Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

D. Fernwaffen. 4. Die Feuerwaffen.
allgemeinen Begriff beibehalten wird. Kleinere Bombarden erscheinen
in Frankreich unter dem Namen bombardelles, aber schon um
1300 auch als canons, ein Wort, das sich gewiss von canne, Rohr,
ableitet und ursprünglich sich auf alle kleineren Kaliber bis zur Hand-
feuerwaffe bezog. Für das schwere Wurfgeschütz, den Mörser,
kommt am Ende des 15. Jahrhunderts die Bezeichnung mortier in
Aufnahme.

Der Name Artillerie erscheint in Burgund und Frankreich schon
im 14. Jahrhundert für das Geschützwesen, gleichviel ob hierbei
Wurfmaschinen oder Pulvergeschütze in Gebrauch kamen. Allgemeiner
wird der Ausdruck erst im 15. Jahrhundert, nach Deutschland gelangt
er verstümmelt in vermutlich unrichtiger Ableitung von arco, der
Bogen. Bogen- und Armrustmacher erscheinen unter der Bezeichnung

[Abbildung] Fig. 512.

Belagerungsgeschütz in Stellung, mit Blende.
14. Jahrhundert. Nach Froissard.

Artilleurs (Künstler), so Jean l'Artilleur, der Bogenmacher in Brüssel
1400. Später wurde das gesamte Schiesswesen unter dem Begriffe
Artillerie zusammengefasst, schliesslich aber dieser Begriff nur auf das
Geschützwesen allein bezogen. Alle übrigen Bezeichnungen im
Deutschen, wie Arkelei, Arcolei etc., beruhen auf schlechter Schreib-
weise und Verkrüppelung dieses Wortes.

Schon um 1305 geschieht der "Kanone von Metall" in Italien
Erwähnung, doch treten in Deutschland gegossene Geschütze von
grösserem Kaliber in bedeutenderer Zahl erst am Ende des 14. Jahr-
hunderts auf. Diese waren nicht gebohrt, d. h. das Rohr ging

Boeheim, Waffenkunde. 28

D. Fernwaffen. 4. Die Feuerwaffen.
allgemeinen Begriff beibehalten wird. Kleinere Bombarden erscheinen
in Frankreich unter dem Namen bombardelles, aber schon um
1300 auch als canons, ein Wort, das sich gewiſs von canne, Rohr,
ableitet und ursprünglich sich auf alle kleineren Kaliber bis zur Hand-
feuerwaffe bezog. Für das schwere Wurfgeschütz, den Mörser,
kommt am Ende des 15. Jahrhunderts die Bezeichnung mortier in
Aufnahme.

Der Name Artillerie erscheint in Burgund und Frankreich schon
im 14. Jahrhundert für das Geschützwesen, gleichviel ob hierbei
Wurfmaschinen oder Pulvergeschütze in Gebrauch kamen. Allgemeiner
wird der Ausdruck erst im 15. Jahrhundert, nach Deutschland gelangt
er verstümmelt in vermutlich unrichtiger Ableitung von arco, der
Bogen. Bogen- und Armrustmacher erscheinen unter der Bezeichnung

[Abbildung] Fig. 512.

Belagerungsgeschütz in Stellung, mit Blende.
14. Jahrhundert. Nach Froissard.

Artilleurs (Künstler), so Jean l’Artilleur, der Bogenmacher in Brüssel
1400. Später wurde das gesamte Schieſswesen unter dem Begriffe
Artillerie zusammengefaſst, schlieſslich aber dieser Begriff nur auf das
Geschützwesen allein bezogen. Alle übrigen Bezeichnungen im
Deutschen, wie Arkelei, Arcolei etc., beruhen auf schlechter Schreib-
weise und Verkrüppelung dieses Wortes.

Schon um 1305 geschieht der „Kanone von Metall“ in Italien
Erwähnung, doch treten in Deutschland gegossene Geschütze von
gröſserem Kaliber in bedeutenderer Zahl erst am Ende des 14. Jahr-
hunderts auf. Diese waren nicht gebohrt, d. h. das Rohr ging

