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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 5. Zürich, 1742.

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von der deutschen Sprache.

Man wirfft mir ein: (d)

"Diese Wörter
"scheinen euch nur darum hart, weil ihr ge-
"wohnt seyd, andere, die euch sanfter düncken,
"zu hören; für einen Deutschen aber sind jene
"so wenig anstössig, als diese."

Wenn dem
also ist, so bleibt mir nichts weiter übrig zu sa-
gen, als daß die Deutschen nothwendig schuß-
freye Ohren haben müssen; denn ihr werdet
mich zu keinen Zeiten überreden, daß Wörter,
die in strif, straf, misch, masch, tisch, tasch,
ruft, luft, kinn, kan, kom, brick, brack,

ausgehen, sonderlich sanft klingen, und daß ei-
ne Sprache, in welcher dergleichen Endungen
gantz häufig angetroffen werden, den Ohren an-
ständig sey, wofern sie nicht mit einem Pantzer
angethan sind.

Man sagt, in Leipzig sey eine Gesellschaft ge-
lehrter Leute, welche unaufhörlich bemüht seyn,
(e) die deutsche Sprache vollkommener zu ma-

chen.
(d) Diesen Einwurff hat Fr. A. Aepin zur Vertheidi-
gung der nieder- oder plattdeutschen Sprache gemachet, in
einer kleinen Schrift: De Linguae Saxoniae inferioris ne-
glectu atque contemtu injusto.
Jn dem II. Stücke der Cri-
tischen Beyträge,
wo diese Schrift in einem Auszuge mit-
getheilet wird, heißt es auf der 322sten Seite: Diejenigen,
welche etwas bäurisches im Plattdeutschen zu finden ge-
dencken, verweiset er auf das Urtheil ihrer eigenen Ohren,
in denen unmaßgeblich das tiefste Plattdeutsch so zierlich
klänge, als das schönste Meißnische.
(e) Diejenigen Mitglieder der deutschen Gesellschaft in
Leipzig, welche im Jahr 1732. die Critischen Beyträge an-
gefan-
A 5
von der deutſchen Sprache.

Man wirfft mir ein: (d)

„Dieſe Woͤrter
„ſcheinen euch nur darum hart, weil ihr ge-
„wohnt ſeyd, andere, die euch ſanfter duͤncken,
„zu hoͤren; fuͤr einen Deutſchen aber ſind jene
„ſo wenig anſtoͤſſig, als dieſe.„

Wenn dem
alſo iſt, ſo bleibt mir nichts weiter uͤbrig zu ſa-
gen, als daß die Deutſchen nothwendig ſchuß-
freye Ohren haben muͤſſen; denn ihr werdet
mich zu keinen Zeiten uͤberreden, daß Woͤrter,
die in ſtrif, ſtraf, miſch, maſch, tiſch, taſch,
ruft, luft, kinn, kan, kom, brick, brack,

ausgehen, ſonderlich ſanft klingen, und daß ei-
ne Sprache, in welcher dergleichen Endungen
gantz haͤufig angetroffen werden, den Ohren an-
ſtaͤndig ſey, wofern ſie nicht mit einem Pantzer
angethan ſind.

Man ſagt, in Leipzig ſey eine Geſellſchaft ge-
lehrter Leute, welche unaufhoͤrlich bemuͤht ſeyn,
(e) die deutſche Sprache vollkommener zu ma-

chen.
(d) Dieſen Einwurff hat Fr. A. Aepin zur Vertheidi-
gung der nieder- oder plattdeutſchen Sprache gemachet, in
einer kleinen Schrift: De Linguæ Saxoniæ inferioris ne-
glectu atque contemtu injuſto.
Jn dem II. Stuͤcke der Cri-
tiſchen Beytraͤge,
wo dieſe Schrift in einem Auszuge mit-
getheilet wird, heißt es auf der 322ſten Seite: Diejenigen,
welche etwas baͤuriſches im Plattdeutſchen zu finden ge-
dencken, verweiſet er auf das Urtheil ihrer eigenen Ohren,
in denen unmaßgeblich das tiefſte Plattdeutſch ſo zierlich
klaͤnge, als das ſchoͤnſte Meißniſche.
(e) Diejenigen Mitglieder der deutſchen Geſellſchaft in
Leipzig, welche im Jahr 1732. die Critiſchen Beytraͤge an-
gefan-
A 5
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[9/0009] von der deutſchen Sprache. Man wirfft mir ein: (d) „Dieſe Woͤrter „ſcheinen euch nur darum hart, weil ihr ge- „wohnt ſeyd, andere, die euch ſanfter duͤncken, „zu hoͤren; fuͤr einen Deutſchen aber ſind jene „ſo wenig anſtoͤſſig, als dieſe.„ Wenn dem alſo iſt, ſo bleibt mir nichts weiter uͤbrig zu ſa- gen, als daß die Deutſchen nothwendig ſchuß- freye Ohren haben muͤſſen; denn ihr werdet mich zu keinen Zeiten uͤberreden, daß Woͤrter, die in ſtrif, ſtraf, miſch, maſch, tiſch, taſch, ruft, luft, kinn, kan, kom, brick, brack, ausgehen, ſonderlich ſanft klingen, und daß ei- ne Sprache, in welcher dergleichen Endungen gantz haͤufig angetroffen werden, den Ohren an- ſtaͤndig ſey, wofern ſie nicht mit einem Pantzer angethan ſind. Man ſagt, in Leipzig ſey eine Geſellſchaft ge- lehrter Leute, welche unaufhoͤrlich bemuͤht ſeyn, (e) die deutſche Sprache vollkommener zu ma- chen. (d) Dieſen Einwurff hat Fr. A. Aepin zur Vertheidi- gung der nieder- oder plattdeutſchen Sprache gemachet, in einer kleinen Schrift: De Linguæ Saxoniæ inferioris ne- glectu atque contemtu injuſto. Jn dem II. Stuͤcke der Cri- tiſchen Beytraͤge, wo dieſe Schrift in einem Auszuge mit- getheilet wird, heißt es auf der 322ſten Seite: Diejenigen, welche etwas baͤuriſches im Plattdeutſchen zu finden ge- dencken, verweiſet er auf das Urtheil ihrer eigenen Ohren, in denen unmaßgeblich das tiefſte Plattdeutſch ſo zierlich klaͤnge, als das ſchoͤnſte Meißniſche. (e) Diejenigen Mitglieder der deutſchen Geſellſchaft in Leipzig, welche im Jahr 1732. die Critiſchen Beytraͤge an- gefan- A 5

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 5. Zürich, 1742, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung05_1742/9>, abgerufen am 21.11.2024.