Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite

Verworffene Gedichte.
bey Handen habe, in gewisse Bücher abzutheilen,
und zu Rettung meines Gerüchtes, welches wegen
voriger übereilten Edition sich mercklich verletzt be-
findet, durch öffentlichen Druck jedermann gemei-
ne zu machen.

Die andere Ursache, nemlich den Buhlerischen Jn-
halt wird man hauptsächlich in denen Stücken wahr-
nehmen, welche er in den folgenden Auflagen lieber
ausgeschlossen, als ausgebessert hat. Er hatte zwar
die Licentz derselben schon bey der ersten Ausgabe er-
kannt, und dafür eine geschickte Apologie in der Vor-
rede (an dem Ende derselben) geschrieben, womit er
die Sache gut zu machen verhoffet.

Allein diese Schutzrede mag nachgehends ihm
oder den ernstlichern Lesern nicht zulänglich geschie-
nen haben; Das ist gewiß, daß er nicht wenige
Stücke von diesem verliebten Jnnhalt ausgestri-
chen, und in allen folgenden Auflagen zuruckbe-
halten hat.

Jch habe mich diese beyden Ursachen nicht ab-
halten lassen, die weggeworffenen Stücke nach ei-
ner Zeit von 120 Jahren wieder hervorzusuchen,
worzu ich mich durch folgende Betrachtungen ge-
nugsam berechtiget gehalten habe. Erstlich halte
ich davor, es sey des Verfassers Geschmack, Rei-
nigkeit und Zärtlichkeit, sowohl was die Licentz der
Verse, als der Gedancken anlangt, durch diese
Ausmusterung, die er, so viel an ihm gestanden
war, bewerckstelliget hat, genugsam in Sicher-
heit gestellt, und vor allem Tadel verwahrt
worden.

Durch

Verworffene Gedichte.
bey Handen habe, in gewiſſe Buͤcher abzutheilen,
und zu Rettung meines Geruͤchtes, welches wegen
voriger uͤbereilten Edition ſich mercklich verletzt be-
findet, durch oͤffentlichen Druck jedermann gemei-
ne zu machen.

Die andere Urſache, nemlich den Buhleriſchen Jn-
halt wird man hauptſaͤchlich in denen Stuͤcken wahr-
nehmen, welche er in den folgenden Auflagen lieber
ausgeſchloſſen, als ausgebeſſert hat. Er hatte zwar
die Licentz derſelben ſchon bey der erſten Ausgabe er-
kannt, und dafuͤr eine geſchickte Apologie in der Vor-
rede (an dem Ende derſelben) geſchrieben, womit er
die Sache gut zu machen verhoffet.

Allein dieſe Schutzrede mag nachgehends ihm
oder den ernſtlichern Leſern nicht zulaͤnglich geſchie-
nen haben; Das iſt gewiß, daß er nicht wenige
Stuͤcke von dieſem verliebten Jnnhalt ausgeſtri-
chen, und in allen folgenden Auflagen zuruckbe-
halten hat.

Jch habe mich dieſe beyden Urſachen nicht ab-
halten laſſen, die weggeworffenen Stuͤcke nach ei-
ner Zeit von 120 Jahren wieder hervorzuſuchen,
worzu ich mich durch folgende Betrachtungen ge-
nugſam berechtiget gehalten habe. Erſtlich halte
ich davor, es ſey des Verfaſſers Geſchmack, Rei-
nigkeit und Zaͤrtlichkeit, ſowohl was die Licentz der
Verſe, als der Gedancken anlangt, durch dieſe
Ausmuſterung, die er, ſo viel an ihm geſtanden
war, bewerckſtelliget hat, genugſam in Sicher-
heit geſtellt, und vor allem Tadel verwahrt
worden.

