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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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I. Die Schutzwaffen.
selbe nicht zu erschwingen vermochte. Diese bedienten sich eines
am Ende des 12. Jahrhunderts neu auftretenden, eigentümlich gearbei-
teten Hauberts, und einer damit verbundenen Brünne, die man im
Altfranzösischen armure treslice (treillie) benannte. Dieses Kleid
bestand aus zweimal gesottenem Leder, auf welches der Quere nach
Lederstreifen mittelst starker Tiersehnen genäht wurden. Auf jedem
dieser Streifen wurden Eisenringelchen dicht aneinander gefädelt, die
[Abbildung] Fig. 145.

Krieger
aus der Handschrift 69 der
Bibliothek im Haag. Ende
des 12. Jahrhunderts. Nach
van der Kellen. T. 73.

durch zwischen den Ringelreihen liegende
Lederstreifen fest und flach liegend erhalten
wurden. Diese Art Harnische, von späteren
deutschen Schriftstellern nicht sehr glücklich
"lederstreifige" benannt, erhalten sich bis ins
14. Jahrhundert im Gebrauche. (Fig. 142.)

Schon am Schlusse des 11. Jahrhunderts
waren die Unterschenkel der geharnischten
Reiter, wie wir gesehen haben, mit Harnisch-
zeug geschützt, und nicht selten begegnen
wir schon damals Hauberts und Eisenhosen
(eisenhuse) an den unteren Extremitäten, die
sackartig gestaltet waren, somit zugleich die
Hände und Vorfüsse bedecken. Diese Art
wird auch bei den Harnischen des 12. Jahr-
hunderts wieder aufgenommen (Fig. 143 und
144). Der aus Lederstreifen und Ringen ge-
bildete, wie der aus Maschen bestehende
Harnisch deckt gleichfalls Hände und Vor-
füsse, nur werden die inneren Handflächen
der ersteren, die Sohlen der letzteren, ferner
die Sitzflächen, endlich die Achselhöhlen von
der Panzerung frei gelassen. Minder ansehn-
liche Reiter tragen auch nur die vorderen
Flächen der Schenkel mit einem Stück Panzer-
zeug bedeckt, das rückwärts gebunden wird.
(Fig. 145.)

Mit der Zunahme der Bedeutung des
Rittertums kam der Fussstreiter allmählich
ausser Beachtung, seiner Ausrüstung wurde
immer weniger Aufmerksamkeit zugewendet.
Daher kommt es, dass wir den zum Knecht
heruntergesunkenen Fussstreiter in den Minia-
turen des 12. und 13. Jahrhunderts entweder
ganz vermissen, oder in den mannigfachsten Ausrüstungen und mit
der verschiedensten Bewaffnung antreffen. Bogenschützen und die
späteren Armrustschützen erhielten sich zwar jeweilig durch ihre Ge-
wandtheit und Leistungsfähigkeit in einer gewissen Achtung; aber gerade

I. Die Schutzwaffen.
selbe nicht zu erschwingen vermochte. Diese bedienten sich eines
am Ende des 12. Jahrhunderts neu auftretenden, eigentümlich gearbei-
teten Hauberts, und einer damit verbundenen Brünne, die man im
Altfranzösischen armure treslice (treillie) benannte. Dieses Kleid
bestand aus zweimal gesottenem Leder, auf welches der Quere nach
Lederstreifen mittelst starker Tiersehnen genäht wurden. Auf jedem
dieser Streifen wurden Eisenringelchen dicht aneinander gefädelt, die
[Abbildung] Fig. 145.

Krieger
aus der Handschrift 69 der
Bibliothek im Haag. Ende
des 12. Jahrhunderts. Nach
van der Kellen. T. 73.

durch zwischen den Ringelreihen liegende
Lederstreifen fest und flach liegend erhalten
wurden. Diese Art Harnische, von späteren
deutschen Schriftstellern nicht sehr glücklich
„lederstreifige“ benannt, erhalten sich bis ins
14. Jahrhundert im Gebrauche. (Fig. 142.)

