Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 12. Zürich, 1744.

Bild:
<< vorherige Seite

oder die Bekehrung.
redlich zu ernehren, ohne daß ich solche weiter
vor Arbeiten des Kopfes oder des Witzes ver-
kaufen wolle. Und damit ich denjenigen, wel-
che ich mit meinen Schriften beleidiget habe,
ein Zeichen meiner wahren Reue gebe, und
mich ihrer Verzeihung desto würdiger mache,
will ich mit allem Fleisse und bester Treue an
der Zernichtigung derselben arbeiten, und kei-
ne Mühe sparen, sie zu der Vergessenheit, zu
der ich sie verurtheile, zu befördern.

Solches alles bekennet Strukaras, ma-
gnus Impostor & peccator.

Er übergab diese Schrift dem Hr. Adams,
und bat ihn, daß er sie durch den öffentlichen Druck
bekannt machete. Er sagte, weil seine Sünden
im öffentlichen Licht erschienen wären, so wäre bil-
lig, daß seine Busse ebenfalls offenbar gemacht
würde. Er fügete mit Thränen hinzu, daß ihn
nicht nur seine eigenen Sünden drücketen, sondern
die Sünden aller derjenigen schlimmen Kunstrich-
ter und Poeten, welche durch ihn verführt, in sei-
nem Geschmacke und nach seinen Regeln schrieben.
Alle elenden Schriften, sagte er, welche von mei-
nen entsprungen sind, gehören mir zu, ich habe
sie zu verantworten, ich habe nicht nur in meiner
Person ungeschickt geschrieben, sondern in den Per-
sonen aller derer, welche ihre magern Geburten
nach meinem Unterricht verfertigen. Jch, nur ich,
habe die Aeneis ihrer Pracht und ihrer Hoheit be-
raubet, nur ich habe sie in einen schlechtern Kittel

geklei-

oder die Bekehrung.
redlich zu ernehren, ohne daß ich ſolche weiter
vor Arbeiten des Kopfes oder des Witzes ver-
kaufen wolle. Und damit ich denjenigen, wel-
che ich mit meinen Schriften beleidiget habe,
ein Zeichen meiner wahren Reue gebe, und
mich ihrer Verzeihung deſto wuͤrdiger mache,
will ich mit allem Fleiſſe und beſter Treue an
der Zernichtigung derſelben arbeiten, und kei-
ne Muͤhe ſparen, ſie zu der Vergeſſenheit, zu
der ich ſie verurtheile, zu befoͤrdern.

Solches alles bekennet Strukaras, ma-
gnus Impoſtor & peccator.

Er uͤbergab dieſe Schrift dem Hr. Adams,
und bat ihn, daß er ſie durch den oͤffentlichen Druck
bekannt machete. Er ſagte, weil ſeine Suͤnden
im oͤffentlichen Licht erſchienen waͤren, ſo waͤre bil-
lig, daß ſeine Buſſe ebenfalls offenbar gemacht
wuͤrde. Er fuͤgete mit Thraͤnen hinzu, daß ihn
nicht nur ſeine eigenen Suͤnden druͤcketen, ſondern
die Suͤnden aller derjenigen ſchlimmen Kunſtrich-
ter und Poeten, welche durch ihn verfuͤhrt, in ſei-
nem Geſchmacke und nach ſeinen Regeln ſchrieben.
Alle elenden Schriften, ſagte er, welche von mei-
nen entſprungen ſind, gehoͤren mir zu, ich habe
ſie zu verantworten, ich habe nicht nur in meiner
Perſon ungeſchickt geſchrieben, ſondern in den Per-
ſonen aller derer, welche ihre magern Geburten
nach meinem Unterricht verfertigen. Jch, nur ich,
habe die Aeneis ihrer Pracht und ihrer Hoheit be-
raubet, nur ich habe ſie in einen ſchlechtern Kittel

