Die Entwickelung des Waffenwesens in ihren Grundzügen.
Faustrohrkugel einen Schutz bot. Damit wurde die Reiterei nicht beweglicher und brauchbarer, wenn sich auch im Laufe der Zeit mit dem martialisch erscheinenden Plattenharnische der Begriff von alter Ritterlichkeit verband. Der Spiess (Schürzer) bildete noch immer die vorzüglichste Angriffswaffe des Reiters, sein Gewicht veranlasste um 1460, ihn beim Anrennen auf einen Haken, Rüsthaken, aufzulegen, der an der rechten Seite des Bruststückes angebracht war. Schwert und Dolch waren gleich dem Topfhelm seit dem 13. Jahrhundert mittelst Ketten an dem Haubert befestigt, um sie im Schlachtgewühle nicht zu verlieren. Diese verwickelten sich leicht und wurden darum am Beginne des 15. Jahrhunderts abgelegt. Viel hielt der schwere Reiter seit dem 13. Jahrhundert auf ein starkes Schwert mit langer Klinge und auf einen stosskräftigen Dolch.
Schon am Ende des 13. Jahrhunderts entstanden in England, Spanien, in Brabant und in Italien leichte Reiterkorps, welche aus Söldnern bestanden. Sie führten meist keine Spiesse, wohl aber leichte Schwerter und Bögen, später auch Faustrohre (scopiti). Friedrich der Schöne benutzte 1322 die Freundschaft Ungarns zur Mithilfe ungarischer Reiter, die er leider bei Mühldorf nicht zu be- nützen verstand. Immer mehr wuchs das Ansehen der Italiener als leichte Reiter, das sie sich bis ins 17. Jahrhundert zu erhalten wussten. Das Fussvolk gewann seit den Schweizerkriegen eine stets wachsende Bedeutung, damit wurde auch ihrer entsprechenden Be- waffnung allerorts mehr Sorgfalt zugewendet. Diese Sorgfalt äussert sich nicht allein in der stets solider werdenden Form der Angriffs- waffen, sondern auch in dem Bestreben, den immer wertvoller werdenden Mann zu schützen. Der Fussknecht und besonders der Schütze wurde nun durch den Holzschild, ersterer auch durch so- genannte Sturmwände gedeckt, die wohl die Beweglichkeit sehr beeinträchtigten, dennoch aber beim Angriffe viele Vorteile boten. Sie erhalten sich bis gegen das Ende des 15. Jahrhunderts. Im allgemeinen teilte sich das Fussvolk in Spiessknechte und Schützen. Nur die Spanier fochten mit Schwert und Rundschild. Es war um 1320 ein bewegliches und moralisch tüchtiges Element in das Fuss- volk gekommen, der geistige Faktor wuchs in der Kriegskunst, die Taktik entwickelte sich. Ebenso wohl durchdachte als kühn aus- geführte Unternehmungen, Flankenmärsche, Überfälle etc. beweisen das zur Genüge. Dem entsprechend entwickelte sich auch die Waffe, sie wurde handlicher, es wuchs das Streben, eine und dieselbe Waffe für mehrere Zwecke zum Hieb und Stich zu verwenden. Zu un- gemeinem Ruhme gelangten die Schweizer, die ihre eigene Fechtweise besassen, der auch die Bewaffnung entsprach, die im 14. Jahrhundert noch einfach genug war. Sie bestand damals nur aus schwerem Schilde und Spiesse, später bedienten sie sich auch der Helme und Bruststücke, legten den Schild ab und rüsteten sich mit langem
Die Entwickelung des Waffenwesens in ihren Grundzügen.
Faustrohrkugel einen Schutz bot. Damit wurde die Reiterei nicht beweglicher und brauchbarer, wenn sich auch im Laufe der Zeit mit dem martialisch erscheinenden Plattenharnische der Begriff von alter Ritterlichkeit verband. Der Spieſs (Schürzer) bildete noch immer die vorzüglichste Angriffswaffe des Reiters, sein Gewicht veranlaſste um 1460, ihn beim Anrennen auf einen Haken, Rüsthaken, aufzulegen, der an der rechten Seite des Bruststückes angebracht war. Schwert und Dolch waren gleich dem Topfhelm seit dem 13. Jahrhundert mittelst Ketten an dem Haubert befestigt, um sie im Schlachtgewühle nicht zu verlieren. Diese verwickelten sich leicht und wurden darum am Beginne des 15. Jahrhunderts abgelegt. Viel hielt der schwere Reiter seit dem 13. Jahrhundert auf ein starkes Schwert mit langer Klinge und auf einen stoſskräftigen Dolch.
