Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Die Schutzwaffen.
Halswänden. Aber in der Form lag ein entschiedener Vorteil, der
Helm sass auf Brust und Schultern auf und wurde auf Brust und
Rücken mittelst Riemen befestigt. Der Kopf bewegte sich frei in
dieser Eisenkugel und die Schläge der Kürissbengel konnten ihm nur
wenig anhaben. Trotzdem verschwinden sie um 1470 bereits, viel-
leicht ihrer Plumpheit halber, vielleicht, weil die Schlagwaffen all-
mählich seltener wurden. Schon mit der Beckenhaube erscheint um
1350 eine Deckung der unteren Gesichtshälfte durch ein Kinnreff,
das zuweilen steif, oft aber aufschlächtig ist. Bildet diese Deckung
keinen Bestandteil des Helmes, so dass sie an der Brust mittelst
Riemen oder Vorsteckkloben haftet, dann bezeichnet man dieselbe
als Bart (baviere).

[Abbildung] Fig. 24.

Eisenkappe mit vergoldeten Ätzungen. Wechselstück
zu einem Harnische des Konrad von Bemelberg. (1494 -- 1567.)
Arbeit des Plattners Valentin Siebenbürger in Nürnberg, die Ätzungen
von Albert Glockendon um 1532.

Gegen das Ende des 14. Jahrhunderts wird die Beckenhaube
allmählich oben flacher und mehr der Kugelform sich annähernd
gebildet. Der Teil im Nacken wird ausgeschweift und von 1420
etwa an bildet sich ein leichter Grat über den Scheitel, damit ent-
steht eine ganz neue Helmform, die Schallern (schelern, salade),
welche bis ans Ende des Jahrhunderts unter Rittern und Söldnern
sich einer grossen Beliebtheit erfreute. Der Name Schallern schreibt
sich ohne Zweifel von dem deutschen Worte Schale her und be-
deutet eigentlich dasselbe wie Beckenhaube. (Fig. 25, 26, 27.)


I. Die Schutzwaffen.
Halswänden. Aber in der Form lag ein entschiedener Vorteil, der
Helm saſs auf Brust und Schultern auf und wurde auf Brust und
Rücken mittelst Riemen befestigt. Der Kopf bewegte sich frei in
dieser Eisenkugel und die Schläge der Küriſsbengel konnten ihm nur
wenig anhaben. Trotzdem verschwinden sie um 1470 bereits, viel-
leicht ihrer Plumpheit halber, vielleicht, weil die Schlagwaffen all-
mählich seltener wurden. Schon mit der Beckenhaube erscheint um
1350 eine Deckung der unteren Gesichtshälfte durch ein Kinnreff,
das zuweilen steif, oft aber aufschlächtig ist. Bildet diese Deckung
keinen Bestandteil des Helmes, so daſs sie an der Brust mittelst
Riemen oder Vorsteckkloben haftet, dann bezeichnet man dieselbe
als Bart (bavière).

[Abbildung] Fig. 24.

Eisenkappe mit vergoldeten Ätzungen. Wechselstück
zu einem Harnische des Konrad von Bemelberg. (1494 — 1567.)
Arbeit des Plattners Valentin Siebenbürger in Nürnberg, die Ätzungen
von Albert Glockendon um 1532.

Gegen das Ende des 14. Jahrhunderts wird die Beckenhaube
allmählich oben flacher und mehr der Kugelform sich annähernd
gebildet. Der Teil im Nacken wird ausgeschweift und von 1420
etwa an bildet sich ein leichter Grat über den Scheitel, damit ent-
steht eine ganz neue Helmform, die Schallern (schêlern, salade),
welche bis ans Ende des Jahrhunderts unter Rittern und Söldnern
sich einer groſsen Beliebtheit erfreute. Der Name Schallern schreibt
sich ohne Zweifel von dem deutschen Worte Schale her und be-
deutet eigentlich dasselbe wie Beckenhaube. (Fig. 25, 26, 27.)


