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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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Der Harnisch für den Mann in seiner Gesamtheit.
jenes des Waffenschmiedes gemacht
hatte. Der Helm erweiterte sich
so, dass er nun nicht mehr auf
der Stirne sitzt, sondern auf den
Kopf gestülpt werden muss. Der
Haubert wird etwas kürzer, schon
um 1200 reichte er nur mehr bis
über die Hälfte der Oberschenkel;
sowohl der Topfhelm, wie auch
Schwert und Dolch werden mittelst
Ketten vorn an der Brust ange-
heftet, die Schultern wie auch die
Kniescheiben werden durch zur
Zeit noch sehr kleine Eisen-
scheiben gedeckt. Auf den Helmen
erscheinen die heraldischen Zeichen
plastischer Darstellung (Zimiere) in
immer verschiedenerer Gestaltung.
Auch das Waffenhemd erhält die
Farbe seines Trägers. Der Schild,
um 1200 noch fast in voller Länge
des normanischen, wird im Ver-
laufe des 13. Jahrhunderts, nach
Massgabe als der Beinharnisch
solider wird, kürzer und kleiner.

Gegen den Ausgang des
13. Jahrhunderts wird unter dem
schweren Topfhelm die kleine
Beckenhaube getragen, welche,
nahezu halbkugelförmig gebildet,
über die Brünne aufgesetzt wird.
Dieselbe erhält an jenen Punkten,
wo der Topfhelm aufsitzt, Polste-
rungen, um den Druck zu mildern;
dadurch bildet sich die Helm-
binde
, die später, als die Topf-
helme abkommen, nur mehr eine
dekorative Bedeutung hat. Gegen
das Ende des 13. Jahrhunderts
werden die Beine, wenn sie nicht
durch Maschenpanzer gedeckt sind,
an den vorderen Flächen mit
starken, gesottenen Rindsleder-
streifen gesichert, die rückwärts
angeschnallt werden. Der Schwert-

[Abbildung] Fig. 147.

Grabrelief, in Kupfer gegossen,
des Sir Johan D'Aubernoun Ritter, in der Kirche
von Stoke D'Abernon in der Grafschaft Surrey
v. J. 1277. Das älteste Beispiel eines Grab-
steines mit bildlicher Darstellung des Verstor-
benen. Nach Schultz.

Der Harnisch für den Mann in seiner Gesamtheit.
jenes des Waffenschmiedes gemacht
hatte. Der Helm erweiterte sich
so, daſs er nun nicht mehr auf
der Stirne sitzt, sondern auf den
Kopf gestülpt werden muſs. Der
Haubert wird etwas kürzer, schon
um 1200 reichte er nur mehr bis
über die Hälfte der Oberschenkel;
sowohl der Topfhelm, wie auch
Schwert und Dolch werden mittelst
Ketten vorn an der Brust ange-
heftet, die Schultern wie auch die
Kniescheiben werden durch zur
Zeit noch sehr kleine Eisen-
scheiben gedeckt. Auf den Helmen
erscheinen die heraldischen Zeichen
plastischer Darstellung (Zimiere) in
immer verschiedenerer Gestaltung.
Auch das Waffenhemd erhält die
Farbe seines Trägers. Der Schild,
um 1200 noch fast in voller Länge
des normanischen, wird im Ver-
laufe des 13. Jahrhunderts, nach
Maſsgabe als der Beinharnisch
solider wird, kürzer und kleiner.

Gegen den Ausgang des
13. Jahrhunderts wird unter dem
schweren Topfhelm die kleine
Beckenhaube getragen, welche,
nahezu halbkugelförmig gebildet,
über die Brünne aufgesetzt wird.
Dieselbe erhält an jenen Punkten,
wo der Topfhelm aufsitzt, Polste-
rungen, um den Druck zu mildern;
dadurch bildet sich die Helm-
binde
, die später, als die Topf-
helme abkommen, nur mehr eine
dekorative Bedeutung hat. Gegen
das Ende des 13. Jahrhunderts
werden die Beine, wenn sie nicht
durch Maschenpanzer gedeckt sind,
an den vorderen Flächen mit
starken, gesottenen Rindsleder-
streifen gesichert, die rückwärts
angeschnallt werden. Der Schwert-

[Abbildung] Fig. 147.

Grabrelief, in Kupfer gegossen,
des Sir Johan D’Aubernoun Ritter, in der Kirche
von Stoke D’Abernon in der Grafschaft Surrey
v. J. 1277. Das älteste Beispiel eines Grab-
steines mit bildlicher Darstellung des Verstor-
benen. Nach Schultz.

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[135/0153] Der Harnisch für den Mann in seiner Gesamtheit. jenes des Waffenschmiedes gemacht hatte. Der Helm erweiterte sich so, daſs er nun nicht mehr auf der Stirne sitzt, sondern auf den Kopf gestülpt werden muſs. Der Haubert wird etwas kürzer, schon um 1200 reichte er nur mehr bis über die Hälfte der Oberschenkel; sowohl der Topfhelm, wie auch Schwert und Dolch werden mittelst Ketten vorn an der Brust ange- heftet, die Schultern wie auch die Kniescheiben werden durch zur Zeit noch sehr kleine Eisen- scheiben gedeckt. Auf den Helmen erscheinen die heraldischen Zeichen plastischer Darstellung (Zimiere) in immer verschiedenerer Gestaltung. Auch das Waffenhemd erhält die Farbe seines Trägers. Der Schild, um 1200 noch fast in voller Länge des normanischen, wird im Ver- laufe des 13. Jahrhunderts, nach Maſsgabe als der Beinharnisch solider wird, kürzer und kleiner. Gegen den Ausgang des 13. Jahrhunderts wird unter dem schweren Topfhelm die kleine Beckenhaube getragen, welche, nahezu halbkugelförmig gebildet, über die Brünne aufgesetzt wird. Dieselbe erhält an jenen Punkten, wo der Topfhelm aufsitzt, Polste- rungen, um den Druck zu mildern; dadurch bildet sich die Helm- binde, die später, als die Topf- helme abkommen, nur mehr eine dekorative Bedeutung hat. Gegen das Ende des 13. Jahrhunderts werden die Beine, wenn sie nicht durch Maschenpanzer gedeckt sind, an den vorderen Flächen mit starken, gesottenen Rindsleder- streifen gesichert, die rückwärts angeschnallt werden. Der Schwert- [Abbildung Fig. 147. Grabrelief, in Kupfer gegossen, des Sir Johan D’Aubernoun Ritter, in der Kirche von Stoke D’Abernon in der Grafschaft Surrey v. J. 1277. Das älteste Beispiel eines Grab- steines mit bildlicher Darstellung des Verstor- benen. Nach Schultz.]

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/153>, abgerufen am 24.11.2024.