Schon am Ende des 13. Jahrhunderts entstanden in England, Spanien, in Brabant und in Italien leichte Reiterkorps, welche aus Söldnern bestanden. Sie führten meist keine Spieſse, wohl aber leichte Schwerter und Bögen, später auch Faustrohre (scopiti). Friedrich der Schöne benutzte 1322 die Freundschaft Ungarns zur Mithilfe ungarischer Reiter, die er leider bei Mühldorf nicht zu be- nützen verstand. Immer mehr wuchs das Ansehen der Italiener als leichte Reiter, das sie sich bis ins 17. Jahrhundert zu erhalten wuſsten. Das Fuſsvolk gewann seit den Schweizerkriegen eine stets wachsende Bedeutung, damit wurde auch ihrer entsprechenden Be- waffnung allerorts mehr Sorgfalt zugewendet. Diese Sorgfalt äuſsert sich nicht allein in der stets solider werdenden Form der Angriffs- waffen, sondern auch in dem Bestreben, den immer wertvoller werdenden Mann zu schützen. Der Fuſsknecht und besonders der Schütze wurde nun durch den Holzschild, ersterer auch durch so- genannte Sturmwände gedeckt, die wohl die Beweglichkeit sehr beeinträchtigten, dennoch aber beim Angriffe viele Vorteile boten. Sie erhalten sich bis gegen das Ende des 15. Jahrhunderts. Im allgemeinen teilte sich das Fuſsvolk in Spieſsknechte und Schützen. Nur die Spanier fochten mit Schwert und Rundschild. Es war um 1320 ein bewegliches und moralisch tüchtiges Element in das Fuſs- volk gekommen, der geistige Faktor wuchs in der Kriegskunst, die Taktik entwickelte sich. Ebenso wohl durchdachte als kühn aus- geführte Unternehmungen, Flankenmärsche, Überfälle etc. beweisen das zur Genüge. Dem entsprechend entwickelte sich auch die Waffe, sie wurde handlicher, es wuchs das Streben, eine und dieselbe Waffe für mehrere Zwecke zum Hieb und Stich zu verwenden. Zu un- gemeinem Ruhme gelangten die Schweizer, die ihre eigene Fechtweise besaſsen, der auch die Bewaffnung entsprach, die im 14. Jahrhundert noch einfach genug war. Sie bestand damals nur aus schwerem Schilde und Spieſse, später bedienten sie sich auch der Helme und Bruststücke, legten den Schild ab und rüsteten sich mit langem
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[15/0033]
Die Entwickelung des Waffenwesens in ihren Grundzügen.
Faustrohrkugel einen Schutz bot. Damit wurde die Reiterei nicht
beweglicher und brauchbarer, wenn sich auch im Laufe der Zeit mit
dem martialisch erscheinenden Plattenharnische der Begriff von alter
Ritterlichkeit verband. Der Spieſs (Schürzer) bildete noch immer die
vorzüglichste Angriffswaffe des Reiters, sein Gewicht veranlaſste um
1460, ihn beim Anrennen auf einen Haken, Rüsthaken, aufzulegen,
der an der rechten Seite des Bruststückes angebracht war. Schwert
und Dolch waren gleich dem Topfhelm seit dem 13. Jahrhundert
mittelst Ketten an dem Haubert befestigt, um sie im Schlachtgewühle
nicht zu verlieren. Diese verwickelten sich leicht und wurden darum
am Beginne des 15. Jahrhunderts abgelegt. Viel hielt der schwere
Reiter seit dem 13. Jahrhundert auf ein starkes Schwert mit langer
Klinge und auf einen stoſskräftigen Dolch.
Schon am Ende des 13. Jahrhunderts entstanden in England,
Spanien, in Brabant und in Italien leichte Reiterkorps, welche aus
Söldnern bestanden. Sie führten meist keine Spieſse, wohl aber
leichte Schwerter und Bögen, später auch Faustrohre (scopiti).
Friedrich der Schöne benutzte 1322 die Freundschaft Ungarns zur
Mithilfe ungarischer Reiter, die er leider bei Mühldorf nicht zu be-
nützen verstand. Immer mehr wuchs das Ansehen der Italiener als
leichte Reiter, das sie sich bis ins 17. Jahrhundert zu erhalten
wuſsten. Das Fuſsvolk gewann seit den Schweizerkriegen eine stets
wachsende Bedeutung, damit wurde auch ihrer entsprechenden Be-
waffnung allerorts mehr Sorgfalt zugewendet. Diese Sorgfalt äuſsert
sich nicht allein in der stets solider werdenden Form der Angriffs-
waffen, sondern auch in dem Bestreben, den immer wertvoller
werdenden Mann zu schützen. Der Fuſsknecht und besonders der
Schütze wurde nun durch den Holzschild, ersterer auch durch so-
genannte Sturmwände gedeckt, die wohl die Beweglichkeit sehr
beeinträchtigten, dennoch aber beim Angriffe viele Vorteile boten.
Sie erhalten sich bis gegen das Ende des 15. Jahrhunderts. Im
allgemeinen teilte sich das Fuſsvolk in Spieſsknechte und Schützen.
Nur die Spanier fochten mit Schwert und Rundschild. Es war um
1320 ein bewegliches und moralisch tüchtiges Element in das Fuſs-
volk gekommen, der geistige Faktor wuchs in der Kriegskunst, die
Taktik entwickelte sich. Ebenso wohl durchdachte als kühn aus-
geführte Unternehmungen, Flankenmärsche, Überfälle etc. beweisen
das zur Genüge. Dem entsprechend entwickelte sich auch die Waffe,
sie wurde handlicher, es wuchs das Streben, eine und dieselbe Waffe
für mehrere Zwecke zum Hieb und Stich zu verwenden. Zu un-
gemeinem Ruhme gelangten die Schweizer, die ihre eigene Fechtweise
besaſsen, der auch die Bewaffnung entsprach, die im 14. Jahrhundert
noch einfach genug war. Sie bestand damals nur aus schwerem
Schilde und Spieſse, später bedienten sie sich auch der Helme und
Bruststücke, legten den Schild ab und rüsteten sich mit langem
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/33>, abgerufen am 21.11.2024.
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