darauf hin, dass auch Mathias Corvinus, der ja altrömische Krieg- führung sorgfältigst nachahmte, in seinem Heere Schleuderer führte; so wird in der kostbaren Sammlung des Grafen Hans Wilczek ein kleines Schleuderblei bewahrt, dessen Prägung neben einem undeut- lichen Wappen das Wort "Mathias" erkennen lässt.
Die Schleuderbleie des Mittelalters besitzen gleich denen des Altertums eine dattelähnliche Form, doch sind die meisten nicht ge- gossen, sondern aus Bleistücken zugehämmert. Wie diese tragen viele unter ihnen mehrmals übereinander geschlagene Stempel mit In- schriften, die aber nicht wie bei römischen Schleuderbleien trotzige Anrufungen an den Feind, wie: "Nimm", "iss", "dir" etc., sondern meistens Namen von Personen und Städten, wie "Milano", "Biztom", "Hotelin" u. a. bezeichnen (Fig. 465). Bis jetzt wurden bloss deutsche
[Abbildung]
Fig. 464.
Schleuderer, nach einer Miniatur im Codex Balduini Trevirensis, die Romfahrt Kaiser Heinrichs VII. darstellend. 14. Jahr- hundert, Mitte. Nach Irmer.
[Abbildung]
Fig. 465.
Schleuderblei, aus Schlössern in der Umgebung von Treviso stammend. 15. Jahrhundert, Anfang.
und norditalienische Schleuderbleie gefunden. In anderen Ländern ist die Aufmerksamkeit auf den Gegenstand noch wenig rege. Die grösste Zahl der entdeckten Schleuderbleie ist in dem Besitze des Grafen Hans Wilczek in Wien, der sie auf seinem Schlosse Seebarn bewahrt; sie stammen aus Schlössern in der Nähe von Treviso.
Einen Beweis dafür, dass die Schleuder auch in den Streithaufen Kaiser Friedrichs III. in Verwendung kam, finden wir in dem In- ventar des Wiener Zeughauses von 1519, in welchem als im "Ziller- hof" befindlich 32 Schleudern angeführt werden.*) Sie waren zweifels- ohne dort seit vielen Jahrzehnten gelagert, ohne mehr Ausrüstungs- stücke zu bilden.
*) Reichs-Finanzarchiv, Fasz. 31.
II. Die Angriffswaffen.
darauf hin, daſs auch Mathias Corvinus, der ja altrömische Krieg- führung sorgfältigst nachahmte, in seinem Heere Schleuderer führte; so wird in der kostbaren Sammlung des Grafen Hans Wilczek ein kleines Schleuderblei bewahrt, dessen Prägung neben einem undeut- lichen Wappen das Wort „Mathias“ erkennen läſst.
Die Schleuderbleie des Mittelalters besitzen gleich denen des Altertums eine dattelähnliche Form, doch sind die meisten nicht ge- gossen, sondern aus Bleistücken zugehämmert. Wie diese tragen viele unter ihnen mehrmals übereinander geschlagene Stempel mit In- schriften, die aber nicht wie bei römischen Schleuderbleien trotzige Anrufungen an den Feind, wie: „Nimm“, „iſs“, „dir“ etc., sondern meistens Namen von Personen und Städten, wie „Milano“, „Biztom“, „Hotelin“ u. a. bezeichnen (Fig. 465). Bis jetzt wurden bloſs deutsche
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Fig. 464.
Schleuderer, nach einer Miniatur im Codex Balduini Trevirensis, die Romfahrt Kaiser Heinrichs VII. darstellend. 14. Jahr- hundert, Mitte. Nach Irmer.
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Fig. 465.
Schleuderblei, aus Schlössern in der Umgebung von Treviso stammend. 15. Jahrhundert, Anfang.
und norditalienische Schleuderbleie gefunden. In anderen Ländern ist die Aufmerksamkeit auf den Gegenstand noch wenig rege. Die gröſste Zahl der entdeckten Schleuderbleie ist in dem Besitze des Grafen Hans Wilczek in Wien, der sie auf seinem Schlosse Seebarn bewahrt; sie stammen aus Schlössern in der Nähe von Treviso.
Einen Beweis dafür, daſs die Schleuder auch in den Streithaufen Kaiser Friedrichs III. in Verwendung kam, finden wir in dem In- ventar des Wiener Zeughauses von 1519, in welchem als im „Ziller- hof“ befindlich 32 Schleudern angeführt werden.*) Sie waren zweifels- ohne dort seit vielen Jahrzehnten gelagert, ohne mehr Ausrüstungs- stücke zu bilden.
*) Reichs-Finanzarchiv, Fasz. 31.
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II. Die Angriffswaffen.
darauf hin, daſs auch Mathias Corvinus, der ja altrömische Krieg-
führung sorgfältigst nachahmte, in seinem Heere Schleuderer führte;
so wird in der kostbaren Sammlung des Grafen Hans Wilczek ein
kleines Schleuderblei bewahrt, dessen Prägung neben einem undeut-
lichen Wappen das Wort „Mathias“ erkennen läſst.
Die Schleuderbleie des Mittelalters besitzen gleich denen des
Altertums eine dattelähnliche Form, doch sind die meisten nicht ge-
gossen, sondern aus Bleistücken zugehämmert. Wie diese tragen viele
unter ihnen mehrmals übereinander geschlagene Stempel mit In-
schriften, die aber nicht wie bei römischen Schleuderbleien trotzige
Anrufungen an den Feind, wie: „Nimm“, „iſs“, „dir“ etc., sondern
meistens Namen von Personen und Städten, wie „Milano“, „Biztom“,
„Hotelin“ u. a. bezeichnen (Fig. 465). Bis jetzt wurden bloſs deutsche
[Abbildung Fig. 464. Schleuderer, nach einer Miniatur im Codex Balduini
Trevirensis, die Romfahrt Kaiser Heinrichs VII. darstellend. 14. Jahr-
hundert, Mitte. Nach Irmer.]
[Abbildung Fig. 465. Schleuderblei, aus Schlössern in der Umgebung von
Treviso stammend. 15. Jahrhundert, Anfang.]
und norditalienische Schleuderbleie gefunden. In anderen Ländern
ist die Aufmerksamkeit auf den Gegenstand noch wenig rege. Die
gröſste Zahl der entdeckten Schleuderbleie ist in dem Besitze des
Grafen Hans Wilczek in Wien, der sie auf seinem Schlosse Seebarn
bewahrt; sie stammen aus Schlössern in der Nähe von Treviso.
Einen Beweis dafür, daſs die Schleuder auch in den Streithaufen
Kaiser Friedrichs III. in Verwendung kam, finden wir in dem In-
ventar des Wiener Zeughauses von 1519, in welchem als im „Ziller-
hof“ befindlich 32 Schleudern angeführt werden. *) Sie waren zweifels-
ohne dort seit vielen Jahrzehnten gelagert, ohne mehr Ausrüstungs-
stücke zu bilden.
*) Reichs-Finanzarchiv, Fasz. 31.
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/406>, abgerufen am 22.11.2024.
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