noch nebenher dadurch bemerkenswert ist, als wir jeden Harnisch als "ganzen" benennen, der mit Beinröhren und Schuhen ausgestattet ist, während wir im Gegenfalle denselben als "halben" bezeichnen.
Der Lentner des 14. Jahrhunderts deckte noch bis an den halben Oberschenkel, dem entsprechend reichten auch die Diechlinge nicht sehr hoch an demselben hinauf. Gegen Ende des Jahrhunderts gefiel man sich in kurzen Lentner. Das veranlasste zu einer Verlängerung der Diechlinge nach aufwärts durch Ansetzen eines weiteren Stückes. Dadurch entstand der Oberdiechling, während das ursprüngliche Stück nun Unterdiechling genannt wurde. Man behielt diese Teilung aus der Ursache bei, weil je nach der Deckung, die dieser oder jener Brustharnisch mit seinen Bauchreifen und Beintaschen gewährte, ein kürzerer oder längerer Diechling sich empfahl. Später, im 16. Jahrhundert, trat ein anderer Grund hervor, der Diechlinge verschiedener Längen nötig machte. Die kurzen spanischen Bausch- höschen gestatteten nur das Anlegen der Unterdiechlinge, während in voller Feld- oder Turnierausrüstung die Oberdiechlinge unentbehrlich waren.
Der Diechling, mittelst zweier Riemen an den Schenkel geschnallt, erhält in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts eine weitere Be- festigung mittelst Schnüren an den Leibgürtel, um das Abrutschen desselben zu verhindern. Zu diesem Zwecke wurde am Oberrande ein Lederlappen angenietet, durch dessen Löcher die Schnüre liefen, mit welchen der Diechling an den Gürtel befestigt wurde. Diese Be- festigungsart erhält sich bis an den Schluss des 16. Jahrh. (Fig. 124.) Die Oberdiechlinge deckten im 15. Jahrhundert oberhalb nicht den ganzen Oberschenkel. Nur an gotischen Harnischen vom Ende dieses Jahrhunderts, welche gemeiniglich nur kleine Beintaschen und zuweilen auch gar keine besassen, reichten sie hart bis an die Leisten hinauf. Von der Mitte des 15. Jahrhunderts trifft man italienische und bur- gundische Harnische, deren Kniebuckelgeschübe nach auf- und abwärts spitz zugeschnitten werden. Das untere dieser Geschübe hängt mit der Beinröhre mittelst eines Drehbolzens (goujon-tourniquet) zusammen, eine Verbindung, die stellbar ist und eine Verlängerung oder Ver- kürzung der Beinröhre zulässt. (Fig. 121.) Bald nach dem Beginne des 16. Jahrhunderts erschienen die geschobenen Diechlinge, aus einem System von 8 bis 10 quer angeordneten Folgenschienen be- stehend. Diese Neuerung führte um 1520 zu der Verbindung der Diechlinge mit den Bauchreifen und zur Bildung der Schösse. Bein- zeuge für das Feld wie für alle Turnierarten zu Ross besitzen durch- weg in den Kniebeugen offene Gelenke, nur das Beinzeug für den Fusskampf ist in der Regel dortselbst mittelst Folgen geschlossen; dann ist aber auch der Diechling als eine vollständige Röhre gebildet.
Die Form der Beinzeuge an Maximiliansharnischen werden wir an den Darstellungen dieser Gattung am besten ersehen, wir bemerken
Boeheim, Waffenkunde. 8
7. Das Beinzeug.
noch nebenher dadurch bemerkenswert ist, als wir jeden Harnisch als „ganzen“ benennen, der mit Beinröhren und Schuhen ausgestattet ist, während wir im Gegenfalle denselben als „halben“ bezeichnen.
Der Lentner des 14. Jahrhunderts deckte noch bis an den halben Oberschenkel, dem entsprechend reichten auch die Diechlinge nicht sehr hoch an demselben hinauf. Gegen Ende des Jahrhunderts gefiel man sich in kurzen Lentner. Das veranlaſste zu einer Verlängerung der Diechlinge nach aufwärts durch Ansetzen eines weiteren Stückes. Dadurch entstand der Oberdiechling, während das ursprüngliche Stück nun Unterdiechling genannt wurde. Man behielt diese Teilung aus der Ursache bei, weil je nach der Deckung, die dieser oder jener Brustharnisch mit seinen Bauchreifen und Beintaschen gewährte, ein kürzerer oder längerer Diechling sich empfahl. Später, im 16. Jahrhundert, trat ein anderer Grund hervor, der Diechlinge verschiedener Längen nötig machte. Die kurzen spanischen Bausch- höschen gestatteten nur das Anlegen der Unterdiechlinge, während in voller Feld- oder Turnierausrüstung die Oberdiechlinge unentbehrlich waren.
