[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 5. Zürich, 1742.von der deutschen Sprache. einander nichts zu befehlen haben, in sich enthält,sich den Aussprüchen etlicher weniger Gelehrten unterziehe. Da die Deutschen sich in ihren Staatsangelegenheiten so schlecht mit einander verstehen, werden sie über grammatische Schwie- rigkeiten noch stärcker mit einander uneins wer- den. Mit den Franzosen hat es desfalls eine an- "gelehrte Conrad Geßner allein schrieb schon damahls soBey dieser Beschaffenheit der Sachen könnte man ohne die gröste Un- gerechtigkeit die Gelehrten dieser Provinzen Deutschlandes ihres Rechtes und Arbitrii über die Sprache nicht entsetzen. Jch muß hier noch die Antung beyrücken, welche ein Ge- lehrter Schweitzer schon A. 1708. wegen des eigenmächtig angemaßten Richteramts einiger Hochdeutschen in der Vor- rede zu Laurembergs Acerra philologica gethan hat: "Der "ist mir ein kleiner Geist, der um orthographischer Fehler "Wenn von der deutſchen Sprache. einander nichts zu befehlen haben, in ſich enthaͤlt,ſich den Ausſpruͤchen etlicher weniger Gelehrten unterziehe. Da die Deutſchen ſich in ihren Staatsangelegenheiten ſo ſchlecht mit einander verſtehen, werden ſie uͤber grammatiſche Schwie- rigkeiten noch ſtaͤrcker mit einander uneins wer- den. Mit den Franzoſen hat es desfalls eine an- „gelehrte Conrad Geßner allein ſchrieb ſchon damahls ſoBey dieſer Beſchaffenheit der Sachen koͤnnte man ohne die groͤſte Un- gerechtigkeit die Gelehrten dieſer Provinzen Deutſchlandes ihres Rechtes und Arbitrii uͤber die Sprache nicht entſetzen. Jch muß hier noch die Antung beyruͤcken, welche ein Ge- lehrter Schweitzer ſchon A. 1708. wegen des eigenmaͤchtig angemaßten Richteramts einiger Hochdeutſchen in der Vor- rede zu Laurembergs Acerra philologica gethan hat: „Der „iſt mir ein kleiner Geiſt, der um orthographiſcher Fehler „Wenn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0013" n="13"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von der deutſchen Sprache.</hi></fw><lb/> einander nichts zu befehlen haben, in ſich enthaͤlt,<lb/> ſich den Ausſpruͤchen etlicher weniger Gelehrten<lb/> unterziehe. Da die Deutſchen ſich in ihren<lb/> Staatsangelegenheiten ſo ſchlecht mit einander<lb/> verſtehen, werden ſie uͤber grammatiſche Schwie-<lb/> rigkeiten noch ſtaͤrcker mit einander uneins wer-<lb/> den. Mit den Franzoſen hat es desfalls eine<lb/> <fw place="bottom" type="catch">an-</fw><lb/><note xml:id="a005b" prev="#a005" place="foot" next="#a005c"><cit><quote>„gelehrte <hi rendition="#fr">Conrad Geßner</hi> allein ſchrieb ſchon damahls ſo<lb/> „viel zur Erlaͤuterung unſrer Mutterſprache, daß wir es<lb/> „ihm nicht genug verdancken koͤnnen. ꝛc.„</quote></cit> Bey dieſer<lb/> Beſchaffenheit der Sachen koͤnnte man ohne die groͤſte Un-<lb/> gerechtigkeit die Gelehrten dieſer Provinzen Deutſchlandes<lb/> ihres Rechtes und <hi rendition="#aq">Arbitrii</hi> uͤber die Sprache nicht entſetzen.