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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.

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Von der verblümten Schreibart.
allgemein ist, wie ich solches an einem andern
Orte und zu einer andern Zeit darthun will. Wann
nun die verblümte Schreibart ihren Zweck treffen
soll; so muß sie nach den Grundregeln des Scharf-
sinnigen eingerichtet seyn, die ich oben ausgefüh-
ret habe, und nach denselben muß sie auch beur-
theilt werden.

Die Schweitzerische Mahler(*) haben eine
Probe von der verblümten Schreibart gegeben,
da sie nach Opizens und andrer Exempel eine Be-
schreibung des Reiches der Freude gema-
chet.
Dieselbige hat Herr Philologus in dem 24-
sten Stücke der Tadlerinnen sehr unbescheiden an-
gezäpft. Jch will die Stelle gantz hersetzen, da-
mit ihr daraus die Scharfsinnigkeit und Höflich-
keit dieses critischen Magisters um etwas ermessen
könnet. Die Mahler scheinen mir nicht die rech-
ten Richter der sinnreichen Schreibart zu seyn.
Wie sollte ich das Urtheil derer annehmen/ die
mit eben den Fehlern behaftet sind/ so sie an
andern tadeln? Herr Rubens weiß von nichts

als
(*) Diesen Titel hat eine moralische Wochenschrift,
die in den Jahren 1721. 1722. zu Zürich herausgekommen,
daher empfangen, weil die Verfasser derselben, die Ar-
beit eines jeden von des andern zu unterscheiden, solche
mit den Nahmen berühmter Mahler gezeichnet haben. Da
übrigens der Character eines solchen Blats mit dem Cha-
racter des Mahlers, dessen Nahme darunter geschrieben
steht, wenig oder gar nichts Gleiches hat, soll der erste
Titel in der verbesserten Auflage, die man jüngst verspro-
chen hat, mit dem einfältigen Nahmen des Zuschauers
vertauschet werden. Doch wird man den Character, den
Addison und Steele ihrem Zuschauer gegeben haben, in
etlichen absonderlichen Zügen verändern.

Von der verbluͤmten Schreibart.
allgemein iſt, wie ich ſolches an einem andern
Orte und zu einer andern Zeit darthun will. Wann
nun die verbluͤmte Schreibart ihren Zweck treffen
ſoll; ſo muß ſie nach den Grundregeln des Scharf-
ſinnigen eingerichtet ſeyn, die ich oben ausgefuͤh-
ret habe, und nach denſelben muß ſie auch beur-
theilt werden.

Die Schweitzeriſche Mahler(*) haben eine
Probe von der verbluͤmten Schreibart gegeben,
da ſie nach Opizens und andrer Exempel eine Be-
ſchreibung des Reiches der Freude gema-
chet.
Dieſelbige hat Herr Philologus in dem 24-
ſten Stuͤcke der Tadlerinnen ſehr unbeſcheiden an-
gezaͤpft. Jch will die Stelle gantz herſetzen, da-
mit ihr daraus die Scharfſinnigkeit und Hoͤflich-
keit dieſes critiſchen Magiſters um etwas ermeſſen
koͤnnet. Die Mahler ſcheinen mir nicht die rech-
ten Richter der ſinnreichen Schreibart zu ſeyn.
Wie ſollte ich das Urtheil derer annehmen/ die
mit eben den Fehlern behaftet ſind/ ſo ſie an
andern tadeln? Herr Rubens weiß von nichts

als
(*) Dieſen Titel hat eine moraliſche Wochenſchrift,
die in den Jahren 1721. 1722. zu Zuͤrich herausgekommen,
daher empfangen, weil die Verfaſſer derſelben, die Ar-
beit eines jeden von des andern zu unterſcheiden, ſolche
mit den Nahmen beruͤhmter Mahler gezeichnet haben. Da
uͤbrigens der Character eines ſolchen Blats mit dem Cha-
racter des Mahlers, deſſen Nahme darunter geſchrieben
ſteht, wenig oder gar nichts Gleiches hat, ſoll der erſte
Titel in der verbeſſerten Auflage, die man juͤngſt verſpro-
chen hat, mit dem einfaͤltigen Nahmen des Zuſchauers
vertauſchet werden. Doch wird man den Character, den
Addiſon und Steele ihrem Zuſchauer gegeben haben, in
etlichen abſonderlichen Zuͤgen veraͤndern.
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[18/0020] Von der verbluͤmten Schreibart. allgemein iſt, wie ich ſolches an einem andern Orte und zu einer andern Zeit darthun will. Wann nun die verbluͤmte Schreibart ihren Zweck treffen ſoll; ſo muß ſie nach den Grundregeln des Scharf- ſinnigen eingerichtet ſeyn, die ich oben ausgefuͤh- ret habe, und nach denſelben muß ſie auch beur- theilt werden. Die Schweitzeriſche Mahler (*) haben eine Probe von der verbluͤmten Schreibart gegeben, da ſie nach Opizens und andrer Exempel eine Be- ſchreibung des Reiches der Freude gema- chet. Dieſelbige hat Herr Philologus in dem 24- ſten Stuͤcke der Tadlerinnen ſehr unbeſcheiden an- gezaͤpft. Jch will die Stelle gantz herſetzen, da- mit ihr daraus die Scharfſinnigkeit und Hoͤflich- keit dieſes critiſchen Magiſters um etwas ermeſſen koͤnnet. Die Mahler ſcheinen mir nicht die rech- ten Richter der ſinnreichen Schreibart zu ſeyn. Wie ſollte ich das Urtheil derer annehmen/ die mit eben den Fehlern behaftet ſind/ ſo ſie an andern tadeln? Herr Rubens weiß von nichts als (*) Dieſen Titel hat eine moraliſche Wochenſchrift, die in den Jahren 1721. 1722. zu Zuͤrich herausgekommen, daher empfangen, weil die Verfaſſer derſelben, die Ar- beit eines jeden von des andern zu unterſcheiden, ſolche mit den Nahmen beruͤhmter Mahler gezeichnet haben. Da uͤbrigens der Character eines ſolchen Blats mit dem Cha- racter des Mahlers, deſſen Nahme darunter geſchrieben ſteht, wenig oder gar nichts Gleiches hat, ſoll der erſte Titel in der verbeſſerten Auflage, die man juͤngſt verſpro- chen hat, mit dem einfaͤltigen Nahmen des Zuſchauers vertauſchet werden. Doch wird man den Character, den Addiſon und Steele ihrem Zuſchauer gegeben haben, in etlichen abſonderlichen Zuͤgen veraͤndern.

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742/20>, abgerufen am 21.11.2024.