Der Diechling, mittelst zweier Riemen an den Schenkel geschnallt, erhält in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts eine weitere Be- festigung mittelst Schnüren an den Leibgürtel, um das Abrutschen desselben zu verhindern. Zu diesem Zwecke wurde am Oberrande ein Lederlappen angenietet, durch dessen Löcher die Schnüre liefen, mit welchen der Diechling an den Gürtel befestigt wurde. Diese Be- festigungsart erhält sich bis an den Schluſs des 16. Jahrh. (Fig. 124.) Die Oberdiechlinge deckten im 15. Jahrhundert oberhalb nicht den ganzen Oberschenkel. Nur an gotischen Harnischen vom Ende dieses Jahrhunderts, welche gemeiniglich nur kleine Beintaschen und zuweilen auch gar keine besaſsen, reichten sie hart bis an die Leisten hinauf. Von der Mitte des 15. Jahrhunderts trifft man italienische und bur- gundische Harnische, deren Kniebuckelgeschübe nach auf- und abwärts spitz zugeschnitten werden. Das untere dieser Geschübe hängt mit der Beinröhre mittelst eines Drehbolzens (goujon-tourniquet) zusammen, eine Verbindung, die stellbar ist und eine Verlängerung oder Ver- kürzung der Beinröhre zuläſst. (Fig. 121.) Bald nach dem Beginne des 16. Jahrhunderts erschienen die geschobenen Diechlinge, aus einem System von 8 bis 10 quer angeordneten Folgenschienen be- stehend. Diese Neuerung führte um 1520 zu der Verbindung der Diechlinge mit den Bauchreifen und zur Bildung der Schöſse. Bein- zeuge für das Feld wie für alle Turnierarten zu Roſs besitzen durch- weg in den Kniebeugen offene Gelenke, nur das Beinzeug für den Fuſskampf ist in der Regel dortselbst mittelst Folgen geschlossen; dann ist aber auch der Diechling als eine vollständige Röhre gebildet.
Die Form der Beinzeuge an Maximiliansharnischen werden wir an den Darstellungen dieser Gattung am besten ersehen, wir bemerken
Boeheim, Waffenkunde. 8
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7. Das Beinzeug.
noch nebenher dadurch bemerkenswert ist, als wir jeden Harnisch
als „ganzen“ benennen, der mit Beinröhren und Schuhen ausgestattet
ist, während wir im Gegenfalle denselben als „halben“ bezeichnen.
Der Lentner des 14. Jahrhunderts deckte noch bis an den halben
Oberschenkel, dem entsprechend reichten auch die Diechlinge nicht
sehr hoch an demselben hinauf. Gegen Ende des Jahrhunderts gefiel
man sich in kurzen Lentner. Das veranlaſste zu einer Verlängerung
der Diechlinge nach aufwärts durch Ansetzen eines weiteren Stückes.
Dadurch entstand der Oberdiechling, während das ursprüngliche
Stück nun Unterdiechling genannt wurde. Man behielt diese
Teilung aus der Ursache bei, weil je nach der Deckung, die dieser
oder jener Brustharnisch mit seinen Bauchreifen und Beintaschen
gewährte, ein kürzerer oder längerer Diechling sich empfahl. Später,
im 16. Jahrhundert, trat ein anderer Grund hervor, der Diechlinge
verschiedener Längen nötig machte. Die kurzen spanischen Bausch-
höschen gestatteten nur das Anlegen der Unterdiechlinge, während in
voller Feld- oder Turnierausrüstung die Oberdiechlinge unentbehrlich
waren.
Der Diechling, mittelst zweier Riemen an den Schenkel geschnallt,
erhält in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts eine weitere Be-
festigung mittelst Schnüren an den Leibgürtel, um das Abrutschen
desselben zu verhindern. Zu diesem Zwecke wurde am Oberrande
ein Lederlappen angenietet, durch dessen Löcher die Schnüre liefen,
mit welchen der Diechling an den Gürtel befestigt wurde. Diese Be-
festigungsart erhält sich bis an den Schluſs des 16. Jahrh. (Fig. 124.)
Die Oberdiechlinge deckten im 15. Jahrhundert oberhalb nicht den
ganzen Oberschenkel. Nur an gotischen Harnischen vom Ende dieses
Jahrhunderts, welche gemeiniglich nur kleine Beintaschen und zuweilen
auch gar keine besaſsen, reichten sie hart bis an die Leisten hinauf.
Von der Mitte des 15. Jahrhunderts trifft man italienische und bur-
gundische Harnische, deren Kniebuckelgeschübe nach auf- und abwärts
spitz zugeschnitten werden. Das untere dieser Geschübe hängt mit der
Beinröhre mittelst eines Drehbolzens (goujon-tourniquet) zusammen,
eine Verbindung, die stellbar ist und eine Verlängerung oder Ver-
kürzung der Beinröhre zuläſst. (Fig. 121.) Bald nach dem Beginne
des 16. Jahrhunderts erschienen die geschobenen Diechlinge, aus
einem System von 8 bis 10 quer angeordneten Folgenschienen be-
stehend. Diese Neuerung führte um 1520 zu der Verbindung der
Diechlinge mit den Bauchreifen und zur Bildung der Schöſse. Bein-
zeuge für das Feld wie für alle Turnierarten zu Roſs besitzen durch-
weg in den Kniebeugen offene Gelenke, nur das Beinzeug für den
Fuſskampf ist in der Regel dortselbst mittelst Folgen geschlossen; dann
ist aber auch der Diechling als eine vollständige Röhre gebildet.
Die Form der Beinzeuge an Maximiliansharnischen werden wir
an den Darstellungen dieser Gattung am besten ersehen, wir bemerken
Boeheim, Waffenkunde. 8
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/131>, abgerufen am 23.11.2024.
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