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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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III. Die Turnierwaffen.
linke an der Oberseite der Hand wie am Stulp mittelst angebundener
eiserner Scheiben geschützt. Diese waren das Vorbild für die Stiel-
scheiben, die an den Handschuhen der Harnische vom Ende des
15. Jahrhunderts auftreten.

Ging dem Kolbenturnier ein Spiessbrechen voraus, was nicht
selten vorkam, dann wurde an die linke Seite der Stechschild gehängt
und der Riemen lief über die rechte Schulter und unter dem linken
Arm durch. Die Schildform war verschieden, meist dreieckig, später
aber auch viereckig, konkav gebildet, mit schneckenförmig aufgerollten
Rändern, zumeist heraldisch bemalt oder mit Stoff überzogen. Je
nach Bedürfnis waren sie aus Holz, das mit Leder überzogen wurde,
oder aus Eisenblech gefertigt.

Über dem Harnisch trug der Turnierende häufig ein Harnisch-
röckchen (harnaschhemt) von Seide oder feiner Leinwand in den
Farben des Wappens, oft auch mit den wechselnden Figuren desselben.
Die Beine wurden anfänglich mit Panzerwerk (Musszeug) geschützt,
die Kniee im 14. Jahrhundert gleich den spitzen Schuhen mit Eisen-
blech. Später bestand der Beinschutz aus Diechlingen, Kniebuckeln,
Beinröhren und Spitzschuhen von Eisen.

Auch die Pferderüstung zeigte im Turnier einige Abweichungen
von jener im Kriege. Schon für das Kolbenturnier und vermutlich
da zuerst, erhielten die Sättel ein erhöhtes Sitzblatt. So entstanden
die sogenannten "Sättel im hohen Zeug", damit verfolgte man
die Absicht, dass der Reiter in der Handhabung der Waffe durch das
Pferd nicht gehindert war. (Fig. 614.) Die Konstruktion des
Sattels war eine derartige, dass der Reiter nahezu in den Bügeln
stand. Der mit Eisen beschlagene Vordersteg reichte zum Schutze
der Lenden des Reiters sehr hoch hinauf und verbreitete sich
auch stark nach seit- und abwärts. An dem oberen Rande be-
fand sich ein starker eiserner Bügel, um beim Ausfalle dem Reiter
für die linke Hand einen Anhalt zu bieten. Der Hintersteg fehlte
bei derartigen Sätteln zumeist gänzlich, doch umschloss ein eisernes
Band den Körper des Reiters derart, dass dieser nicht vom Pferde
fallen konnte. Der übrige Teil der Pferderüstung war gleich der im
Kriege üblichen, wie wir sie bereits beschrieben haben, nur wäre zu
bemerken, dass das Pferd stets mit einer Parsche aus schwerem Rinds-
leder bedeckt war; darüber wurde eine Decke gelegt, die auch über
den Sattelsteg reichte und gemeiniglich ganz gleich dem Harnisch-
röckchen mit heraldischen Emblemen ausgestattet war. Das Kolben-
turnier zu Ross kam am Ende des 15. Jahrhunderts ausser Übung.
(Fig. 615.)

Schon im frühen Mittelalter kommt neben den beschriebenen
Turnierarten unter ganz ähnlichen Zeremonien eine andere vor, die
von diesen wesentlich absticht. Man nannte sie "Kämpfen", später

III. Die Turnierwaffen.
linke an der Oberseite der Hand wie am Stulp mittelst angebundener
eiserner Scheiben geschützt. Diese waren das Vorbild für die Stiel-
scheiben, die an den Handschuhen der Harnische vom Ende des
15. Jahrhunderts auftreten.

Ging dem Kolbenturnier ein Spieſsbrechen voraus, was nicht
selten vorkam, dann wurde an die linke Seite der Stechschild gehängt
und der Riemen lief über die rechte Schulter und unter dem linken
Arm durch. Die Schildform war verschieden, meist dreieckig, später
aber auch viereckig, konkav gebildet, mit schneckenförmig aufgerollten
Rändern, zumeist heraldisch bemalt oder mit Stoff überzogen. Je
nach Bedürfnis waren sie aus Holz, das mit Leder überzogen wurde,
oder aus Eisenblech gefertigt.

Über dem Harnisch trug der Turnierende häufig ein Harnisch-
röckchen (harnaschhemt) von Seide oder feiner Leinwand in den
Farben des Wappens, oft auch mit den wechselnden Figuren desselben.
Die Beine wurden anfänglich mit Panzerwerk (Muſszeug) geschützt,
die Kniee im 14. Jahrhundert gleich den spitzen Schuhen mit Eisen-
blech. Später bestand der Beinschutz aus Diechlingen, Kniebuckeln,
Beinröhren und Spitzschuhen von Eisen.

