[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743.Herr Joh. Christoph Schwartzen. schicklichkeit, oder einer unverantwortlichen Nach-lässigkeit nicht verleugnen konnte. Jn dem ersten V. der Aeneis sagt Juno die- Incute vim ventis, submersasque obrue puppes, Aut age diversas, et disjice corpora ponto. Sunt mihi bis septem praestanti corpore Nymphae, Quarum quae forma pulcerrima, Deiopeiam Connubio jungam stabili, propriamque dicabo, Omnes ut tecum meritis pro talibus annos Exigat, et pulcra faciat te prole parentem. Diese Zeilen hat mein Lehrling dergestalt in Rei- Mach einen Sturm und stürtz ihr Schiff ins Meer hinein, Laß sie ein Gaukelspiel der tollen Wellen seyn. Und weil mir vierzehn schön gewachsne Nymphen dienen, So soll für diesen Dienst die prächtigste von ihnen, Deiopeia, dir auf ewig eigen seyn; Und diese müsse dich mit manchem Sohn erfreun: Denn sie soll sich mit dir als Ehefrau vermählen. Nachdem ich ihn die lateinischen Verse gegen die "Siehest du nicht, sagte ich zu ihm, daß Ju- "Aeo- F 2
Herr Joh. Chriſtoph Schwartzen. ſchicklichkeit, oder einer unverantwortlichen Nach-laͤſſigkeit nicht verleugnen konnte. Jn dem erſten V. der Aeneis ſagt Juno die- Incute vim ventis, ſubmerſasque obrue puppes, Aut age diverſas, et disjice corpora ponto. Sunt mihi bis ſeptem præſtanti corpore Nymphæ, Quarum quæ forma pulcerrima, Deiopeiam Connubio jungam ſtabili, propriamque dicabo, Omnes ut tecum meritis pro talibus annos Exigat, et pulcra faciat te prole parentem. Dieſe Zeilen hat mein Lehrling dergeſtalt in Rei- Mach einen Sturm und ſtuͤrtz ihr Schiff ins Meer hinein, Laß ſie ein Gaukelſpiel der tollen Wellen ſeyn. Und weil mir vierzehn ſchoͤn gewachſne Nymphen dienen, So ſoll fuͤr dieſen Dienſt die praͤchtigſte von ihnen, Deiopeia, dir auf ewig eigen ſeyn; Und dieſe muͤſſe dich mit manchem Sohn erfreun: Denn ſie ſoll ſich mit dir als Ehefrau vermaͤhlen. Nachdem ich ihn die lateiniſchen Verſe gegen die „Sieheſt du nicht, ſagte ich zu ihm, daß Ju- „Aeo- F 2
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Herr Joh. Chriſtoph Schwartzen.
ſchicklichkeit, oder einer unverantwortlichen Nach-
laͤſſigkeit nicht verleugnen konnte.
Jn dem erſten V. der Aeneis ſagt Juno die-
ſe Worte zum Aeolus:
Incute vim ventis, ſubmerſasque obrue puppes,
Aut age diverſas, et disjice corpora ponto.
Sunt mihi bis ſeptem præſtanti corpore Nymphæ,
Quarum quæ forma pulcerrima, Deiopeiam
Connubio jungam ſtabili, propriamque dicabo,
Omnes ut tecum meritis pro talibus annos
Exigat, et pulcra faciat te prole parentem.
Dieſe Zeilen hat mein Lehrling dergeſtalt in Rei-
men uͤberſetzt:
Mach einen Sturm und ſtuͤrtz ihr Schiff ins Meer hinein,
Laß ſie ein Gaukelſpiel der tollen Wellen ſeyn.
Und weil mir vierzehn ſchoͤn gewachſne Nymphen dienen,
So ſoll fuͤr dieſen Dienſt die praͤchtigſte von ihnen,
Deiopeia, dir auf ewig eigen ſeyn;
Und dieſe muͤſſe dich mit manchem Sohn erfreun:
Denn ſie ſoll ſich mit dir als Ehefrau vermaͤhlen.
Nachdem ich ihn die lateiniſchen Verſe gegen die
deutſchen Reimen halten heiſſen, hatte ich alle
Muͤhe, ihm vorſtellig zu machen, wie weit er
ſich von dem Originale entfernet, und Dinge
geſagt, an welche Virgil niemahls gedacht haͤtte.
„Sieheſt du nicht, ſagte ich zu ihm, daß Ju-
„no beym Virgil zwey verſchiedene Dinge von
„Aeolus bittet, und daß dieſe zwey Dinge zwo
„Arten Straffen ſeyn ſollen, womit ſie ihre Ra-
„che an den Trojanern ausuͤben will. Eine oder
„die andere gilt ihr gleich viel; entweder ſollte
„Aeo-
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