Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

an die d. Ges. von Greifswalde.
keit geschehen, weil man nicht mehr sagt, als
daß man nach Absichten gehandelt, und nach
welchen man an jedem Orte gehandelt habe, das
Urtheil aber von denen Absichten und Regeln,
und wie fern man es getroffen, jedermann frey
läßt. Womit aber in keine Vergleichung kan
gezogen werden, wenn man seine eigenen Ge-
dichte, ohne einige Anzeige warum, einer gan-
zen Nation als Muster zur Nachahmung anprei-
set, zumahl wenn sie hernach bey einer genauern
Prüfung meistens so elend und abgeschmackt be-
funden werden.

Jch hatte mir zu Anfang dieses Schreibens
vorgenommen, mit meinen Untersuchungen wei-
ter fortzugehen, allein da ich izo vorhersehe,
daß der 3te Art. des V.ten St. mir zum wenig-
sten so viel Materie zu verarbeiten an die Hand
geben würde, als ich in dem VI.ten Art. des
IV.ten St. gefunden habe, so will ich dieses
Schreiben schliessen, und das übrige künftig in
einem neuen Schreiben nachbringen, damit so-
wohl mir als meinen Gegnern die Bürde der
Anklage und der Verantwortung, wenn sie so
getheilet wird, einigermassen erleichtert werde.
Jch werde destoweniger damit eilen, wenn ich
vernehmen werde, daß meine gegenwärtige Er-
innerungen und Bestraffungen bey denjenigen,
welche sie angehen, einigen Eingang gefunden,
und einiges Nachsinnen erwecket haben; denn
es wird mir nichts angenehmer seyn, als daß
sie sich ohne meine Bemühung begreiffen, und
die Betrachtungen bey und unter sich selber an-

stellen,
E 2

an die d. Geſ. von Greifswalde.
keit geſchehen, weil man nicht mehr ſagt, als
daß man nach Abſichten gehandelt, und nach
welchen man an jedem Orte gehandelt habe, das
Urtheil aber von denen Abſichten und Regeln,
und wie fern man es getroffen, jedermann frey
laͤßt. Womit aber in keine Vergleichung kan
gezogen werden, wenn man ſeine eigenen Ge-
dichte, ohne einige Anzeige warum, einer gan-
zen Nation als Muſter zur Nachahmung anprei-
ſet, zumahl wenn ſie hernach bey einer genauern
Pruͤfung meiſtens ſo elend und abgeſchmackt be-
funden werden.

Jch hatte mir zu Anfang dieſes Schreibens
vorgenommen, mit meinen Unterſuchungen wei-
ter fortzugehen, allein da ich izo vorherſehe,
daß der 3te Art. des V.ten St. mir zum wenig-
ſten ſo viel Materie zu verarbeiten an die Hand
geben wuͤrde, als ich in dem VI.ten Art. des
IV.ten St. gefunden habe, ſo will ich dieſes
Schreiben ſchlieſſen, und das uͤbrige kuͤnftig in
einem neuen Schreiben nachbringen, damit ſo-
wohl mir als meinen Gegnern die Buͤrde der
Anklage und der Verantwortung, wenn ſie ſo
getheilet wird, einigermaſſen erleichtert werde.
Jch werde deſtoweniger damit eilen, wenn ich
vernehmen werde, daß meine gegenwaͤrtige Er-
innerungen und Beſtraffungen bey denjenigen,
welche ſie angehen, einigen Eingang gefunden,
und einiges Nachſinnen erwecket haben; denn
es wird mir nichts angenehmer ſeyn, als daß
ſie ſich ohne meine Bemuͤhung begreiffen, und
die Betrachtungen bey und unter ſich ſelber an-

