Musee d'Artillerie vereinigt.*) Gegenwärtig ist das Musee im vorderen Trakte des Hotels des Invalides gegen die Esplanade zu im Erdge- schoss und ersten Stockwerke in ziemlich dichter Anordnung auf- gestellt.
Wie schon aus der Art des Zustandekommens und den Schick- salen dieses Museums zu entnehmen ist, leidet es an dem Übelstande, dass viele Gegenstände, die es besitzt, unvollständig sind. Es ver- wahrt Waffen aus allen Ländern und dennoch ist keine Nation, am allerwenigsten Frankreich, derart vertreten, dass man sich ein Bild von der Eigentümlichkeit ihrer Leistungen verschaffen kann. Die fast willkürliche Aufstellung trägt auch nicht dazu bei, das Studium zu er- leichtern. Immerhin besitzt es eine der auserlesensten Sammlungen antiker Waffen und nächst der Wiener und Nürnberger die reichste an Turnierwaffen. Das 16. Jahrhundert ist in jeder Hinsicht am besten vertreten. Bedeutend ist die Sammlung von Feuerwaffen zu nennen, und zahlreiche Unika bilden die Glanzpunkte der Sammlung. Für die Zuschreibungen an bestimmte Personen hat man zumeist kein anderes Beweismittel als äusserliche Anzeichen, Wappen, Devisen etc. und die Tradition.
Das Musee d'Artillerie ist keine eigentliche Waffensammlung nach unseren Begriffen, es enthält ausser Waffen noch ethnographische Gegenstände, Andenken an den Kriegsruhm Frankreichs, Ehrenzeichen, Trophäen, moderne Waffen und Modelle, aber auch Darstellungen der Kriegertracht in Frankreich u. dgl. Sie ist somit mehr eine kulturgeschichtliche Sammlung auf militärischem Gebiete. Nach Aus- scheidung aller derjenigen Stücke, welche für das historische Waffen- wesen keine Bedeutung haben, zählt das Museum nach dem Kataloge von Penguilly l'Haridon mit Zurechnung bekannt gewordener Neu- erwerbungen an 5000 Nummern. An Geschützen und Artillerie- geräten verzeichnet der oben erwähnte Katalog ungefähr 1419 Stücke.
14. Das Musee Cluny in Paris.
Das alte Hotel Cluny in Paris, 1340 an der Stelle der antiken Kaiserthermen der alten Lutetia erbaut, enthält eine reiche Sammlung von Gegenständen der Vergangenheit, und wiewohl die hier bewahrten Waffen an Zahl nur gering sind und kaum 100 Stück übersteigen, so sind sie dennoch so bedeutend an historischem und künstlerischem Werte, dass wir diese wichtige Anstalt hier nicht übergehen dürfen.
*) Die Sammlung vom Schloss Pierrefonds wurde von Napoleon III. 1861 ge- gründet. Sie bestand zum grössten Teile aus der angekauften Sammlung des Fürsten Soltikoff, dann aus gelegentlichen Erwerbungen des Kaisers, endlich aus Objekten, die dem Musee du Louvre gehörten, das eine Domäne des Staates ist. Der Katalog von Penguilly l'Haridon 1867 ist nicht im Buchhandel erschienen.
14. Das Musée Cluny in Paris.
Musée d’Artillerie vereinigt.*) Gegenwärtig ist das Musée im vorderen Trakte des Hôtels des Invalides gegen die Esplanade zu im Erdge- schoſs und ersten Stockwerke in ziemlich dichter Anordnung auf- gestellt.
