[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743.Von den poetischen Zeiten Die Vrow sprach nu volge mirVnd hoer was ich sag dir. Ain guoten rat wil ich dir geben Das du wol macht behan din leben. Wir sond minen man usgraben Vnd muessen ainen haelsig haben, In ziehen an des Galgen matt Vnd henken an des tieben statt. Das rat ich uff die trauwe min. Wolher ich wil din helfer sin. Der man tett das sy im riet, Von dem toten si sich schied. Das was ain jaemerlicher rat. Wol im der nutz ze tuond hat Mit boesen wiben der hertze stat Vff Schalkait und vff Missetat. Jch erinnere mich nicht, daß diese Erzehlung, Man weis, was vor eine zärtliche Furcht Aus-
Von den poetiſchen Zeiten Die Vrow ſprach nu volge mirVnd hoer was ich ſag dir. Ain guoten rat wil ich dir geben Das du wol macht behan din leben. Wir ſond minen man usgraben Vnd mueſſen ainen hælſig haben, In ziehen an des Galgen matt Vnd henken an des tieben ſtatt. Das rat ich uff die trûwe min. Wolher ich wil din helfer ſin. Der man tett das ſy im riet, Von dem toten ſi ſich ſchied. Das was ain jæmerlicher rât. Wol im der nùtz ze tuond hat Mit bœſen wiben der hertze ſtat Vff Schalkait und vff Miſſetat. Jch erinnere mich nicht, daß dieſe Erzehlung, Man weis, was vor eine zaͤrtliche Furcht Aus-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0052" n="52"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von den poetiſchen Zeiten</hi> </fw><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Die Vrow ſprach nu volge mir</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Vnd hoer was ich ſag dir.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Ain guoten rat wil ich dir geben</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Das du wol macht behan din leben.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Wir ſond minen man usgraben</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Vnd mueſſen ainen hælſig haben,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">In ziehen an des Galgen matt</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Vnd henken an des tieben ſtatt.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Das rat ich uff die trûwe min.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Wolher ich wil din helfer ſin.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Der man tett das ſy im riet,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Von dem toten ſi ſich ſchied.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Das was ain jæmerlicher rât.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Wol im der nùtz ze tuond hat</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Mit bœſen wiben der hertze ſtat</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Vff Schalkait und vff Miſſetat.</hi> </l> </lg><lb/> <p>Jch erinnere mich nicht, daß dieſe Erzehlung,<lb/> aus welcher La Fontaine und St. Evremond ſo<lb/> viel machen, von einem Deutſchen ſeithero in<lb/> Verſen beſchrieben worden ſey; Philander von<lb/> Sittenwald hat ſie in dem Geſichte von dem<lb/> Weiberlobe in Proſa verfaſſet.</p><lb/> <p>Man weis, was vor eine zaͤrtliche Furcht<lb/> die Franzoſen vor den ungewoͤhnlichen Woͤrtern<lb/> haben, welche entweder zu neu oder aus der Mo-<lb/> de ſind; nichtsdeſtoweniger haben ſie es La Fon-<lb/> taine verziehen, daß er Marots veralterte Spra-<lb/> che in der Erzehlung ſeiner Fabeln und Maͤhrgen<lb/> angebracht hat, wo er es mit Artigkeit hatte thun<lb/> koͤnnen. Dieſe Artigkeit entſteht durch die be-<lb/> ſondere Beſtimmung eines Begriffes, durch<lb/> das natuͤrliche Weſen, durch die Kuͤrtze eines<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Aus-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [52/0052]
Von den poetiſchen Zeiten
Die Vrow ſprach nu volge mir
Vnd hoer was ich ſag dir.
Ain guoten rat wil ich dir geben
Das du wol macht behan din leben.
Wir ſond minen man usgraben
Vnd mueſſen ainen hælſig haben,
In ziehen an des Galgen matt
Vnd henken an des tieben ſtatt.
Das rat ich uff die trûwe min.
Wolher ich wil din helfer ſin.
Der man tett das ſy im riet,
Von dem toten ſi ſich ſchied.
Das was ain jæmerlicher rât.
Wol im der nùtz ze tuond hat
Mit bœſen wiben der hertze ſtat
Vff Schalkait und vff Miſſetat.
Jch erinnere mich nicht, daß dieſe Erzehlung,
aus welcher La Fontaine und St. Evremond ſo
viel machen, von einem Deutſchen ſeithero in
Verſen beſchrieben worden ſey; Philander von
Sittenwald hat ſie in dem Geſichte von dem
Weiberlobe in Proſa verfaſſet.
Man weis, was vor eine zaͤrtliche Furcht
die Franzoſen vor den ungewoͤhnlichen Woͤrtern
haben, welche entweder zu neu oder aus der Mo-
de ſind; nichtsdeſtoweniger haben ſie es La Fon-
taine verziehen, daß er Marots veralterte Spra-
che in der Erzehlung ſeiner Fabeln und Maͤhrgen
angebracht hat, wo er es mit Artigkeit hatte thun
koͤnnen. Dieſe Artigkeit entſteht durch die be-
ſondere Beſtimmung eines Begriffes, durch
das natuͤrliche Weſen, durch die Kuͤrtze eines
Aus-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |