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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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III. Die Turnierwaffen.
Aufnahme und zu grosser Beliebtheit, das mit den alten Buhurts
einige Ähnlichkeit dadurch hat, dass auch hier in Gruppen turniert
wurde; die Gruppen waren aber durch Schranken getrennt. Bei der
schwärmerischen Verehrung jedoch, welche die alten Gebräuche in den
Adelskreisen genossen, fanden Angehörige des hohen Adels es auch in
jener Zeit ihrer Würde angemessen, wenigstens einen Kampfharnisch zu
besitzen, um sich bei einer etwaigen Herausforderung zum Kampfe stellen
zu können. Etwa vom Jahre 1510 an begannen die Plattner die Har-
nische in ganzen Garnituren so einzurichten, dass einen und denselben
Harnisch durch Veränderung mittelst Wechselstücken ebenso für das
Feld, wie für das Turnier verwendet werden konnte, und um 1560
kam man so weit, dass ein und derselbe Harnisch auch für den Fuss-
kampf zu verwenden war. Viele Kampfharnische, darunter jener des
Albrecht Achilles, Markgrafen von Brandenburg, Karls V.,
[Abbildung] Fig. 619.

Faustschild von Eisen mit einfachem Klingenfänger.
Italienisch. 15. Jahrhundert.
a. Obere Ansicht.
b. Durchschnitt nach der Mitte.

Ferdinands I. und des Erzherzogs Ferdinand von Tirol sind
noch vorhanden. Monarchen bedienten sich der imposanten Kampf-
harnische auch bei Gelegenheit von Festlichkeiten, wie denn auch
Maximilian I. wiederholt in solchen Harnisch gekleidet in H. Burg-
mayrs Holzschnitten erscheint. In diesem Falle benutzte man sie
selbst zu Pferde, zu welchem Zwecke der Kampfschurtz vorne und rück-
wärts bogenförmig ausgeschnitten wurde.

Die Form dieser spätesten Kampfharnische ist, abgesehen von
ihren besonderen Eigentümlichkeiten, des Kampfschurzes, der gescho-
benen breiten Achseln, des fehlenden Rüsthakens, ganz den gewöhn-
lichen gleichzeitigen Harnischen nachgebildet. Häufig finden wir den

III. Die Turnierwaffen.
Aufnahme und zu groſser Beliebtheit, das mit den alten Buhurts
einige Ähnlichkeit dadurch hat, daſs auch hier in Gruppen turniert
wurde; die Gruppen waren aber durch Schranken getrennt. Bei der
schwärmerischen Verehrung jedoch, welche die alten Gebräuche in den
Adelskreisen genossen, fanden Angehörige des hohen Adels es auch in
jener Zeit ihrer Würde angemessen, wenigstens einen Kampfharnisch zu
besitzen, um sich bei einer etwaigen Herausforderung zum Kampfe stellen
zu können. Etwa vom Jahre 1510 an begannen die Plattner die Har-
nische in ganzen Garnituren so einzurichten, daſs einen und denselben
Harnisch durch Veränderung mittelst Wechselstücken ebenso für das
Feld, wie für das Turnier verwendet werden konnte, und um 1560
kam man so weit, daſs ein und derselbe Harnisch auch für den Fuſs-
kampf zu verwenden war. Viele Kampfharnische, darunter jener des
Albrecht Achilles, Markgrafen von Brandenburg, Karls V.,
[Abbildung] Fig. 619.

Faustschild von Eisen mit einfachem Klingenfänger.
Italienisch. 15. Jahrhundert.
a. Obere Ansicht.
b. Durchschnitt nach der Mitte.

Ferdinands I. und des Erzherzogs Ferdinand von Tirol sind
noch vorhanden. Monarchen bedienten sich der imposanten Kampf-
harnische auch bei Gelegenheit von Festlichkeiten, wie denn auch
Maximilian I. wiederholt in solchen Harnisch gekleidet in H. Burg-
mayrs Holzschnitten erscheint. In diesem Falle benutzte man sie
selbst zu Pferde, zu welchem Zwecke der Kampfschurtz vorne und rück-
wärts bogenförmig ausgeschnitten wurde.

Die Form dieser spätesten Kampfharnische ist, abgesehen von
ihren besonderen Eigentümlichkeiten, des Kampfschurzes, der gescho-
benen breiten Achseln, des fehlenden Rüsthakens, ganz den gewöhn-
lichen gleichzeitigen Harnischen nachgebildet. Häufig finden wir den

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[533/0551] III. Die Turnierwaffen. Aufnahme und zu groſser Beliebtheit, das mit den alten Buhurts einige Ähnlichkeit dadurch hat, daſs auch hier in Gruppen turniert wurde; die Gruppen waren aber durch Schranken getrennt. Bei der schwärmerischen Verehrung jedoch, welche die alten Gebräuche in den Adelskreisen genossen, fanden Angehörige des hohen Adels es auch in jener Zeit ihrer Würde angemessen, wenigstens einen Kampfharnisch zu besitzen, um sich bei einer etwaigen Herausforderung zum Kampfe stellen zu können. Etwa vom Jahre 1510 an begannen die Plattner die Har- nische in ganzen Garnituren so einzurichten, daſs einen und denselben Harnisch durch Veränderung mittelst Wechselstücken ebenso für das Feld, wie für das Turnier verwendet werden konnte, und um 1560 kam man so weit, daſs ein und derselbe Harnisch auch für den Fuſs- kampf zu verwenden war. Viele Kampfharnische, darunter jener des Albrecht Achilles, Markgrafen von Brandenburg, Karls V., [Abbildung Fig. 619. Faustschild von Eisen mit einfachem Klingenfänger. Italienisch. 15. Jahrhundert. a. Obere Ansicht. b. Durchschnitt nach der Mitte.] Ferdinands I. und des Erzherzogs Ferdinand von Tirol sind noch vorhanden. Monarchen bedienten sich der imposanten Kampf- harnische auch bei Gelegenheit von Festlichkeiten, wie denn auch Maximilian I. wiederholt in solchen Harnisch gekleidet in H. Burg- mayrs Holzschnitten erscheint. In diesem Falle benutzte man sie selbst zu Pferde, zu welchem Zwecke der Kampfschurtz vorne und rück- wärts bogenförmig ausgeschnitten wurde. Die Form dieser spätesten Kampfharnische ist, abgesehen von ihren besonderen Eigentümlichkeiten, des Kampfschurzes, der gescho- benen breiten Achseln, des fehlenden Rüsthakens, ganz den gewöhn- lichen gleichzeitigen Harnischen nachgebildet. Häufig finden wir den

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/551>, abgerufen am 22.11.2024.