Wie schon aus der Art des Zustandekommens und den Schick- salen dieses Museums zu entnehmen ist, leidet es an dem Übelstande, daſs viele Gegenstände, die es besitzt, unvollständig sind. Es ver- wahrt Waffen aus allen Ländern und dennoch ist keine Nation, am allerwenigsten Frankreich, derart vertreten, daſs man sich ein Bild von der Eigentümlichkeit ihrer Leistungen verschaffen kann. Die fast willkürliche Aufstellung trägt auch nicht dazu bei, das Studium zu er- leichtern. Immerhin besitzt es eine der auserlesensten Sammlungen antiker Waffen und nächst der Wiener und Nürnberger die reichste an Turnierwaffen. Das 16. Jahrhundert ist in jeder Hinsicht am besten vertreten. Bedeutend ist die Sammlung von Feuerwaffen zu nennen, und zahlreiche Unika bilden die Glanzpunkte der Sammlung. Für die Zuschreibungen an bestimmte Personen hat man zumeist kein anderes Beweismittel als äuſserliche Anzeichen, Wappen, Devisen etc. und die Tradition.
Das Musée d’Artillerie ist keine eigentliche Waffensammlung nach unseren Begriffen, es enthält auſser Waffen noch ethnographische Gegenstände, Andenken an den Kriegsruhm Frankreichs, Ehrenzeichen, Trophäen, moderne Waffen und Modelle, aber auch Darstellungen der Kriegertracht in Frankreich u. dgl. Sie ist somit mehr eine kulturgeschichtliche Sammlung auf militärischem Gebiete. Nach Aus- scheidung aller derjenigen Stücke, welche für das historische Waffen- wesen keine Bedeutung haben, zählt das Museum nach dem Kataloge von Penguilly l’Haridon mit Zurechnung bekannt gewordener Neu- erwerbungen an 5000 Nummern. An Geschützen und Artillerie- geräten verzeichnet der oben erwähnte Katalog ungefähr 1419 Stücke.
14. Das Musée Cluny in Paris.
Das alte Hotel Cluny in Paris, 1340 an der Stelle der antiken Kaiserthermen der alten Lutetia erbaut, enthält eine reiche Sammlung von Gegenständen der Vergangenheit, und wiewohl die hier bewahrten Waffen an Zahl nur gering sind und kaum 100 Stück übersteigen, so sind sie dennoch so bedeutend an historischem und künstlerischem Werte, daſs wir diese wichtige Anstalt hier nicht übergehen dürfen.
*) Die Sammlung vom Schloſs Pierrefonds wurde von Napoleon III. 1861 ge- gründet. Sie bestand zum gröſsten Teile aus der angekauften Sammlung des Fürsten Soltikoff, dann aus gelegentlichen Erwerbungen des Kaisers, endlich aus Objekten, die dem Musée du Louvre gehörten, das eine Domäne des Staates ist. Der Katalog von Penguilly l’Haridon 1867 ist nicht im Buchhandel erschienen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0651"n="633"/><fwplace="top"type="header">14. Das Musée Cluny in Paris.</fw><lb/>
Musée d’Artillerie vereinigt.<noteplace="foot"n="*)">Die Sammlung vom Schloſs Pierrefonds wurde von Napoleon III. 1861 ge-<lb/>
gründet. Sie bestand zum gröſsten Teile aus der angekauften Sammlung des<lb/>
Fürsten Soltikoff, dann aus gelegentlichen Erwerbungen des Kaisers, endlich aus<lb/>
Objekten, die dem Musée du Louvre gehörten, das eine Domäne des Staates ist.<lb/>
Der Katalog von Penguilly l’Haridon 1867 ist nicht im Buchhandel erschienen.</note> Gegenwärtig ist das Musée im vorderen<lb/>
Trakte des Hôtels des Invalides gegen die Esplanade zu im Erdge-<lb/>
schoſs und ersten Stockwerke in ziemlich dichter Anordnung auf-<lb/>
gestellt.</p><lb/><p>Wie schon aus der Art des Zustandekommens und den Schick-<lb/>
salen dieses Museums zu entnehmen ist, leidet es an dem Übelstande,<lb/>
