[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742.Echo Schmeicheley himmelweit entfernet sey? Unddaß diese Scribenten dieser Schwachheit selten unterworffen seyn, wenn es sie nicht selber an- gehet. Jch darf es nun auf das Urtheil meiner Leser lediglich ankommen lassen, zu entscheiden, ob diese Deutschen im Ernst glauben, daß Un- partheylichkeit, Bescheidenheit, Billigkeit, Hoflichkeit und Mässigung die nothwendigen Eigenschaften eines wahren Kunstrichters seyn: Ob sie die Wahrheit reden, wenn sie sagen: 1.) Daß es nicht ihre Art sey, um einiger Per- sonen willen, die ihre Gewogenheit nicht haben, mit einer Dorfschultzen-Mine gantze Nationen als dumm und ungeschliffen auszuschreyen. 2.) Daß jede Nation ihre groben Exemplare habe etc. Es wird auch niemanden schwer fallen, in de- nen obigen Proben die Sprache der Gesellschaft vom groben Jahrhunderte zu erkennen, welche Gesellschaft nach dem sichern Bericht eines wür- digen Mitglieds derselben, sich ungefehr vor ze- hen Jahren in Leipzig zusammengethan, und erst vor kurtzem übernommen hat, in zehen Jah- ren die Zeiten wieder herzustellen, wo man bey allen Streitigkeiten einander mit einem Haufen von Schimpfwörtern und Grobheiten liebkose- te, und wo das ridiculum rusticum das beste Ge- würtze war, dergleichen Schriften angenehm zu machen. Wer diese critische Sprache besagter Gesellschaft vom groben Jahrhunderte, und die spitzfündigen Idiotismos derselben gerne lernen mögte, dem werden meine oben gegebene Aus- züge gute Dienste thun können. Jch bescheide mich
Echo Schmeicheley himmelweit entfernet ſey? Unddaß dieſe Scribenten dieſer Schwachheit ſelten unterworffen ſeyn, wenn es ſie nicht ſelber an- gehet. Jch darf es nun auf das Urtheil meiner Leſer lediglich ankommen laſſen, zu entſcheiden, ob dieſe Deutſchen im Ernſt glauben, daß Un- partheylichkeit, Beſcheidenheit, Billigkeit, Hoflichkeit und Maͤſſigung die nothwendigen Eigenſchaften eines wahren Kunſtrichters ſeyn: Ob ſie die Wahrheit reden, wenn ſie ſagen: 1.) Daß es nicht ihre Art ſey, um einiger Per- ſonen willen, die ihre Gewogenheit nicht haben, mit einer Dorfſchultzen-Mine gantze Nationen als dumm und ungeſchliffen auszuſchreyen. 2.) Daß jede Nation ihre groben Exemplare habe ꝛc. Es wird auch niemanden ſchwer fallen, in de- nen obigen Proben die Sprache der Geſellſchaft vom groben Jahrhunderte zu erkennen, welche Geſellſchaft nach dem ſichern Bericht eines wuͤr- digen Mitglieds derſelben, ſich ungefehr vor ze- hen Jahren in Leipzig zuſammengethan, und erſt vor kurtzem uͤbernommen hat, in zehen Jah- ren die Zeiten wieder herzuſtellen, wo man bey allen Streitigkeiten einander mit einem Haufen von Schimpfwoͤrtern und Grobheiten liebkoſe- te, und wo das ridiculum ruſticum das beſte Ge- wuͤrtze war, dergleichen Schriften angenehm zu machen. Wer dieſe critiſche Sprache beſagter Geſellſchaft vom groben Jahrhunderte, und die ſpitzfuͤndigen Idiotiſmos derſelben gerne lernen moͤgte, dem werden meine oben gegebene Aus- zuͤge gute Dienſte thun koͤnnen. Jch beſcheide mich
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Echo
Schmeicheley himmelweit entfernet ſey? Und
daß dieſe Scribenten dieſer Schwachheit ſelten
unterworffen ſeyn, wenn es ſie nicht ſelber an-
gehet. Jch darf es nun auf das Urtheil meiner
Leſer lediglich ankommen laſſen, zu entſcheiden,
ob dieſe Deutſchen im Ernſt glauben, daß Un-
partheylichkeit, Beſcheidenheit, Billigkeit,
Hoflichkeit und Maͤſſigung die nothwendigen
Eigenſchaften eines wahren Kunſtrichters ſeyn:
Ob ſie die Wahrheit reden, wenn ſie ſagen:
1.) Daß es nicht ihre Art ſey, um einiger Per-
ſonen willen, die ihre Gewogenheit nicht haben,
mit einer Dorfſchultzen-Mine gantze Nationen
als dumm und ungeſchliffen auszuſchreyen. 2.)
Daß jede Nation ihre groben Exemplare habe ꝛc.
Es wird auch niemanden ſchwer fallen, in de-
nen obigen Proben die Sprache der Geſellſchaft
vom groben Jahrhunderte zu erkennen, welche
Geſellſchaft nach dem ſichern Bericht eines wuͤr-
digen Mitglieds derſelben, ſich ungefehr vor ze-
hen Jahren in Leipzig zuſammengethan, und
erſt vor kurtzem uͤbernommen hat, in zehen Jah-
ren die Zeiten wieder herzuſtellen, wo man bey
allen Streitigkeiten einander mit einem Haufen
von Schimpfwoͤrtern und Grobheiten liebkoſe-
te, und wo das ridiculum ruſticum das beſte Ge-
wuͤrtze war, dergleichen Schriften angenehm zu
machen. Wer dieſe critiſche Sprache beſagter
Geſellſchaft vom groben Jahrhunderte, und die
ſpitzfuͤndigen Idiotiſmos derſelben gerne lernen
moͤgte, dem werden meine oben gegebene Aus-
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