[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749.Martin Opitzens Vor hat der r[a]uhe Winter sich An uns erzeiget grimmiglich, Der gantzen Welt Revier gar tief Jn einem harten Traume schlief. Weil aber jetzt der Sonnen Licht Mit vollem Glantz herausser bricht, Und an dem Himmel höher steigt, Auch alles frölich sich erzeigt, Das frostig Eyß muß gantz vergehn, Der Schnee kan gar nicht mehr bestehn, Favonius der zarte Wind, Sich wieder auf die Felder findt, Die Saate gehet auf mit Macht, Das Grase grünt in vollem Pracht, Die Bäume schlagen wieder aus, Die Blumen machen sich heraus, Das Vieh in Feldern inniglich, Das Wild in Büschen freuet sich, Der Vögel Schaar sich frölich schwingt, Und lieblich in den Lüften singt; So stelle du auch trauren ein, Mein Hertz, und laß dein Zagen seyn, Vertraue Gott, und glaube fest Daß er die Seinen nicht verläßt. Ulysses auch, der freye Held, Nachdem er zehn Jahr in dem Feld Vor
Martin Opitzens Vor hat der r[a]uhe Winter ſich An uns erzeiget grimmiglich, Der gantzen Welt Revier gar tief Jn einem harten Traume ſchlief. Weil aber jetzt der Sonnen Licht Mit vollem Glantz herauſſer bricht, Und an dem Himmel hoͤher ſteigt, Auch alles froͤlich ſich erzeigt, Das froſtig Eyß muß gantz vergehn, Der Schnee kan gar nicht mehr beſtehn, Favonius der zarte Wind, Sich wieder auf die Felder findt, Die Saate gehet auf mit Macht, Das Graſe gruͤnt in vollem Pracht, Die Baͤume ſchlagen wieder aus, Die Blumen machen ſich heraus, Das Vieh in Feldern inniglich, Das Wild in Buͤſchen freuet ſich, Der Voͤgel Schaar ſich froͤlich ſchwingt, Und lieblich in den Luͤften ſingt; So ſtelle du auch trauren ein, Mein Hertz, und laß dein Zagen ſeyn, Vertraue Gott, und glaube feſt Daß er die Seinen nicht verlaͤßt. Ulyſſes auch, der freye Held, Nachdem er zehn Jahr in dem Feld Vor
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Martin Opitzens
Vor hat der rauhe Winter ſich
An uns erzeiget grimmiglich,
Der gantzen Welt Revier gar tief
Jn einem harten Traume ſchlief.
Weil aber jetzt der Sonnen Licht
Mit vollem Glantz herauſſer bricht,
Und an dem Himmel hoͤher ſteigt,
Auch alles froͤlich ſich erzeigt,
Das froſtig Eyß muß gantz vergehn,
Der Schnee kan gar nicht mehr beſtehn,
Favonius der zarte Wind,
Sich wieder auf die Felder findt,
Die Saate gehet auf mit Macht,
Das Graſe gruͤnt in vollem Pracht,
Die Baͤume ſchlagen wieder aus,
Die Blumen machen ſich heraus,
Das Vieh in Feldern inniglich,
Das Wild in Buͤſchen freuet ſich,
Der Voͤgel Schaar ſich froͤlich ſchwingt,
Und lieblich in den Luͤften ſingt;
So ſtelle du auch trauren ein,
Mein Hertz, und laß dein Zagen ſeyn,
Vertraue Gott, und glaube feſt
Daß er die Seinen nicht verlaͤßt.
Ulyſſes auch, der freye Held,
Nachdem er zehn Jahr in dem Feld
Vor
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