Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

Schreiben an Hrn. Zunckel
stellt. Man siehet auch wohl, daß Virgils Aus-
bildung, Mahlerey, Bestimmung der Begriffe,
Hrn. Schwartzen zu fein und zu versteckt wa-
ren, und ein jeder fiel vor sich auf die Gedan-
ken, daß er sie ohne Muthwillen und ohne Sün-
de so matt gegeben hätte. Aber wie will man
ihn doch entschuldigen, daß er Leute die sich Mü-
he gegeben, ihn etwas rechtes zu lehren, und
ihm weiters nichts zu Leide gethan haben, ja
daß er Bodmern, der ihm nicht einmahl dieses
zu Leid gethan hat, mit so feindseligen Worten
übersudelt. Es zeiget zwar ein gutes Gemüthe,
da er eine so grosse Sorgfalt für eure Buchhand-
lung, und einen so grossen Eifer gegen diejenigen
blicken läßt, die euch an eurer Nahrung Abbruch
thun wollen. Aber wenn diese Sorgfalt und dieser
Eifer nicht etwas angenommenes sind, so dürffet
ihr ihm nur sagen, daß eben er dieser schädliche
Mensch ist, der euch mit der deutschen Aeneis
den grösten Schaden zugefüget hat; das wird ihn
schon vermögen, daß er euch den Verlust bis auf
die eitele Hoffnung von Gewinn, wovon er euch
güldene Berge vorgeschwatzet hat, ersetze. Er hat
das Werck gemacht, woran er Verlust vorsiehet,
und er hat es so ungeschickt gemacht, daß noth-
wendig dabey verlohren werden muß. Weder
Hr. Breitinger noch Hr. Pyra, noch Hr. Bod-
mer haben es verfertiget, und so schädlich ge-
macht. Diese Herren haben es nicht dadurch zu
einem schlimmen Buche gemacht, daß sie dessen
Fehler eingesehen, oder daß sie solche kund ge-

macht

Schreiben an Hrn. Zunckel
ſtellt. Man ſiehet auch wohl, daß Virgils Aus-
bildung, Mahlerey, Beſtimmung der Begriffe,
Hrn. Schwartzen zu fein und zu verſteckt wa-
ren, und ein jeder fiel vor ſich auf die Gedan-
ken, daß er ſie ohne Muthwillen und ohne Suͤn-
de ſo matt gegeben haͤtte. Aber wie will man
ihn doch entſchuldigen, daß er Leute die ſich Muͤ-
he gegeben, ihn etwas rechtes zu lehren, und
ihm weiters nichts zu Leide gethan haben, ja
daß er Bodmern, der ihm nicht einmahl dieſes
zu Leid gethan hat, mit ſo feindſeligen Worten
uͤberſudelt. Es zeiget zwar ein gutes Gemuͤthe,
da er eine ſo groſſe Sorgfalt fuͤr eure Buchhand-
lung, und einen ſo groſſen Eifer gegen diejenigen
blicken laͤßt, die euch an eurer Nahrung Abbruch
thun wollen. Aber wenn dieſe Sorgfalt und dieſer
Eifer nicht etwas angenommenes ſind, ſo duͤrffet
ihr ihm nur ſagen, daß eben er dieſer ſchaͤdliche
Menſch iſt, der euch mit der deutſchen Aeneis
den groͤſten Schaden zugefuͤget hat; das wird ihn
ſchon vermoͤgen, daß er euch den Verluſt bis auf
die eitele Hoffnung von Gewinn, wovon er euch
guͤldene Berge vorgeſchwatzet hat, erſetze. Er hat
das Werck gemacht, woran er Verluſt vorſiehet,
und er hat es ſo ungeſchickt gemacht, daß noth-
wendig dabey verlohren werden muß. Weder
Hr. Breitinger noch Hr. Pyra, noch Hr. Bod-
mer haben es verfertiget, und ſo ſchaͤdlich ge-
macht. Dieſe Herren haben es nicht dadurch zu
einem ſchlimmen Buche gemacht, daß ſie deſſen
Fehler eingeſehen, oder daß ſie ſolche kund ge-