ſtellen,
E 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0069" n="67"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">an die d. Ge&#x017F;. von Greifswalde.</hi></fw><lb/>
keit ge&#x017F;chehen, weil man nicht mehr &#x017F;agt, als<lb/>
daß man nach Ab&#x017F;ichten gehandelt, und nach<lb/>
welchen man an jedem Orte gehandelt habe, das<lb/>
Urtheil aber von denen Ab&#x017F;ichten und Regeln,<lb/>
und wie fern man es getroffen, jedermann frey<lb/>
la&#x0364;ßt. Womit aber in keine Vergleichung kan<lb/>
gezogen werden, wenn man &#x017F;eine eigenen Ge-<lb/>
dichte, ohne einige Anzeige warum, einer gan-<lb/>
zen Nation als Mu&#x017F;ter zur Nachahmung anprei-<lb/>
&#x017F;et, zumahl wenn &#x017F;ie hernach bey einer genauern<lb/>
Pru&#x0364;fung mei&#x017F;tens &#x017F;o elend und abge&#x017F;chmackt be-<lb/>
funden werden.</p><lb/>
          <p>Jch hatte mir zu Anfang die&#x017F;es Schreibens<lb/>
vorgenommen, mit meinen Unter&#x017F;uchungen wei-<lb/>
ter fortzugehen, allein da ich izo vorher&#x017F;ehe,<lb/>
daß der 3te Art. des <hi rendition="#aq">V.</hi>ten St. mir zum wenig-<lb/>
&#x017F;ten &#x017F;o viel Materie zu verarbeiten an die Hand<lb/>
geben wu&#x0364;rde, als ich in dem <hi rendition="#aq">VI.</hi>ten Art. des<lb/><hi rendition="#aq">IV.</hi>ten St. gefunden habe, &#x017F;o will ich die&#x017F;es<lb/>
Schreiben &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en, und das u&#x0364;brige ku&#x0364;nftig in<lb/>
einem neuen Schreiben nachbringen, damit &#x017F;o-<lb/>
wohl mir als meinen Gegnern die Bu&#x0364;rde der<lb/>
Anklage und der Verantwortung, wenn &#x017F;ie &#x017F;o<lb/>
getheilet wird, einigerma&#x017F;&#x017F;en erleichtert werde.<lb/>
Jch werde de&#x017F;toweniger damit eilen, wenn ich<lb/>
vernehmen werde, daß meine gegenwa&#x0364;rtige Er-<lb/>
innerungen und Be&#x017F;traffungen bey denjenigen,<lb/>
welche &#x017F;ie angehen, einigen Eingang gefunden,<lb/>
und einiges Nach&#x017F;innen erwecket haben; denn<lb/>
es wird mir nichts angenehmer &#x017F;eyn, als daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich ohne meine Bemu&#x0364;hung begreiffen, und<lb/>
die Betrachtungen bey und unter &#x017F;ich &#x017F;elber an-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 2</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tellen,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0069] an die d. Geſ. von Greifswalde. keit geſchehen, weil man nicht mehr ſagt, als daß man nach Abſichten gehandelt, und nach welchen man an jedem Orte gehandelt habe, das Urtheil aber von denen Abſichten und Regeln, und wie fern man es getroffen, jedermann frey laͤßt. Womit aber in keine Vergleichung kan gezogen werden, wenn man ſeine eigenen Ge- dichte, ohne einige Anzeige warum, einer gan- zen Nation als Muſter zur Nachahmung anprei- ſet, zumahl wenn ſie hernach bey einer genauern Pruͤfung meiſtens ſo elend und abgeſchmackt be- funden werden. Jch hatte mir zu Anfang dieſes Schreibens vorgenommen, mit meinen Unterſuchungen wei- ter fortzugehen, allein da ich izo vorherſehe, daß der 3te Art. des V.ten St. mir zum wenig- ſten ſo viel Materie zu verarbeiten an die Hand geben wuͤrde, als ich in dem VI.ten Art. des IV.ten St. gefunden habe, ſo will ich dieſes Schreiben ſchlieſſen, und das uͤbrige kuͤnftig in einem neuen Schreiben nachbringen, damit ſo- wohl mir als meinen Gegnern die Buͤrde der Anklage und der Verantwortung, wenn ſie ſo getheilet wird, einigermaſſen erleichtert werde. Jch werde deſtoweniger damit eilen, wenn ich vernehmen werde, daß meine gegenwaͤrtige Er- innerungen und Beſtraffungen bey denjenigen, welche ſie angehen, einigen Eingang gefunden, und einiges Nachſinnen erwecket haben; denn es wird mir nichts angenehmer ſeyn, als daß ſie ſich ohne meine Bemuͤhung begreiffen, und die Betrachtungen bey und unter ſich ſelber an- ſtellen, E 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung11_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung11_1743/69
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung11_1743/69>, abgerufen am 26.05.2024.