicht auszubilden wiſſe. Man muͤſſe ihr ei-
ne Menge Beywoͤrter, als Prædicata von einer
Sache, vor Augen legen, und ſie ſich dann mit
einiger Wahl derſelben uͤben laſſen. Allein wa-
rum bringet er ihr nicht lieber die Sachen ſelber
vor Augen, und weiſet ihr nicht darinnen das ver-
ſchiedene Licht, die Seiten und Umſtaͤnde derſel-
ben; und zeiget ihr die Nahmen eines jeden Stuͤ-
kes derſelben an? Nach dieſem wuͤrde ſie gewiß
ſtaͤrcker davon geruͤhrt werden, die Bilder, ſo ſie
davon faſſete, wuͤrden lebhafter ſeyn, und ſie
wuͤrde
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