geklei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0081" n="79"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">oder die Bekehrung.</hi></fw><lb/>
redlich zu ernehren, ohne daß ich &#x017F;olche weiter<lb/>
vor Arbeiten des Kopfes oder des Witzes ver-<lb/>
kaufen wolle. Und damit ich denjenigen, wel-<lb/>
che ich mit meinen Schriften beleidiget habe,<lb/>
ein Zeichen meiner wahren Reue gebe, und<lb/>
mich ihrer Verzeihung de&#x017F;to wu&#x0364;rdiger mache,<lb/>
will ich mit allem Flei&#x017F;&#x017F;e und be&#x017F;ter Treue an<lb/>
der Zernichtigung der&#x017F;elben arbeiten, und kei-<lb/>
ne Mu&#x0364;he &#x017F;paren, &#x017F;ie zu der Verge&#x017F;&#x017F;enheit, zu<lb/>
der ich &#x017F;ie verurtheile, zu befo&#x0364;rdern.</p><lb/>
        <p>Solches alles bekennet Strukaras, <hi rendition="#aq">ma-<lb/>
gnus Impo&#x017F;tor &amp; peccator.</hi></p><lb/>
        <p>Er u&#x0364;bergab die&#x017F;e Schrift dem Hr. Adams,<lb/>
und bat ihn, daß er &#x017F;ie durch den o&#x0364;ffentlichen Druck<lb/>
bekannt machete. Er &#x017F;agte, weil &#x017F;eine Su&#x0364;nden<lb/>
im o&#x0364;ffentlichen Licht er&#x017F;chienen wa&#x0364;ren, &#x017F;o wa&#x0364;re bil-<lb/>
lig, daß &#x017F;eine Bu&#x017F;&#x017F;e ebenfalls offenbar gemacht<lb/>
wu&#x0364;rde. Er fu&#x0364;gete mit Thra&#x0364;nen hinzu, daß ihn<lb/>
nicht nur &#x017F;eine eigenen Su&#x0364;nden dru&#x0364;cketen, &#x017F;ondern<lb/>
die Su&#x0364;nden aller derjenigen &#x017F;chlimmen Kun&#x017F;trich-<lb/>
ter und Poeten, welche durch ihn verfu&#x0364;hrt, in &#x017F;ei-<lb/>
nem Ge&#x017F;chmacke und nach &#x017F;einen Regeln &#x017F;chrieben.<lb/>
Alle elenden Schriften, &#x017F;agte er, welche von mei-<lb/>
nen ent&#x017F;prungen &#x017F;ind, geho&#x0364;ren mir zu, ich habe<lb/>
&#x017F;ie zu verantworten, ich habe nicht nur in meiner<lb/>
Per&#x017F;on unge&#x017F;chickt ge&#x017F;chrieben, &#x017F;ondern in den Per-<lb/>
&#x017F;onen aller derer, welche ihre magern Geburten<lb/>
nach meinem Unterricht verfertigen. Jch, nur ich,<lb/>
habe die Aeneis ihrer Pracht und ihrer Hoheit be-<lb/>
raubet, nur ich habe &#x017F;ie in einen &#x017F;chlechtern Kittel<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">geklei-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0081] oder die Bekehrung. redlich zu ernehren, ohne daß ich ſolche weiter vor Arbeiten des Kopfes oder des Witzes ver- kaufen wolle. Und damit ich denjenigen, wel- che ich mit meinen Schriften beleidiget habe, ein Zeichen meiner wahren Reue gebe, und mich ihrer Verzeihung deſto wuͤrdiger mache, will ich mit allem Fleiſſe und beſter Treue an der Zernichtigung derſelben arbeiten, und kei- ne Muͤhe ſparen, ſie zu der Vergeſſenheit, zu der ich ſie verurtheile, zu befoͤrdern. Solches alles bekennet Strukaras, ma- gnus Impoſtor & peccator. Er uͤbergab dieſe Schrift dem Hr. Adams, und bat ihn, daß er ſie durch den oͤffentlichen Druck bekannt machete. Er ſagte, weil ſeine Suͤnden im oͤffentlichen Licht erſchienen waͤren, ſo waͤre bil- lig, daß ſeine Buſſe ebenfalls offenbar gemacht wuͤrde. Er fuͤgete mit Thraͤnen hinzu, daß ihn nicht nur ſeine eigenen Suͤnden druͤcketen, ſondern die Suͤnden aller derjenigen ſchlimmen Kunſtrich- ter und Poeten, welche durch ihn verfuͤhrt, in ſei- nem Geſchmacke und nach ſeinen Regeln ſchrieben. Alle elenden Schriften, ſagte er, welche von mei- nen entſprungen ſind, gehoͤren mir zu, ich habe ſie zu verantworten, ich habe nicht nur in meiner Perſon ungeſchickt geſchrieben, ſondern in den Per- ſonen aller derer, welche ihre magern Geburten nach meinem Unterricht verfertigen. Jch, nur ich, habe die Aeneis ihrer Pracht und ihrer Hoheit be- raubet, nur ich habe ſie in einen ſchlechtern Kittel geklei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung12_1744
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung12_1744/81
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 12. Zürich, 1744, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung12_1744/81>, abgerufen am 20.05.2024.