[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743.unter dem schwäbisch. Stamme. nen, als sie waren. Man kan sagen, daßjeder Staat sein eigener Herr war, wie- wohl sie durch gewisse schwache Bande des Le- henrechtes etc. verbunden waren. Jhr Gehor- sam kam allzusehr auf ihren Willen an; und eine Nation von so kriegerischem Naturell konn- te diesen Willen nicht lange behalten. Die Waffen waren im Ansehen, und die Stärcke setzte einen in Besitz. Ein jeder Staat eifer- te auf den andern, und versuchte, was sein Geist im Frieden, und noch lieber was seine Stärcke im Kriege vermöchte. Diese Zeiten nun gaben einem viel zu sehen, und viel zu fühlen. Man konte Städte erobert, und geplündert, Män- ner durch das Schwerdt fallen, und Weiber gefangen wegführen sehen. Man konnte ver- zweifelte Gebehrden, drohende Stellungen se- hen, etc. Es kan nicht seyn, daß dieser Character, diese Empfindungen und Regun- gen nicht in ihre Sprache und Schriften ein- geflossen seyn. Jhre Sprache muß von ihnen dahin gebracht worden seyn, daß sie diese star- ken und tapfermüthigen Fühlungen darinnen haben ausdrüken können. Die Erbauung so vieler Städte und die besonderen Regierungen in denselben, welche mit dem Regimente so vie- ler kleinen Fürsten und Grafen, die zwar an- derer Vasallen waren, doch wieder ihre Unter- thanen hatten, so seltzam absetzeten, die Noth- wendigkeit der Arbeit, die Einführung der Handwerke, und der Kaufmannschaft, die ver- schiedenen Angelegenheiten so vieler eigenmäch- tigen
unter dem ſchwaͤbiſch. Stamme. nen, als ſie waren. Man kan ſagen, daßjeder Staat ſein eigener Herr war, wie- wohl ſie durch gewiſſe ſchwache Bande des Le- henrechtes ꝛc. verbunden waren. Jhr Gehor- ſam kam allzuſehr auf ihren Willen an; und eine Nation von ſo kriegeriſchem Naturell konn- te dieſen Willen nicht lange behalten. Die Waffen waren im Anſehen, und die Staͤrcke ſetzte einen in Beſitz. Ein jeder Staat eifer- te auf den andern, und verſuchte, was ſein Geiſt im Frieden, und noch lieber was ſeine Staͤrcke im Kriege vermoͤchte. Dieſe Zeiten nun gaben einem viel zu ſehen, und viel zu fuͤhlen. Man konte Staͤdte erobert, und gepluͤndert, Maͤn- ner durch das Schwerdt fallen, und Weiber gefangen wegfuͤhren ſehen. Man konnte ver- zweifelte Gebehrden, drohende Stellungen ſe- hen, ꝛc. Es kan nicht ſeyn, daß dieſer Character, dieſe Empfindungen und Regun- gen nicht in ihre Sprache und Schriften ein- gefloſſen ſeyn. Jhre Sprache muß von ihnen dahin gebracht worden ſeyn, daß ſie dieſe ſtar- ken und tapfermuͤthigen Fuͤhlungen darinnen haben ausdruͤken koͤnnen. Die Erbauung ſo vieler Staͤdte und die beſonderen Regierungen in denſelben, welche mit dem Regimente ſo vie- ler kleinen Fuͤrſten und Grafen, die zwar an- derer Vaſallen waren, doch wieder ihre Unter- thanen hatten, ſo ſeltzam abſetzeten, die Noth- wendigkeit der Arbeit, die Einfuͤhrung der Handwerke, und der Kaufmannſchaft, die ver- ſchiedenen Angelegenheiten ſo vieler eigenmaͤch- tigen
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unter dem ſchwaͤbiſch. Stamme.
nen, als ſie waren. Man kan ſagen, daß
jeder Staat ſein eigener Herr war, wie-
wohl ſie durch gewiſſe ſchwache Bande des Le-
henrechtes ꝛc. verbunden waren. Jhr Gehor-
ſam kam allzuſehr auf ihren Willen an; und
eine Nation von ſo kriegeriſchem Naturell konn-
te dieſen Willen nicht lange behalten. Die
Waffen waren im Anſehen, und die Staͤrcke
ſetzte einen in Beſitz. Ein jeder Staat eifer-
te auf den andern, und verſuchte, was ſein Geiſt
im Frieden, und noch lieber was ſeine Staͤrcke
im Kriege vermoͤchte. Dieſe Zeiten nun gaben
einem viel zu ſehen, und viel zu fuͤhlen. Man
konte Staͤdte erobert, und gepluͤndert, Maͤn-
ner durch das Schwerdt fallen, und Weiber
gefangen wegfuͤhren ſehen. Man konnte ver-
zweifelte Gebehrden, drohende Stellungen ſe-
hen, ꝛc. Es kan nicht ſeyn, daß dieſer
Character, dieſe Empfindungen und Regun-
gen nicht in ihre Sprache und Schriften ein-
gefloſſen ſeyn. Jhre Sprache muß von ihnen
dahin gebracht worden ſeyn, daß ſie dieſe ſtar-
ken und tapfermuͤthigen Fuͤhlungen darinnen
haben ausdruͤken koͤnnen. Die Erbauung ſo
vieler Staͤdte und die beſonderen Regierungen
in denſelben, welche mit dem Regimente ſo vie-
ler kleinen Fuͤrſten und Grafen, die zwar an-
derer Vaſallen waren, doch wieder ihre Unter-
thanen hatten, ſo ſeltzam abſetzeten, die Noth-
wendigkeit der Arbeit, die Einfuͤhrung der
Handwerke, und der Kaufmannſchaft, die ver-
ſchiedenen Angelegenheiten ſo vieler eigenmaͤch-
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