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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742.

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Echo
chen gedrückten Buches, die vermuthlich in dem
mündlichen Vortrage können verbessert und ersezt
werden, leicht entschuldigen. Dieser Fund ist
eben so listig, als wenn die Papisten die vorge-
gebene Unvollkommenheit der Heil. Schrift durch
die mündlichen Traditionen ergäntzen wollen.
Es hat auch einer von meinen Freunden die Mü-
he genommen, die ins Kurtze gefaßten Regeln
der Gottschedischen Dichtkunst aus dem ersten
Theile mit Fleiß herauszuziehen, um die zierli-
che Ordnung und Proportion dieses Lehrgebäu-
des in das rechte Licht zu setzen; wenn er sich ent-
schliessen könnte, uns diesen Auszug durch den
Druck mitzutheilen, so hätte man Gottschedii ar-
tem poeticam in nuce.

Aber der Vertheidiger der Gottschedischen
Dichtkunst, der dieses Buch gegen alle Vor-
würffe recht sicher stellen wollte, hat es nicht al-
lein bey blossen Möglichkeiten und Vermuthun-
gen bewenden lassen; sondern würcklich behaup-
tet, daß Hr. Prof. Gottsched alle Mängel und
Unvollkommenheiten, die in seinem gedrückten
Buche könnten bemercket werden, in der Pri-
vaterklärung seinen Schülern durch den mündli-
chen Vortrag würcklich ersetzt habe. Und diesen
historischen Beweißthnm weiß er gar geschickt
mit Einführung solcher Zeugen, die es selbs sol-
len mit angehört haben, und mit einer Betheu-
rung zu befestigen. Er sagt:

"Jch will dem
"Hrn. Schweitzer mit gantz eigentlichen Wor-
"ten bey meiner Ehre versichern, (wo anders
"ein Deutscher so schwören kan,) daß es noch
"Leute in Leipzig giebt, die den Hrn. Prof.
"Gott-

Echo
chen gedruͤckten Buches, die vermuthlich in dem
muͤndlichen Vortrage koͤnnen verbeſſert und erſezt
werden, leicht entſchuldigen. Dieſer Fund iſt
eben ſo liſtig, als wenn die Papiſten die vorge-
gebene Unvollkommenheit der Heil. Schrift durch
die muͤndlichen Traditionen ergaͤntzen wollen.
Es hat auch einer von meinen Freunden die Muͤ-
he genommen, die ins Kurtze gefaßten Regeln
der Gottſchediſchen Dichtkunſt aus dem erſten
Theile mit Fleiß herauszuziehen, um die zierli-
che Ordnung und Proportion dieſes Lehrgebaͤu-
des in das rechte Licht zu ſetzen; wenn er ſich ent-
ſchlieſſen koͤnnte, uns dieſen Auszug durch den
Druck mitzutheilen, ſo haͤtte man Gottſchedii ar-
tem poeticam in nuce.

Aber der Vertheidiger der Gottſchediſchen
Dichtkunſt, der dieſes Buch gegen alle Vor-
wuͤrffe recht ſicher ſtellen wollte, hat es nicht al-
lein bey bloſſen Moͤglichkeiten und Vermuthun-
gen bewenden laſſen; ſondern wuͤrcklich behaup-
tet, daß Hr. Prof. Gottſched alle Maͤngel und
Unvollkommenheiten, die in ſeinem gedruͤckten
Buche koͤnnten bemercket werden, in der Pri-
vaterklaͤrung ſeinen Schuͤlern durch den muͤndli-
chen Vortrag wuͤrcklich erſetzt habe. Und dieſen
hiſtoriſchen Beweißthnm weiß er gar geſchickt
mit Einfuͤhrung ſolcher Zeugen, die es ſelbs ſol-
len mit angehoͤrt haben, und mit einer Betheu-
rung zu befeſtigen. Er ſagt:

„Jch will dem
„Hrn. Schweitzer mit gantz eigentlichen Wor-
„ten bey meiner Ehre verſichern, (wo anders
„ein Deutſcher ſo ſchwoͤren kan,) daß es noch
„Leute in Leipzig giebt, die den Hrn. Prof.
„Gott-
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[50/0050] Echo chen gedruͤckten Buches, die vermuthlich in dem muͤndlichen Vortrage koͤnnen verbeſſert und erſezt werden, leicht entſchuldigen. Dieſer Fund iſt eben ſo liſtig, als wenn die Papiſten die vorge- gebene Unvollkommenheit der Heil. Schrift durch die muͤndlichen Traditionen ergaͤntzen wollen. Es hat auch einer von meinen Freunden die Muͤ- he genommen, die ins Kurtze gefaßten Regeln der Gottſchediſchen Dichtkunſt aus dem erſten Theile mit Fleiß herauszuziehen, um die zierli- che Ordnung und Proportion dieſes Lehrgebaͤu- des in das rechte Licht zu ſetzen; wenn er ſich ent- ſchlieſſen koͤnnte, uns dieſen Auszug durch den Druck mitzutheilen, ſo haͤtte man Gottſchedii ar- tem poeticam in nuce. Aber der Vertheidiger der Gottſchediſchen Dichtkunſt, der dieſes Buch gegen alle Vor- wuͤrffe recht ſicher ſtellen wollte, hat es nicht al- lein bey bloſſen Moͤglichkeiten und Vermuthun- gen bewenden laſſen; ſondern wuͤrcklich behaup- tet, daß Hr. Prof. Gottſched alle Maͤngel und Unvollkommenheiten, die in ſeinem gedruͤckten Buche koͤnnten bemercket werden, in der Pri- vaterklaͤrung ſeinen Schuͤlern durch den muͤndli- chen Vortrag wuͤrcklich erſetzt habe. Und dieſen hiſtoriſchen Beweißthnm weiß er gar geſchickt mit Einfuͤhrung ſolcher Zeugen, die es ſelbs ſol- len mit angehoͤrt haben, und mit einer Betheu- rung zu befeſtigen. Er ſagt: „Jch will dem „Hrn. Schweitzer mit gantz eigentlichen Wor- „ten bey meiner Ehre verſichern, (wo anders „ein Deutſcher ſo ſchwoͤren kan,) daß es noch „Leute in Leipzig giebt, die den Hrn. Prof. „Gott-

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung06_1742/50>, abgerufen am 21.11.2024.