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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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2. Die Aufstellung der Waffen.

Die Anordnung von Waffensammlungen muss sich nach dem Zwecke
richten, welchem sie zu dienen haben. Sind sie in den Händen des
Staates, einer Provinz, einer Gemeinde oder überhaupt öffentlich, dann
muss die Art der Anordnung der Gegenstände dem Bedürfnisse nach
Belehrung strenge entsprechen. Da hat der Dilettantismus oder das
Streben nach dekorativer Wirkung, mit der so häufig die Unkenntnis
bemäntelt wird, kein Wort mitzureden. Die Vorführung muss derart
sein, dass sie den historischen Gedanken festhält, die Entwickelung
des Waffenwesens demonstriert und so nicht nur Material zur Er-
läuterung der politischen, sondern auch der Kulturgeschichte über-
haupt bietet. Die Anordnung muss also eine chronologische sein,
"beginnend mit dem ältesten Stücke und endigend mit dem
jüngsten
". Öffentliche Sammlungen, welche nach anderen Gesichts-
punkten geordnet sind, entsprechen nicht dem wissenschaftlichen
Zwecke, und unter Umständen erscheint eine mehr auf "Bewunderung"
als "Belehrung" abzielende Gruppierung als eine unverantwortliche
Vergeudung des öffentlichen Gutes, der baldmöglichst Schranken ge-
setzt werden sollten.

Halten wir den Gedanken einer strenge chronologisch-synchro-
nistischen Reihung fest, dann gelangt unversehens der einfachste
Gegenstand als ergänzender Teil zu gleicher Wichtigkeit mit den an
sich wertvollsten und seltensten Stücken. Dadurch ergibt sich von
selbst, dass jedes Stück zwar in fachgemässer Zusammenstellung er-
scheinen, aber ausser dekorativer Verbindung mit anderen bleiben muss.

Im nachfolgenden geben wir einige Regeln für die Aufstellung
einer dem erwähnten Grundsatze entsprechenden Waffensammlung.

Ganze Plattenharnische sind auf Figurinen (Gestellen) anzu-
bringen, welche in einfachster Form zu fertigen sind. Man vermeide
es, geschnitzte oder wächserne Gesichter oder Hände beizugeben, die
der Sammlung den Charakter eines Wachsfiguren-Kabinettes geben
würde. Ebenso ist es zweckwidrig, Harnische auf hölzerne Pferde
zu setzen, wodurch die Sättel der Ansicht entzogen werden und vor
der Zeit zu Grunde gehen. Pferdeharnische werden auf Gestelle auf-
gelegt, ebenso halbe Mannsharnische auf Kreuzgestelle gehängt. Kein
Harnisch darf mit einer Angriffs- oder anderen Schutzwaffe in Ver-
bindung vorgeführt werden. Derlei Zusammenstellungen führen nur
zu irrigen Anschauungen und verleiten unwillkürlich zur Erzielung von
theatralischen Effekten. Ein Harnisch ist eben nur ein Harnisch, und
es darf niemand einfallen, sich bei dessen Anblicke einen in Eisen
gekleideten Menschen, etwa einen alten Helden mit gezücktem
Schwerte u. dgl. zu denken. Das ist eine romantische Spielerei. Die
ihrem historischen Werte oder ihrer Form nach interessantesten An-

2. Die Aufstellung der Waffen.

Die Anordnung von Waffensammlungen muſs sich nach dem Zwecke
richten, welchem sie zu dienen haben. Sind sie in den Händen des
Staates, einer Provinz, einer Gemeinde oder überhaupt öffentlich, dann
muſs die Art der Anordnung der Gegenstände dem Bedürfnisse nach
Belehrung strenge entsprechen. Da hat der Dilettantismus oder das
Streben nach dekorativer Wirkung, mit der so häufig die Unkenntnis
bemäntelt wird, kein Wort mitzureden. Die Vorführung muſs derart
sein, daſs sie den historischen Gedanken festhält, die Entwickelung
des Waffenwesens demonstriert und so nicht nur Material zur Er-
läuterung der politischen, sondern auch der Kulturgeschichte über-
haupt bietet. Die Anordnung muſs also eine chronologische sein,
beginnend mit dem ältesten Stücke und endigend mit dem
jüngsten
“. Öffentliche Sammlungen, welche nach anderen Gesichts-
punkten geordnet sind, entsprechen nicht dem wissenschaftlichen
Zwecke, und unter Umständen erscheint eine mehr auf „Bewunderung“
als „Belehrung“ abzielende Gruppierung als eine unverantwortliche
Vergeudung des öffentlichen Gutes, der baldmöglichst Schranken ge-
setzt werden sollten.

Halten wir den Gedanken einer strenge chronologisch-synchro-
nistischen Reihung fest, dann gelangt unversehens der einfachste
Gegenstand als ergänzender Teil zu gleicher Wichtigkeit mit den an
sich wertvollsten und seltensten Stücken. Dadurch ergibt sich von
selbst, daſs jedes Stück zwar in fachgemäſser Zusammenstellung er-
scheinen, aber auſser dekorativer Verbindung mit anderen bleiben muſs.

