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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.

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Von der Schreibart
Sprachlehrer ohne Furcht behaupten, daß sie sich
aus einer jeden Sprache in eine jede andre überse-
zen lassen, ohne daß sie von ihrem Werthe oder
ihrem Lichte, etwas verliehren. Sie müssen
nothwendig allen denjenigen verständlich seyn, wel-
chen nur die Bilder bekannt sind. Aus dieser Ur-
sache empfehlen sich diejenigen Bilder, welche aus
dem gemeinen und bekanntesten Laufe der Natur
hergeholet sind, vor allen andern. Daher wür-
de ich kein Bedenken haben, selbst in der gemei-
nen Rede nach dem französischen zu sagen: Pfeile
von allerley Holtz machen.
Was Bilder sind,
die von den Sitten und Gebräuchen besonderer,
vornehmlich entfernter und alter, Nationen ent-
lehnet worden, so haben solche ihren Preiß und
Glantz vornehmlich, wenn man geschickte und in
den Geschichten der Völker und ihrer Sitten er-
fahrne Leser hoffen darf. Also ist folgende Re-
densart sehr geschickt und deutlich für diejenigen,
welche in den Manieren der alten Griechen und
Römer keine Fremdlinge sind: Sie gestatten
nicht daß etwas in den öffentlichen Druck kom-
me, welches nicht vorher unter ihrem Schwam-
me gewesen ist.
Aber unwissende Leser aus dem
Pöbel werden nicht wissen, was sie aus diesem
Schwamme machen sollen.

Mithin muß ich auch noch mit wenigem dieses
erinnern. Wenn die Metaphoren, sie mögen
auf natürliche Werke oder auf Gewohnheiten der
Nationen sehen, in der Uebersezung geschickt klin-
gen sollen, muß man vielmehr auf den Grund der-
selben, der in der Aehnlichkeit lieget, Achtung

geben,

Von der Schreibart
Sprachlehrer ohne Furcht behaupten, daß ſie ſich
aus einer jeden Sprache in eine jede andre uͤberſe-
zen laſſen, ohne daß ſie von ihrem Werthe oder
ihrem Lichte, etwas verliehren. Sie muͤſſen
nothwendig allen denjenigen verſtaͤndlich ſeyn, wel-
chen nur die Bilder bekannt ſind. Aus dieſer Ur-
ſache empfehlen ſich diejenigen Bilder, welche aus
dem gemeinen und bekannteſten Laufe der Natur
hergeholet ſind, vor allen andern. Daher wuͤr-
de ich kein Bedenken haben, ſelbſt in der gemei-
nen Rede nach dem franzoͤſiſchen zu ſagen: Pfeile
von allerley Holtz machen.
Was Bilder ſind,
die von den Sitten und Gebraͤuchen beſonderer,
vornehmlich entfernter und alter, Nationen ent-
lehnet worden, ſo haben ſolche ihren Preiß und
Glantz vornehmlich, wenn man geſchickte und in
den Geſchichten der Voͤlker und ihrer Sitten er-
fahrne Leſer hoffen darf. Alſo iſt folgende Re-
densart ſehr geſchickt und deutlich fuͤr diejenigen,
welche in den Manieren der alten Griechen und
Roͤmer keine Fremdlinge ſind: Sie geſtatten
nicht daß etwas in den oͤffentlichen Druck kom-
me, welches nicht vorher unter ihrem Schwam-
me geweſen iſt.
Aber unwiſſende Leſer aus dem
Poͤbel werden nicht wiſſen, was ſie aus dieſem
Schwamme machen ſollen.

Mithin muß ich auch noch mit wenigem dieſes
erinnern. Wenn die Metaphoren, ſie moͤgen
auf natuͤrliche Werke oder auf Gewohnheiten der
Nationen ſehen, in der Ueberſezung geſchickt klin-
gen ſollen, muß man vielmehr auf den Grund der-
ſelben, der in der Aehnlichkeit lieget, Achtung

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[112/0114] Von der Schreibart Sprachlehrer ohne Furcht behaupten, daß ſie ſich aus einer jeden Sprache in eine jede andre uͤberſe- zen laſſen, ohne daß ſie von ihrem Werthe oder ihrem Lichte, etwas verliehren. Sie muͤſſen nothwendig allen denjenigen verſtaͤndlich ſeyn, wel- chen nur die Bilder bekannt ſind. Aus dieſer Ur- ſache empfehlen ſich diejenigen Bilder, welche aus dem gemeinen und bekannteſten Laufe der Natur hergeholet ſind, vor allen andern. Daher wuͤr- de ich kein Bedenken haben, ſelbſt in der gemei- nen Rede nach dem franzoͤſiſchen zu ſagen: Pfeile von allerley Holtz machen. Was Bilder ſind, die von den Sitten und Gebraͤuchen beſonderer, vornehmlich entfernter und alter, Nationen ent- lehnet worden, ſo haben ſolche ihren Preiß und Glantz vornehmlich, wenn man geſchickte und in den Geſchichten der Voͤlker und ihrer Sitten er- fahrne Leſer hoffen darf. Alſo iſt folgende Re- densart ſehr geſchickt und deutlich fuͤr diejenigen, welche in den Manieren der alten Griechen und Roͤmer keine Fremdlinge ſind: Sie geſtatten nicht daß etwas in den oͤffentlichen Druck kom- me, welches nicht vorher unter ihrem Schwam- me geweſen iſt. Aber unwiſſende Leſer aus dem Poͤbel werden nicht wiſſen, was ſie aus dieſem Schwamme machen ſollen. Mithin muß ich auch noch mit wenigem dieſes erinnern. Wenn die Metaphoren, ſie moͤgen auf natuͤrliche Werke oder auf Gewohnheiten der Nationen ſehen, in der Ueberſezung geſchickt klin- gen ſollen, muß man vielmehr auf den Grund der- ſelben, der in der Aehnlichkeit lieget, Achtung geben,

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742/114>, abgerufen am 21.11.2024.