[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743.Von Langnau Schreiben schen keinen gesunden Verstand leide, und vonHrn. Gottsched ohne Bedacht sey hingeschrie- ben worden: Denn wenn es wahr seyn sollte, wie ihr in eurem Glaubensbekänntniß versichert zu seyn vorgebet, daß die Critische Dichtkunst des Hrn. Gottscheds mit Vergnügen und Nu- zen von den Ausländern, die unsrer Sprache kundig sind, sollte können gelesen und verstan- den werden; so mögte ich gerne vernehmen, was denn die Einschränckung für die Deutschen auf dem Titelblatte der Critischen Dichtkunst eigentlich zu bedeuten habe; und ob der Ver- stand, den dieser Zusatz leiden kan, nicht alle- mahl lächerlich herauskomme? Wer will es aber einem mit Recht verargen können, wenn er über einem lächerlichen Ausdrucke das Maul ein wenig verkrümmt? Zugeschweigen, daß der Schweitzer an dem Orte, wo er diese Critick anbringet, eben nicht Ursache gehabt hat, gar zu blöde, kaltsinnig und ernsthaft mit Hrn. Prof. Gottsched zu reden, allermassen das un- gesaltzene Gespötte, welches dieser in seinen Beyträgen über die neue Schweitzersche Dicht- kunst ausgegossen, eine züchtigende und demü- thigende Abfertigung erforderte, und noch wohl eher eine so bewegliche Straffpredigt verdienet hätte, als diejenige ist, mit welcher ihr die Schweitzersche Anmerckung begleitet. Wir müs- sen aber diese Critische Straffpredigt selbst noch ein wenig beleuchten. Jhr saget: Diese Beur- theilung ist gewiß nicht aus einem reinen Cri- tischen Eifer geflossen. Die Herrn Schweitzer wür-
Von Langnau Schreiben ſchen keinen geſunden Verſtand leide, und vonHrn. Gottſched ohne Bedacht ſey hingeſchrie- ben worden: Denn wenn es wahr ſeyn ſollte, wie ihr in eurem Glaubensbekaͤnntniß verſichert zu ſeyn vorgebet, daß die Critiſche Dichtkunſt des Hrn. Gottſcheds mit Vergnuͤgen und Nu- zen von den Auslaͤndern, die unſrer Sprache kundig ſind, ſollte koͤnnen geleſen und verſtan- den werden; ſo moͤgte ich gerne vernehmen, was denn die Einſchraͤnckung fuͤr die Deutſchen auf dem Titelblatte der Critiſchen Dichtkunſt eigentlich zu bedeuten habe; und ob der Ver- ſtand, den dieſer Zuſatz leiden kan, nicht alle- mahl laͤcherlich herauskomme? Wer will es aber einem mit Recht verargen koͤnnen, wenn er uͤber einem laͤcherlichen Ausdrucke das Maul ein wenig verkruͤmmt? Zugeſchweigen, daß der Schweitzer an dem Orte, wo er dieſe Critick anbringet, eben nicht Urſache gehabt hat, gar zu bloͤde, kaltſinnig und ernſthaft mit Hrn. Prof. Gottſched zu reden, allermaſſen das un- geſaltzene Geſpoͤtte, welches dieſer in ſeinen Beytraͤgen uͤber die neue Schweitzerſche Dicht- kunſt ausgegoſſen, eine zuͤchtigende und demuͤ- thigende Abfertigung erforderte, und noch wohl eher eine ſo bewegliche Straffpredigt verdienet haͤtte, als diejenige iſt, mit welcher ihr die Schweitzerſche Anmerckung begleitet. Wir muͤſ- ſen aber dieſe Critiſche Straffpredigt ſelbſt noch ein wenig beleuchten. Jhr ſaget: Dieſe Beur- theilung iſt gewiß nicht aus einem reinen Cri- tiſchen Eifer gefloſſen. Die Herrn Schweitzer wuͤr-
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Von Langnau Schreiben
ſchen keinen geſunden Verſtand leide, und von
Hrn. Gottſched ohne Bedacht ſey hingeſchrie-
ben worden: Denn wenn es wahr ſeyn ſollte,
wie ihr in eurem Glaubensbekaͤnntniß verſichert
zu ſeyn vorgebet, daß die Critiſche Dichtkunſt
des Hrn. Gottſcheds mit Vergnuͤgen und Nu-
zen von den Auslaͤndern, die unſrer Sprache
kundig ſind, ſollte koͤnnen geleſen und verſtan-
den werden; ſo moͤgte ich gerne vernehmen,
was denn die Einſchraͤnckung fuͤr die Deutſchen
auf dem Titelblatte der Critiſchen Dichtkunſt
eigentlich zu bedeuten habe; und ob der Ver-
ſtand, den dieſer Zuſatz leiden kan, nicht alle-
mahl laͤcherlich herauskomme? Wer will es
aber einem mit Recht verargen koͤnnen, wenn
er uͤber einem laͤcherlichen Ausdrucke das Maul
ein wenig verkruͤmmt? Zugeſchweigen, daß der
Schweitzer an dem Orte, wo er dieſe Critick
anbringet, eben nicht Urſache gehabt hat, gar
zu bloͤde, kaltſinnig und ernſthaft mit Hrn.
Prof. Gottſched zu reden, allermaſſen das un-
geſaltzene Geſpoͤtte, welches dieſer in ſeinen
Beytraͤgen uͤber die neue Schweitzerſche Dicht-
kunſt ausgegoſſen, eine zuͤchtigende und demuͤ-
thigende Abfertigung erforderte, und noch wohl
eher eine ſo bewegliche Straffpredigt verdienet
haͤtte, als diejenige iſt, mit welcher ihr die
Schweitzerſche Anmerckung begleitet. Wir muͤſ-
ſen aber dieſe Critiſche Straffpredigt ſelbſt noch
ein wenig beleuchten. Jhr ſaget: Dieſe Beur-
theilung iſt gewiß nicht aus einem reinen Cri-
tiſchen Eifer gefloſſen. Die Herrn Schweitzer
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