Schon am Schlusse des 11. Jahrhunderts
waren die Unterschenkel der geharnischten
Reiter, wie wir gesehen haben, mit Harnisch-
zeug geschützt, und nicht selten begegnen
wir schon damals Hauberts und Eisenhosen
(îsenhuse) an den unteren Extremitäten, die
sackartig gestaltet waren, somit zugleich die
Hände und Vorfüſse bedecken. Diese Art
wird auch bei den Harnischen des 12. Jahr-
hunderts wieder aufgenommen (Fig. 143 und
144). Der aus Lederstreifen und Ringen ge-
bildete, wie der aus Maschen bestehende
Harnisch deckt gleichfalls Hände und Vor-
füſse, nur werden die inneren Handflächen
der ersteren, die Sohlen der letzteren, ferner
die Sitzflächen, endlich die Achselhöhlen von
der Panzerung frei gelassen. Minder ansehn-
liche Reiter tragen auch nur die vorderen
Flächen der Schenkel mit einem Stück Panzer-
zeug bedeckt, das rückwärts gebunden wird.
(Fig. 145.)

Mit der Zunahme der Bedeutung des
Rittertums kam der Fuſsstreiter allmählich
auſser Beachtung, seiner Ausrüstung wurde
immer weniger Aufmerksamkeit zugewendet.
Daher kommt es, daſs wir den zum Knecht
heruntergesunkenen Fuſsstreiter in den Minia-
turen des 12. und 13. Jahrhunderts entweder
ganz vermissen, oder in den mannigfachsten Ausrüstungen und mit
der verschiedensten Bewaffnung antreffen. Bogenschützen und die
späteren Armrustschützen erhielten sich zwar jeweilig durch ihre Ge-
wandtheit und Leistungsfähigkeit in einer gewissen Achtung; aber gerade

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[132/0150] I. Die Schutzwaffen. selbe nicht zu erschwingen vermochte. Diese bedienten sich eines am Ende des 12. Jahrhunderts neu auftretenden, eigentümlich gearbei- teten Hauberts, und einer damit verbundenen Brünne, die man im Altfranzösischen armure treslice (treillie) benannte. Dieses Kleid bestand aus zweimal gesottenem Leder, auf welches der Quere nach Lederstreifen mittelst starker Tiersehnen genäht wurden. Auf jedem dieser Streifen wurden Eisenringelchen dicht aneinander gefädelt, die [Abbildung Fig. 145. Krieger aus der Handschrift 69 der Bibliothek im Haag. Ende des 12. Jahrhunderts. Nach van der Kellen. T. 73.] durch zwischen den Ringelreihen liegende Lederstreifen fest und flach liegend erhalten wurden. Diese Art Harnische, von späteren deutschen Schriftstellern nicht sehr glücklich „lederstreifige“ benannt, erhalten sich bis ins 14. Jahrhundert im Gebrauche. (Fig. 142.) Schon am Schlusse des 11. Jahrhunderts waren die Unterschenkel der geharnischten Reiter, wie wir gesehen haben, mit Harnisch- zeug geschützt, und nicht selten begegnen wir schon damals Hauberts und Eisenhosen (îsenhuse) an den unteren Extremitäten, die sackartig gestaltet waren, somit zugleich die Hände und Vorfüſse bedecken. Diese Art wird auch bei den Harnischen des 12. Jahr- hunderts wieder aufgenommen (Fig. 143 und 144). Der aus Lederstreifen und Ringen ge- bildete, wie der aus Maschen bestehende Harnisch deckt gleichfalls Hände und Vor- füſse, nur werden die inneren Handflächen der ersteren, die Sohlen der letzteren, ferner die Sitzflächen, endlich die Achselhöhlen von der Panzerung frei gelassen. Minder ansehn- liche Reiter tragen auch nur die vorderen Flächen der Schenkel mit einem Stück Panzer- zeug bedeckt, das rückwärts gebunden wird. (Fig. 145.) Mit der Zunahme der Bedeutung des Rittertums kam der Fuſsstreiter allmählich auſser Beachtung, seiner Ausrüstung wurde immer weniger Aufmerksamkeit zugewendet. Daher kommt es, daſs wir den zum Knecht heruntergesunkenen Fuſsstreiter in den Minia- turen des 12. und 13. Jahrhunderts entweder ganz vermissen, oder in den mannigfachsten Ausrüstungen und mit der verschiedensten Bewaffnung antreffen. Bogenschützen und die späteren Armrustschützen erhielten sich zwar jeweilig durch ihre Ge- wandtheit und Leistungsfähigkeit in einer gewissen Achtung; aber gerade

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/150>, abgerufen am 23.11.2024.