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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743.

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des sechszehnten Jahrhunderts.
"stets auf meinem Rücken stehen wollte."

F[e]r-
ner, wenn er einen der ein altes Weib zur Ehe
nimmt, um das Schmer in den Esel krie-
chen
läßt; wenn er die, welche sich muthwilliger
Weise ins Unglück stürtzen, in einen Brun-
nen springen
läßt; wenn er den Frauenhü-
ter der Heuschrecken an der Sonne hüten
läßt; wenn er d[i]e Venus Affen, Esel, und Gäu-
che an einem Seile nach sich ziehen
läßt;
wenn der Bibliotaphos die Fliegen mir einem
Wedel von den Büchern jagt;
wenn er einem
Alten, der seine Narrheiten nicht lassen kan, das
Schindmesser in den Hintern setzt, alldieweil
er auf der Grube geht.
Das gantze Werck
ist voll solcher kleinen Allegorien, welche aus
Sprüchwörtern von gantz gemeinen Handlun-
gen formiert, und geschickt appliciert sind. Es
ist verwundersam, was er vor eine Mannig-
faltigkeit an Vorstellungen und Ausdrücken hat,
eine jede Art der Thorheit unter einem eigenen
sinnlichen Bilde des alltäglichen Lebens sicht-
bar zu machen. Man wird in dem Buche wol
100 verschiedene Ausdrücke zehlen, die so viel
sagen, als ein Narr seyn.

Dieses kömmt nun in einem Wercke poe-
tisch genug heraus, wo ein satyrischer Scribent
sich von der Prosa nicht weit entfernen darf.
Doch fehlt es ihm auch nicht an Kunstmit-
teln der Poesie, die niedrige Redensart am
rechten Orte zu erhöhen Z. Ex. in diesen
Zeilen:

"Wen Cupido trift, den entzündt
"Amor sein Bruder, daß er brennt, und die
"Flam-
des ſechszehnten Jahrhunderts.
„ſtets auf meinem Ruͤcken ſtehen wollte.„

F[e]r-
ner, wenn er einen der ein altes Weib zur Ehe
nimmt, um das Schmer in den Eſel krie-
chen
laͤßt; wenn er die, welche ſich muthwilliger
Weiſe ins Ungluͤck ſtuͤrtzen, in einen Brun-
nen ſpringen
laͤßt; wenn er den Frauenhuͤ-
ter der Heuſchrecken an der Sonne huͤten
laͤßt; wenn er d[i]e Venus Affen, Eſel, und Gaͤu-
che an einem Seile nach ſich ziehen
laͤßt;
wenn der Bibliotaphos die Fliegen mir einem
Wedel von den Buͤchern jagt;
wenn er einem
Alten, der ſeine Narrheiten nicht laſſen kan, das
Schindmeſſer in den Hintern ſetzt, alldieweil
er auf der Grube geht.
Das gantze Werck
iſt voll ſolcher kleinen Allegorien, welche aus
Spruͤchwoͤrtern von gantz gemeinen Handlun-
gen formiert, und geſchickt appliciert ſind. Es
iſt verwunderſam, was er vor eine Mannig-
faltigkeit an Vorſtellungen und Ausdruͤcken hat,
eine jede Art der Thorheit unter einem eigenen
ſinnlichen Bilde des alltaͤglichen Lebens ſicht-
bar zu machen. Man wird in dem Buche wol
100 verſchiedene Ausdruͤcke zehlen, die ſo viel
ſagen, als ein Narr ſeyn.

Dieſes koͤmmt nun in einem Wercke poe-
tiſch genug heraus, wo ein ſatyriſcher Scribent
ſich von der Proſa nicht weit entfernen darf.
Doch fehlt es ihm auch nicht an Kunſtmit-
teln der Poeſie, die niedrige Redensart am
rechten Orte zu erhoͤhen Z. Ex. in dieſen
Zeilen:

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„Amor ſein Bruder, daß er brennt, und die
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[13/0013] des ſechszehnten Jahrhunderts. „ſtets auf meinem Ruͤcken ſtehen wollte.„ Fer- ner, wenn er einen der ein altes Weib zur Ehe nimmt, um das Schmer in den Eſel krie- chen laͤßt; wenn er die, welche ſich muthwilliger Weiſe ins Ungluͤck ſtuͤrtzen, in einen Brun- nen ſpringen laͤßt; wenn er den Frauenhuͤ- ter der Heuſchrecken an der Sonne huͤten laͤßt; wenn er die Venus Affen, Eſel, und Gaͤu- che an einem Seile nach ſich ziehen laͤßt; wenn der Bibliotaphos die Fliegen mir einem Wedel von den Buͤchern jagt; wenn er einem Alten, der ſeine Narrheiten nicht laſſen kan, das Schindmeſſer in den Hintern ſetzt, alldieweil er auf der Grube geht. Das gantze Werck iſt voll ſolcher kleinen Allegorien, welche aus Spruͤchwoͤrtern von gantz gemeinen Handlun- gen formiert, und geſchickt appliciert ſind. Es iſt verwunderſam, was er vor eine Mannig- faltigkeit an Vorſtellungen und Ausdruͤcken hat, eine jede Art der Thorheit unter einem eigenen ſinnlichen Bilde des alltaͤglichen Lebens ſicht- bar zu machen. Man wird in dem Buche wol 100 verſchiedene Ausdruͤcke zehlen, die ſo viel ſagen, als ein Narr ſeyn. Dieſes koͤmmt nun in einem Wercke poe- tiſch genug heraus, wo ein ſatyriſcher Scribent ſich von der Proſa nicht weit entfernen darf. Doch fehlt es ihm auch nicht an Kunſtmit- teln der Poeſie, die niedrige Redensart am rechten Orte zu erhoͤhen Z. Ex. in dieſen Zeilen: „Wen Cupido trift, den entzuͤndt „Amor ſein Bruder, daß er brennt, und die „Flam-

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743/13>, abgerufen am 25.11.2024.