Boeheim, Waffenkunde. 28
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0451" n="433"/><fw place="top" type="header">D. Fernwaffen. 4. Die Feuerwaffen.</fw><lb/>
allgemeinen Begriff beibehalten wird. Kleinere Bombarden erscheinen<lb/>
in Frankreich unter dem Namen <hi rendition="#g">bombardelles</hi>, aber schon um<lb/>
1300 auch als <hi rendition="#g">canons</hi>, ein Wort, das sich gewi&#x017F;s von canne, Rohr,<lb/>
ableitet und ursprünglich sich auf alle kleineren Kaliber bis zur Hand-<lb/>
feuerwaffe bezog. Für das schwere Wurfgeschütz, den <hi rendition="#g">Mörser</hi>,<lb/>
kommt am Ende des 15. Jahrhunderts die Bezeichnung <hi rendition="#g">mortier</hi> in<lb/>
Aufnahme.</p><lb/>
            <p>Der Name Artillerie erscheint in Burgund und Frankreich schon<lb/>
im 14. Jahrhundert für das Geschützwesen, gleichviel ob hierbei<lb/>
Wurfmaschinen oder Pulvergeschütze in Gebrauch kamen. Allgemeiner<lb/>
wird der Ausdruck erst im 15. Jahrhundert, nach Deutschland gelangt<lb/>
er verstümmelt in vermutlich unrichtiger Ableitung von arco, der<lb/>
Bogen. Bogen- und Armrustmacher erscheinen unter der Bezeichnung<lb/><figure><head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 512.</head><p><hi rendition="#g">Belagerungsgeschütz</hi> in Stellung, mit Blende.<lb/>
14. Jahrhundert. Nach Froissard.</p></figure><lb/>
Artilleurs (Künstler), so <hi rendition="#g">Jean l&#x2019;Artilleur</hi>, der Bogenmacher in Brüssel<lb/>
1400. Später wurde das gesamte Schie&#x017F;swesen unter dem Begriffe<lb/>
Artillerie zusammengefa&#x017F;st, schlie&#x017F;slich aber dieser Begriff nur auf das<lb/>
Geschützwesen allein bezogen. Alle übrigen Bezeichnungen im<lb/>
Deutschen, wie Arkelei, Arcolei etc., beruhen auf schlechter Schreib-<lb/>
weise und Verkrüppelung dieses Wortes.</p><lb/>
            <p>Schon um 1305 geschieht der &#x201E;Kanone von Metall&#x201C; in Italien<lb/>
Erwähnung, doch treten in Deutschland gegossene Geschütze von<lb/>
grö&#x017F;serem Kaliber in bedeutenderer Zahl erst am Ende des 14. Jahr-<lb/>
hunderts auf. Diese waren nicht gebohrt, d. h. das Rohr ging<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Boeheim</hi>, Waffenkunde. 28</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[433/0451] D. Fernwaffen. 4. Die Feuerwaffen. allgemeinen Begriff beibehalten wird. Kleinere Bombarden erscheinen in Frankreich unter dem Namen bombardelles, aber schon um 1300 auch als canons, ein Wort, das sich gewiſs von canne, Rohr, ableitet und ursprünglich sich auf alle kleineren Kaliber bis zur Hand- feuerwaffe bezog. Für das schwere Wurfgeschütz, den Mörser, kommt am Ende des 15. Jahrhunderts die Bezeichnung mortier in Aufnahme. Der Name Artillerie erscheint in Burgund und Frankreich schon im 14. Jahrhundert für das Geschützwesen, gleichviel ob hierbei Wurfmaschinen oder Pulvergeschütze in Gebrauch kamen. Allgemeiner wird der Ausdruck erst im 15. Jahrhundert, nach Deutschland gelangt er verstümmelt in vermutlich unrichtiger Ableitung von arco, der Bogen. Bogen- und Armrustmacher erscheinen unter der Bezeichnung [Abbildung Fig. 512. Belagerungsgeschütz in Stellung, mit Blende. 14. Jahrhundert. Nach Froissard.] Artilleurs (Künstler), so Jean l’Artilleur, der Bogenmacher in Brüssel 1400. Später wurde das gesamte Schieſswesen unter dem Begriffe Artillerie zusammengefaſst, schlieſslich aber dieser Begriff nur auf das Geschützwesen allein bezogen. Alle übrigen Bezeichnungen im Deutschen, wie Arkelei, Arcolei etc., beruhen auf schlechter Schreib- weise und Verkrüppelung dieses Wortes. Schon um 1305 geschieht der „Kanone von Metall“ in Italien Erwähnung, doch treten in Deutschland gegossene Geschütze von gröſserem Kaliber in bedeutenderer Zahl erst am Ende des 14. Jahr- hunderts auf. Diese waren nicht gebohrt, d. h. das Rohr ging Boeheim, Waffenkunde. 28

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/451
Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/451>, abgerufen am 22.11.2024.