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0056" n="38"/><fw place="top" type="header">I. Die Schutzwaffen.</fw><lb/>
Halswänden. Aber in der Form lag ein entschiedener Vorteil, der<lb/>
Helm sa&#x017F;s auf Brust und Schultern auf und wurde auf Brust und<lb/>
Rücken mittelst Riemen befestigt. Der Kopf bewegte sich frei in<lb/>
dieser Eisenkugel und die Schläge der Küri&#x017F;sbengel konnten ihm nur<lb/>
wenig anhaben. Trotzdem verschwinden sie um 1470 bereits, viel-<lb/>
leicht ihrer Plumpheit halber, vielleicht, weil die Schlagwaffen all-<lb/>
mählich seltener wurden. Schon mit der Beckenhaube erscheint um<lb/>
1350 eine Deckung der unteren Gesichtshälfte durch ein <hi rendition="#g">Kinnreff</hi>,<lb/>
das zuweilen steif, oft aber aufschlächtig ist. Bildet diese Deckung<lb/>
keinen Bestandteil des Helmes, so da&#x017F;s sie an der Brust mittelst<lb/>
Riemen oder Vorsteckkloben haftet, dann bezeichnet man dieselbe<lb/>
als <hi rendition="#g">Bart</hi> (bavière).</p><lb/>
          <figure>
            <head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 24.</head>
            <p><hi rendition="#g">Eisenkappe</hi> mit vergoldeten Ätzungen. Wechselstück<lb/>
zu einem Harnische des <hi rendition="#g">Konrad von Bemelberg</hi>. (1494 &#x2014; 1567.)<lb/>
Arbeit des Plattners <hi rendition="#i">Valentin Siebenbürger</hi> in Nürnberg, die Ätzungen<lb/>
von <hi rendition="#i">Albert Glockendon</hi> um 1532.</p>
          </figure><lb/>
          <p>Gegen das Ende des 14. Jahrhunderts wird die Beckenhaube<lb/>
allmählich oben flacher und mehr der Kugelform sich annähernd<lb/>
gebildet. Der Teil im Nacken wird ausgeschweift und von 1420<lb/>
etwa an bildet sich ein leichter Grat über den Scheitel, damit ent-<lb/>
steht eine ganz neue Helmform, die <hi rendition="#g">Schallern</hi> (schêlern, salade),<lb/>
welche bis ans Ende des Jahrhunderts unter Rittern und Söldnern<lb/>
sich einer gro&#x017F;sen Beliebtheit erfreute. Der Name Schallern schreibt<lb/>
sich ohne Zweifel von dem deutschen Worte Schale her und be-<lb/>
deutet eigentlich dasselbe wie Beckenhaube. (Fig. 25, 26, 27.)</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0056] I. Die Schutzwaffen. Halswänden. Aber in der Form lag ein entschiedener Vorteil, der Helm saſs auf Brust und Schultern auf und wurde auf Brust und Rücken mittelst Riemen befestigt. Der Kopf bewegte sich frei in dieser Eisenkugel und die Schläge der Küriſsbengel konnten ihm nur wenig anhaben. Trotzdem verschwinden sie um 1470 bereits, viel- leicht ihrer Plumpheit halber, vielleicht, weil die Schlagwaffen all- mählich seltener wurden. Schon mit der Beckenhaube erscheint um 1350 eine Deckung der unteren Gesichtshälfte durch ein Kinnreff, das zuweilen steif, oft aber aufschlächtig ist. Bildet diese Deckung keinen Bestandteil des Helmes, so daſs sie an der Brust mittelst Riemen oder Vorsteckkloben haftet, dann bezeichnet man dieselbe als Bart (bavière). [Abbildung Fig. 24. Eisenkappe mit vergoldeten Ätzungen. Wechselstück zu einem Harnische des Konrad von Bemelberg. (1494 — 1567.) Arbeit des Plattners Valentin Siebenbürger in Nürnberg, die Ätzungen von Albert Glockendon um 1532. ] Gegen das Ende des 14. Jahrhunderts wird die Beckenhaube allmählich oben flacher und mehr der Kugelform sich annähernd gebildet. Der Teil im Nacken wird ausgeschweift und von 1420 etwa an bildet sich ein leichter Grat über den Scheitel, damit ent- steht eine ganz neue Helmform, die Schallern (schêlern, salade), welche bis ans Ende des Jahrhunderts unter Rittern und Söldnern sich einer groſsen Beliebtheit erfreute. Der Name Schallern schreibt sich ohne Zweifel von dem deutschen Worte Schale her und be- deutet eigentlich dasselbe wie Beckenhaube. (Fig. 25, 26, 27.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/56
Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/56>, abgerufen am 21.11.2024.