Durch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0043" n="43"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Verworffene Gedichte.</hi></fw><lb/>
bey Handen habe, in gewi&#x017F;&#x017F;e Bu&#x0364;cher abzutheilen,<lb/>
und zu Rettung meines Geru&#x0364;chtes, welches wegen<lb/>
voriger u&#x0364;bereilten Edition &#x017F;ich mercklich verletzt be-<lb/>
findet, durch o&#x0364;ffentlichen Druck jedermann gemei-<lb/>
ne zu machen.</p><lb/>
        <p>Die andere Ur&#x017F;ache, nemlich den Buhleri&#x017F;chen Jn-<lb/>
halt wird man haupt&#x017F;a&#x0364;chlich in denen Stu&#x0364;cken wahr-<lb/>
nehmen, welche er in den folgenden Auflagen lieber<lb/>
ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, als ausgebe&#x017F;&#x017F;ert hat. Er hatte zwar<lb/>
die Licentz der&#x017F;elben &#x017F;chon bey der er&#x017F;ten Ausgabe er-<lb/>
kannt, und dafu&#x0364;r eine ge&#x017F;chickte Apologie in der Vor-<lb/>
rede (an dem Ende der&#x017F;elben) ge&#x017F;chrieben, womit er<lb/>
die Sache gut zu machen verhoffet.</p><lb/>
        <p>Allein die&#x017F;e Schutzrede mag nachgehends ihm<lb/>
oder den ern&#x017F;tlichern Le&#x017F;ern nicht zula&#x0364;nglich ge&#x017F;chie-<lb/>
nen haben; Das i&#x017F;t gewiß, daß er nicht wenige<lb/>
Stu&#x0364;cke von die&#x017F;em verliebten Jnnhalt ausge&#x017F;tri-<lb/>
chen, und in allen folgenden Auflagen zuruckbe-<lb/>
halten hat.</p><lb/>
        <p>Jch habe mich die&#x017F;e beyden Ur&#x017F;achen nicht ab-<lb/>
halten la&#x017F;&#x017F;en, die weggeworffenen Stu&#x0364;cke nach ei-<lb/>
ner Zeit von 120 Jahren wieder hervorzu&#x017F;uchen,<lb/>
worzu ich mich durch folgende Betrachtungen ge-<lb/>
nug&#x017F;am berechtiget gehalten habe. Er&#x017F;tlich halte<lb/>
ich davor, es &#x017F;ey des Verfa&#x017F;&#x017F;ers Ge&#x017F;chmack, Rei-<lb/>
nigkeit und Za&#x0364;rtlichkeit, &#x017F;owohl was die Licentz der<lb/>
Ver&#x017F;e, als der Gedancken anlangt, durch die&#x017F;e<lb/>
Ausmu&#x017F;terung, die er, &#x017F;o viel an ihm ge&#x017F;tanden<lb/>
war, bewerck&#x017F;telliget hat, genug&#x017F;am in Sicher-<lb/>
heit ge&#x017F;tellt, und vor allem Tadel verwahrt<lb/>
worden.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Durch</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0043] Verworffene Gedichte. bey Handen habe, in gewiſſe Buͤcher abzutheilen, und zu Rettung meines Geruͤchtes, welches wegen voriger uͤbereilten Edition ſich mercklich verletzt be- findet, durch oͤffentlichen Druck jedermann gemei- ne zu machen. Die andere Urſache, nemlich den Buhleriſchen Jn- halt wird man hauptſaͤchlich in denen Stuͤcken wahr- nehmen, welche er in den folgenden Auflagen lieber ausgeſchloſſen, als ausgebeſſert hat. Er hatte zwar die Licentz derſelben ſchon bey der erſten Ausgabe er- kannt, und dafuͤr eine geſchickte Apologie in der Vor- rede (an dem Ende derſelben) geſchrieben, womit er die Sache gut zu machen verhoffet. Allein dieſe Schutzrede mag nachgehends ihm oder den ernſtlichern Leſern nicht zulaͤnglich geſchie- nen haben; Das iſt gewiß, daß er nicht wenige Stuͤcke von dieſem verliebten Jnnhalt ausgeſtri- chen, und in allen folgenden Auflagen zuruckbe- halten hat. Jch habe mich dieſe beyden Urſachen nicht ab- halten laſſen, die weggeworffenen Stuͤcke nach ei- ner Zeit von 120 Jahren wieder hervorzuſuchen, worzu ich mich durch folgende Betrachtungen ge- nugſam berechtiget gehalten habe. Erſtlich halte ich davor, es ſey des Verfaſſers Geſchmack, Rei- nigkeit und Zaͤrtlichkeit, ſowohl was die Licentz der Verſe, als der Gedancken anlangt, durch dieſe Ausmuſterung, die er, ſo viel an ihm geſtanden war, bewerckſtelliget hat, genugſam in Sicher- heit geſtellt, und vor allem Tadel verwahrt worden. Durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung09_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung09_1743/43
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung09_1743/43>, abgerufen am 09.11.2024.