Im nachfolgenden geben wir einige Regeln für die Aufstellung
einer dem erwähnten Grundsatze entsprechenden Waffensammlung.

Ganze Plattenharnische sind auf Figurinen (Gestellen) anzu-
bringen, welche in einfachster Form zu fertigen sind. Man vermeide
es, geschnitzte oder wächserne Gesichter oder Hände beizugeben, die
der Sammlung den Charakter eines Wachsfiguren-Kabinettes geben
würde. Ebenso ist es zweckwidrig, Harnische auf hölzerne Pferde
zu setzen, wodurch die Sättel der Ansicht entzogen werden und vor
der Zeit zu Grunde gehen. Pferdeharnische werden auf Gestelle auf-
gelegt, ebenso halbe Mannsharnische auf Kreuzgestelle gehängt. Kein
Harnisch darf mit einer Angriffs- oder anderen Schutzwaffe in Ver-
bindung vorgeführt werden. Derlei Zusammenstellungen führen nur
zu irrigen Anschauungen und verleiten unwillkürlich zur Erzielung von
theatralischen Effekten. Ein Harnisch ist eben nur ein Harnisch, und
es darf niemand einfallen, sich bei dessen Anblicke einen in Eisen
gekleideten Menschen, etwa einen alten Helden mit gezücktem
Schwerte u. dgl. zu denken. Das ist eine romantische Spielerei. Die
ihrem historischen Werte oder ihrer Form nach interessantesten An-

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[[582]/0600] 2. Die Aufstellung der Waffen. Die Anordnung von Waffensammlungen muſs sich nach dem Zwecke richten, welchem sie zu dienen haben. Sind sie in den Händen des Staates, einer Provinz, einer Gemeinde oder überhaupt öffentlich, dann muſs die Art der Anordnung der Gegenstände dem Bedürfnisse nach Belehrung strenge entsprechen. Da hat der Dilettantismus oder das Streben nach dekorativer Wirkung, mit der so häufig die Unkenntnis bemäntelt wird, kein Wort mitzureden. Die Vorführung muſs derart sein, daſs sie den historischen Gedanken festhält, die Entwickelung des Waffenwesens demonstriert und so nicht nur Material zur Er- läuterung der politischen, sondern auch der Kulturgeschichte über- haupt bietet. Die Anordnung muſs also eine chronologische sein, „beginnend mit dem ältesten Stücke und endigend mit dem jüngsten“. Öffentliche Sammlungen, welche nach anderen Gesichts- punkten geordnet sind, entsprechen nicht dem wissenschaftlichen Zwecke, und unter Umständen erscheint eine mehr auf „Bewunderung“ als „Belehrung“ abzielende Gruppierung als eine unverantwortliche Vergeudung des öffentlichen Gutes, der baldmöglichst Schranken ge- setzt werden sollten. Halten wir den Gedanken einer strenge chronologisch-synchro- nistischen Reihung fest, dann gelangt unversehens der einfachste Gegenstand als ergänzender Teil zu gleicher Wichtigkeit mit den an sich wertvollsten und seltensten Stücken. Dadurch ergibt sich von selbst, daſs jedes Stück zwar in fachgemäſser Zusammenstellung er- scheinen, aber auſser dekorativer Verbindung mit anderen bleiben muſs. Im nachfolgenden geben wir einige Regeln für die Aufstellung einer dem erwähnten Grundsatze entsprechenden Waffensammlung. Ganze Plattenharnische sind auf Figurinen (Gestellen) anzu- bringen, welche in einfachster Form zu fertigen sind. Man vermeide es, geschnitzte oder wächserne Gesichter oder Hände beizugeben, die der Sammlung den Charakter eines Wachsfiguren-Kabinettes geben würde. Ebenso ist es zweckwidrig, Harnische auf hölzerne Pferde zu setzen, wodurch die Sättel der Ansicht entzogen werden und vor der Zeit zu Grunde gehen. Pferdeharnische werden auf Gestelle auf- gelegt, ebenso halbe Mannsharnische auf Kreuzgestelle gehängt. Kein Harnisch darf mit einer Angriffs- oder anderen Schutzwaffe in Ver- bindung vorgeführt werden. Derlei Zusammenstellungen führen nur zu irrigen Anschauungen und verleiten unwillkürlich zur Erzielung von theatralischen Effekten. Ein Harnisch ist eben nur ein Harnisch, und es darf niemand einfallen, sich bei dessen Anblicke einen in Eisen gekleideten Menschen, etwa einen alten Helden mit gezücktem Schwerte u. dgl. zu denken. Das ist eine romantische Spielerei. Die ihrem historischen Werte oder ihrer Form nach interessantesten An-

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. [582]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/600>, abgerufen am 22.11.2024.