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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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I. Die Schutzwaffen.
auf Leder oder starke Leinwand genäht, welch letztere einen Über-
zug von Samt oder Seide erhielt. Der Korazin charakterisiert sich
dadurch, dass das schützende Metall an der Innenseite sich befindet.
Finden sich die Plättchen oder Schuppen an der Aussenseite des
Körpers, dann wird ein derlei Waffenkleid Brigantine benannt.
(Fig. 109.) In Italien und Frankreich benannte man Panzerhemden,
welche aus kleinen, glatt geschlagenen Eisenringen bestanden, die
untereinander durch Ringe oder Ringgeflechte in Verbindung standen,
Jazerins, Jazerans, von dem italienischen Worte ghiazzerino (altital.
gazzarina) abstammend, das Netz, Panzerhemd schlechtweg bedeutet.
Bis ungefähr 1530 erschienen diese halb Kleid, halb Harnisch dar-
stellenden Korazins derart geschnitten, dass sie an der Brustmitte
[Abbildung] Fig. 111.

Teil eines Brustharnisches des Torghud Reis,
Königs von Kairewan (gest. 1565). Arbeit des Waffenschmiedes Ali.
Der obere Brustteil aus einer Platte und dem Kragen bestehend ist ab-
gängig. Arabisch 16. Jahrhundert.

geschlossen werden. (Fig. 110.) Nicht selten sind sie für Reiter
mit altartigen Rüsthaken ausgestattet. Später erscheinen Brust- und
Rückenteil getrennt, beide werden dann an den Seiten genestelt.
Korazine und Brigantinen bildeten das beliebteste Kleid der Vornehmen
in Italien, Spanien, Frankreich und aller von der italienischen Re-
naissance beeinflussten Edelleute anderer Nationen; in den ob-
genannten Ländern aber, allerdings in einfacherer Ausstattung, der
Bogen- und Armrustschützen.

Auch in den orientalischen Ländern entwickelte sich die Brust-
bedeckung des Krieges von einem mit Eisenringen, Plättchen oder

I. Die Schutzwaffen.
auf Leder oder starke Leinwand genäht, welch letztere einen Über-
zug von Samt oder Seide erhielt. Der Korazin charakterisiert sich
dadurch, daſs das schützende Metall an der Innenseite sich befindet.
Finden sich die Plättchen oder Schuppen an der Auſsenseite des
Körpers, dann wird ein derlei Waffenkleid Brigantine benannt.
(Fig. 109.) In Italien und Frankreich benannte man Panzerhemden,
welche aus kleinen, glatt geschlagenen Eisenringen bestanden, die
untereinander durch Ringe oder Ringgeflechte in Verbindung standen,
Jazerins, Jazerans, von dem italienischen Worte ghiazzerino (altital.
gazzarina) abstammend, das Netz, Panzerhemd schlechtweg bedeutet.
Bis ungefähr 1530 erschienen diese halb Kleid, halb Harnisch dar-
stellenden Korazins derart geschnitten, daſs sie an der Brustmitte
[Abbildung] Fig. 111.

Teil eines Brustharnisches des Torghud Reïs,
Königs von Kairewan (gest. 1565). Arbeit des Waffenschmiedes Ali.
Der obere Brustteil aus einer Platte und dem Kragen bestehend ist ab-
gängig. Arabisch 16. Jahrhundert.

geschlossen werden. (Fig. 110.) Nicht selten sind sie für Reiter
mit altartigen Rüsthaken ausgestattet. Später erscheinen Brust- und
Rückenteil getrennt, beide werden dann an den Seiten genestelt.
Korazine und Brigantinen bildeten das beliebteste Kleid der Vornehmen
in Italien, Spanien, Frankreich und aller von der italienischen Re-
naissance beeinfluſsten Edelleute anderer Nationen; in den ob-
genannten Ländern aber, allerdings in einfacherer Ausstattung, der
Bogen- und Armrustschützen.

Auch in den orientalischen Ländern entwickelte sich die Brust-
bedeckung des Krieges von einem mit Eisenringen, Plättchen oder

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[104/0122] I. Die Schutzwaffen. auf Leder oder starke Leinwand genäht, welch letztere einen Über- zug von Samt oder Seide erhielt. Der Korazin charakterisiert sich dadurch, daſs das schützende Metall an der Innenseite sich befindet. Finden sich die Plättchen oder Schuppen an der Auſsenseite des Körpers, dann wird ein derlei Waffenkleid Brigantine benannt. (Fig. 109.) In Italien und Frankreich benannte man Panzerhemden, welche aus kleinen, glatt geschlagenen Eisenringen bestanden, die untereinander durch Ringe oder Ringgeflechte in Verbindung standen, Jazerins, Jazerans, von dem italienischen Worte ghiazzerino (altital. gazzarina) abstammend, das Netz, Panzerhemd schlechtweg bedeutet. Bis ungefähr 1530 erschienen diese halb Kleid, halb Harnisch dar- stellenden Korazins derart geschnitten, daſs sie an der Brustmitte [Abbildung Fig. 111. Teil eines Brustharnisches des Torghud Reïs, Königs von Kairewan (gest. 1565). Arbeit des Waffenschmiedes Ali. Der obere Brustteil aus einer Platte und dem Kragen bestehend ist ab- gängig. Arabisch 16. Jahrhundert.] geschlossen werden. (Fig. 110.) Nicht selten sind sie für Reiter mit altartigen Rüsthaken ausgestattet. Später erscheinen Brust- und Rückenteil getrennt, beide werden dann an den Seiten genestelt. Korazine und Brigantinen bildeten das beliebteste Kleid der Vornehmen in Italien, Spanien, Frankreich und aller von der italienischen Re- naissance beeinfluſsten Edelleute anderer Nationen; in den ob- genannten Ländern aber, allerdings in einfacherer Ausstattung, der Bogen- und Armrustschützen. Auch in den orientalischen Ländern entwickelte sich die Brust- bedeckung des Krieges von einem mit Eisenringen, Plättchen oder

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/122>, abgerufen am 23.11.2024.