<lb/> Jch muß hier noch die Antung beyruͤcken, welche ein Ge-<lb/> lehrter Schweitzer ſchon A. 1708. wegen des eigenmaͤchtig<lb/> angemaßten Richteramts einiger Hochdeutſchen in der Vor-<lb/> rede zu Laurembergs <hi rendition="#aq">Acerra philologica</hi> gethan hat: „Der<lb/><cit><quote>„iſt mir ein kleiner Geiſt, der um orthographiſcher Fehler<lb/> „willen ein Ungewitter erreget, ſonderlich in der deutſchen<lb/> „Sprache, da wir eben kein unwiderſprechliches Modell<lb/> „haben, wie hergegen in der lateiniſchen und griechiſchen;<lb/> „und da noch kein Papſt eroͤrtert hat, ob das Meißniſche,<lb/> „Hollſteiniſche oder Alplaͤndiſche Deutſch das beſte ſey,<lb/> „wenn ſolche Nationen daruͤber diſputieren wollten, wie<lb/> „ſie denn koͤnnten, eine ſo wohl, als die andere. Alſo<lb/> „wenn um der beliebten Kuͤrtze willen etwa ein zuſammen-<lb/> „geſeztes Wort, welches eben in keinem Opitz oder Schot-<lb/> „tel ꝛc. zu finden iſt, vorkoͤmmt, oder wenn ein bekanntes<lb/> „franzoͤſiſches oder lateiniſches, ſo man mit drey deutſchen<lb/> „oder einem dunckeln deutſchen haͤtte geben, und ſich da-<lb/> „ruͤber eine halbe Viertelſtunde beſinnen ſollen ꝛc. ſo<lb/> „wuͤrde mir der wiederum ein muͤſſiger Criticus ſeyn, der<lb/> „Weile haͤtte, einen Proceß daruͤber zu fuͤhren, und koͤnn-<lb/> „te ich nicht ſehen, was er gewinnen wuͤrde. Z. Ex.</quote></cit><lb/> <fw place="bottom" type="catch">„Wenn</fw></note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [13/0013]
von der deutſchen Sprache.
einander nichts zu befehlen haben, in ſich enthaͤlt,
ſich den Ausſpruͤchen etlicher weniger Gelehrten
unterziehe. Da die Deutſchen ſich in ihren
Staatsangelegenheiten ſo ſchlecht mit einander
verſtehen, werden ſie uͤber grammatiſche Schwie-
rigkeiten noch ſtaͤrcker mit einander uneins wer-
den. Mit den Franzoſen hat es desfalls eine
an-
„gelehrte Conrad Geßner allein ſchrieb ſchon damahls ſo
„viel zur Erlaͤuterung unſrer Mutterſprache, daß wir es
„ihm nicht genug verdancken koͤnnen. ꝛc.„ Bey dieſer
Beſchaffenheit der Sachen koͤnnte man ohne die groͤſte Un-
gerechtigkeit die Gelehrten dieſer Provinzen Deutſchlandes
ihres Rechtes und Arbitrii uͤber die Sprache nicht entſetzen.
Jch muß hier noch die Antung beyruͤcken, welche ein Ge-
lehrter Schweitzer ſchon A. 1708. wegen des eigenmaͤchtig
angemaßten Richteramts einiger Hochdeutſchen in der Vor-
rede zu Laurembergs Acerra philologica gethan hat: „Der
„iſt mir ein kleiner Geiſt, der um orthographiſcher Fehler
„willen ein Ungewitter erreget, ſonderlich in der deutſchen
„Sprache, da wir eben kein unwiderſprechliches Modell
„haben, wie hergegen in der lateiniſchen und griechiſchen;
„und da noch kein Papſt eroͤrtert hat, ob das Meißniſche,
„Hollſteiniſche oder Alplaͤndiſche Deutſch das beſte ſey,
„wenn ſolche Nationen daruͤber diſputieren wollten, wie
„ſie denn koͤnnten, eine ſo wohl, als die andere. Alſo
„wenn um der beliebten Kuͤrtze willen etwa ein zuſammen-
„geſeztes Wort, welches eben in keinem Opitz oder Schot-
„tel ꝛc. zu finden iſt, vorkoͤmmt, oder wenn ein bekanntes
„franzoͤſiſches oder lateiniſches, ſo man mit drey deutſchen
„oder einem dunckeln deutſchen haͤtte geben, und ſich da-
„ruͤber eine halbe Viertelſtunde beſinnen ſollen ꝛc. ſo
„wuͤrde mir der wiederum ein muͤſſiger Criticus ſeyn, der
„Weile haͤtte, einen Proceß daruͤber zu fuͤhren, und koͤnn-
„te ich nicht ſehen, was er gewinnen wuͤrde. Z. Ex.
„Wenn
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