Auch die Pferderüstung zeigte im Turnier einige Abweichungen
von jener im Kriege. Schon für das Kolbenturnier und vermutlich
da zuerst, erhielten die Sättel ein erhöhtes Sitzblatt. So entstanden
die sogenannten „Sättel im hohen Zeug“, damit verfolgte man
die Absicht, daſs der Reiter in der Handhabung der Waffe durch das
Pferd nicht gehindert war. (Fig. 614.) Die Konstruktion des
Sattels war eine derartige, daſs der Reiter nahezu in den Bügeln
stand. Der mit Eisen beschlagene Vordersteg reichte zum Schutze
der Lenden des Reiters sehr hoch hinauf und verbreitete sich
auch stark nach seit- und abwärts. An dem oberen Rande be-
fand sich ein starker eiserner Bügel, um beim Ausfalle dem Reiter
für die linke Hand einen Anhalt zu bieten. Der Hintersteg fehlte
bei derartigen Sätteln zumeist gänzlich, doch umschloſs ein eisernes
Band den Körper des Reiters derart, daſs dieser nicht vom Pferde
fallen konnte. Der übrige Teil der Pferderüstung war gleich der im
Kriege üblichen, wie wir sie bereits beschrieben haben, nur wäre zu
bemerken, daſs das Pferd stets mit einer Parsche aus schwerem Rinds-
leder bedeckt war; darüber wurde eine Decke gelegt, die auch über
den Sattelsteg reichte und gemeiniglich ganz gleich dem Harnisch-
röckchen mit heraldischen Emblemen ausgestattet war. Das Kolben-
turnier zu Roſs kam am Ende des 15. Jahrhunderts auſser Übung.
(Fig. 615.)

Schon im frühen Mittelalter kommt neben den beschriebenen
Turnierarten unter ganz ähnlichen Zeremonien eine andere vor, die
von diesen wesentlich absticht. Man nannte sie „Kämpfen“, später

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[526/0544] III. Die Turnierwaffen. linke an der Oberseite der Hand wie am Stulp mittelst angebundener eiserner Scheiben geschützt. Diese waren das Vorbild für die Stiel- scheiben, die an den Handschuhen der Harnische vom Ende des 15. Jahrhunderts auftreten. Ging dem Kolbenturnier ein Spieſsbrechen voraus, was nicht selten vorkam, dann wurde an die linke Seite der Stechschild gehängt und der Riemen lief über die rechte Schulter und unter dem linken Arm durch. Die Schildform war verschieden, meist dreieckig, später aber auch viereckig, konkav gebildet, mit schneckenförmig aufgerollten Rändern, zumeist heraldisch bemalt oder mit Stoff überzogen. Je nach Bedürfnis waren sie aus Holz, das mit Leder überzogen wurde, oder aus Eisenblech gefertigt. Über dem Harnisch trug der Turnierende häufig ein Harnisch- röckchen (harnaschhemt) von Seide oder feiner Leinwand in den Farben des Wappens, oft auch mit den wechselnden Figuren desselben. Die Beine wurden anfänglich mit Panzerwerk (Muſszeug) geschützt, die Kniee im 14. Jahrhundert gleich den spitzen Schuhen mit Eisen- blech. Später bestand der Beinschutz aus Diechlingen, Kniebuckeln, Beinröhren und Spitzschuhen von Eisen. Auch die Pferderüstung zeigte im Turnier einige Abweichungen von jener im Kriege. Schon für das Kolbenturnier und vermutlich da zuerst, erhielten die Sättel ein erhöhtes Sitzblatt. So entstanden die sogenannten „Sättel im hohen Zeug“, damit verfolgte man die Absicht, daſs der Reiter in der Handhabung der Waffe durch das Pferd nicht gehindert war. (Fig. 614.) Die Konstruktion des Sattels war eine derartige, daſs der Reiter nahezu in den Bügeln stand. Der mit Eisen beschlagene Vordersteg reichte zum Schutze der Lenden des Reiters sehr hoch hinauf und verbreitete sich auch stark nach seit- und abwärts. An dem oberen Rande be- fand sich ein starker eiserner Bügel, um beim Ausfalle dem Reiter für die linke Hand einen Anhalt zu bieten. Der Hintersteg fehlte bei derartigen Sätteln zumeist gänzlich, doch umschloſs ein eisernes Band den Körper des Reiters derart, daſs dieser nicht vom Pferde fallen konnte. Der übrige Teil der Pferderüstung war gleich der im Kriege üblichen, wie wir sie bereits beschrieben haben, nur wäre zu bemerken, daſs das Pferd stets mit einer Parsche aus schwerem Rinds- leder bedeckt war; darüber wurde eine Decke gelegt, die auch über den Sattelsteg reichte und gemeiniglich ganz gleich dem Harnisch- röckchen mit heraldischen Emblemen ausgestattet war. Das Kolben- turnier zu Roſs kam am Ende des 15. Jahrhunderts auſser Übung. (Fig. 615.) Schon im frühen Mittelalter kommt neben den beschriebenen Turnierarten unter ganz ähnlichen Zeremonien eine andere vor, die von diesen wesentlich absticht. Man nannte sie „Kämpfen“, später

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 526. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/544>, abgerufen am 22.11.2024.