macht
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0038" n="38"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Schreiben an Hrn. Zunckel</hi></fw><lb/>
&#x017F;tellt. Man &#x017F;iehet auch wohl, daß Virgils Aus-<lb/>
bildung, Mahlerey, Be&#x017F;timmung der Begriffe,<lb/>
Hrn. Schwartzen zu fein und zu ver&#x017F;teckt wa-<lb/>
ren, und ein jeder fiel vor &#x017F;ich auf die Gedan-<lb/>
ken, daß er &#x017F;ie ohne Muthwillen und ohne Su&#x0364;n-<lb/>
de &#x017F;o matt gegeben ha&#x0364;tte. Aber wie will man<lb/>
ihn doch ent&#x017F;chuldigen, daß er Leute die &#x017F;ich Mu&#x0364;-<lb/>
he gegeben, ihn etwas rechtes zu lehren, und<lb/>
ihm weiters nichts zu Leide gethan haben, ja<lb/>
daß er Bodmern, der ihm nicht einmahl die&#x017F;es<lb/>
zu Leid gethan hat, mit &#x017F;o feind&#x017F;eligen Worten<lb/>
u&#x0364;ber&#x017F;udelt. Es zeiget zwar ein gutes Gemu&#x0364;the,<lb/>
da er eine &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;e Sorgfalt fu&#x0364;r eure Buchhand-<lb/>
lung, und einen &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;en Eifer gegen diejenigen<lb/>
blicken la&#x0364;ßt, die euch an eurer Nahrung Abbruch<lb/>
thun wollen. Aber wenn die&#x017F;e Sorgfalt und die&#x017F;er<lb/>
Eifer nicht etwas angenommenes &#x017F;ind, &#x017F;o du&#x0364;rffet<lb/>
ihr ihm nur &#x017F;agen, daß eben er die&#x017F;er &#x017F;cha&#x0364;dliche<lb/>
Men&#x017F;ch i&#x017F;t, der euch mit der deut&#x017F;chen Aeneis<lb/>
den gro&#x0364;&#x017F;ten Schaden zugefu&#x0364;get hat; das wird ihn<lb/>
&#x017F;chon vermo&#x0364;gen, daß er euch den Verlu&#x017F;t bis auf<lb/>
die eitele Hoffnung von Gewinn, wovon er euch<lb/>
gu&#x0364;ldene Berge vorge&#x017F;chwatzet hat, er&#x017F;etze. Er hat<lb/>
das Werck gemacht, woran er Verlu&#x017F;t vor&#x017F;iehet,<lb/>
und er hat es &#x017F;o unge&#x017F;chickt gemacht, daß noth-<lb/>
wendig dabey verlohren werden muß. Weder<lb/>
Hr. Breitinger noch Hr. Pyra, noch Hr. Bod-<lb/>
mer haben es verfertiget, und &#x017F;o &#x017F;cha&#x0364;dlich ge-<lb/>
macht. Die&#x017F;e Herren haben es nicht dadurch zu<lb/>
einem &#x017F;chlimmen Buche gemacht, daß &#x017F;ie de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Fehler einge&#x017F;ehen, oder daß &#x017F;ie &#x017F;olche kund ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">macht</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[38/0038] Schreiben an Hrn. Zunckel ſtellt. Man ſiehet auch wohl, daß Virgils Aus- bildung, Mahlerey, Beſtimmung der Begriffe, Hrn. Schwartzen zu fein und zu verſteckt wa- ren, und ein jeder fiel vor ſich auf die Gedan- ken, daß er ſie ohne Muthwillen und ohne Suͤn- de ſo matt gegeben haͤtte. Aber wie will man ihn doch entſchuldigen, daß er Leute die ſich Muͤ- he gegeben, ihn etwas rechtes zu lehren, und ihm weiters nichts zu Leide gethan haben, ja daß er Bodmern, der ihm nicht einmahl dieſes zu Leid gethan hat, mit ſo feindſeligen Worten uͤberſudelt. Es zeiget zwar ein gutes Gemuͤthe, da er eine ſo groſſe Sorgfalt fuͤr eure Buchhand- lung, und einen ſo groſſen Eifer gegen diejenigen blicken laͤßt, die euch an eurer Nahrung Abbruch thun wollen. Aber wenn dieſe Sorgfalt und dieſer Eifer nicht etwas angenommenes ſind, ſo duͤrffet ihr ihm nur ſagen, daß eben er dieſer ſchaͤdliche Menſch iſt, der euch mit der deutſchen Aeneis den groͤſten Schaden zugefuͤget hat; das wird ihn ſchon vermoͤgen, daß er euch den Verluſt bis auf die eitele Hoffnung von Gewinn, wovon er euch guͤldene Berge vorgeſchwatzet hat, erſetze. Er hat das Werck gemacht, woran er Verluſt vorſiehet, und er hat es ſo ungeſchickt gemacht, daß noth- wendig dabey verlohren werden muß. Weder Hr. Breitinger noch Hr. Pyra, noch Hr. Bod- mer haben es verfertiget, und ſo ſchaͤdlich ge- macht. Dieſe Herren haben es nicht dadurch zu einem ſchlimmen Buche gemacht, daß ſie deſſen Fehler eingeſehen, oder daß ſie ſolche kund ge- macht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743/38
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743/38>, abgerufen am 04.12.2024.