daſs viele Gegenstände, die es besitzt, unvollständig sind. Es ver-<lb/>
wahrt Waffen aus allen Ländern und dennoch ist keine Nation, am<lb/>
allerwenigsten Frankreich, derart vertreten, daſs man sich ein Bild<lb/>
von der Eigentümlichkeit ihrer Leistungen verschaffen kann. Die fast<lb/>
willkürliche Aufstellung trägt auch nicht dazu bei, das Studium zu er-<lb/>
leichtern. Immerhin besitzt es eine der auserlesensten Sammlungen<lb/>
antiker Waffen und nächst der Wiener und Nürnberger die reichste<lb/>
an Turnierwaffen. Das 16. Jahrhundert ist in jeder Hinsicht am<lb/>
besten vertreten. Bedeutend ist die Sammlung von Feuerwaffen zu<lb/>
nennen, und zahlreiche Unika bilden die Glanzpunkte der Sammlung.<lb/>
Für die Zuschreibungen an bestimmte Personen hat man zumeist<lb/>
kein anderes Beweismittel als äuſserliche Anzeichen, Wappen, Devisen<lb/>
etc. und die Tradition.</p><lb/><p>Das Musée d’Artillerie ist keine eigentliche Waffensammlung nach<lb/>
unseren Begriffen, es enthält auſser Waffen noch ethnographische<lb/>
Gegenstände, Andenken an den Kriegsruhm Frankreichs, Ehrenzeichen,<lb/>
Trophäen, moderne Waffen und Modelle, aber auch Darstellungen<lb/>
der Kriegertracht in Frankreich u. dgl. Sie ist somit mehr eine<lb/>
kulturgeschichtliche Sammlung auf militärischem Gebiete. Nach Aus-<lb/>
scheidung aller derjenigen Stücke, welche für das historische Waffen-<lb/>
wesen keine Bedeutung haben, zählt das Museum nach dem Kataloge<lb/>
von Penguilly l’Haridon mit Zurechnung bekannt gewordener Neu-<lb/>
erwerbungen an 5000 Nummern. An Geschützen und Artillerie-<lb/>
geräten verzeichnet der oben erwähnte Katalog ungefähr 1419 Stücke.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">14. Das Musée Cluny in Paris.</hi></head><lb/><p>Das alte Hotel Cluny in Paris, 1340 an der Stelle der antiken<lb/>
Kaiserthermen der alten Lutetia erbaut, enthält eine reiche Sammlung<lb/>
von Gegenständen der Vergangenheit, und wiewohl die hier bewahrten<lb/>
Waffen an Zahl nur gering sind und kaum 100 Stück übersteigen,<lb/>
so sind sie dennoch so bedeutend an historischem und künstlerischem<lb/>
Werte, daſs wir diese wichtige Anstalt hier nicht übergehen dürfen.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[633/0651]
14. Das Musée Cluny in Paris.
Musée d’Artillerie vereinigt. *) Gegenwärtig ist das Musée im vorderen
Trakte des Hôtels des Invalides gegen die Esplanade zu im Erdge-
schoſs und ersten Stockwerke in ziemlich dichter Anordnung auf-
gestellt.
Wie schon aus der Art des Zustandekommens und den Schick-
salen dieses Museums zu entnehmen ist, leidet es an dem Übelstande,
daſs viele Gegenstände, die es besitzt, unvollständig sind. Es ver-
wahrt Waffen aus allen Ländern und dennoch ist keine Nation, am
allerwenigsten Frankreich, derart vertreten, daſs man sich ein Bild
von der Eigentümlichkeit ihrer Leistungen verschaffen kann. Die fast
willkürliche Aufstellung trägt auch nicht dazu bei, das Studium zu er-
leichtern. Immerhin besitzt es eine der auserlesensten Sammlungen
antiker Waffen und nächst der Wiener und Nürnberger die reichste
an Turnierwaffen. Das 16. Jahrhundert ist in jeder Hinsicht am
besten vertreten. Bedeutend ist die Sammlung von Feuerwaffen zu
nennen, und zahlreiche Unika bilden die Glanzpunkte der Sammlung.
Für die Zuschreibungen an bestimmte Personen hat man zumeist
kein anderes Beweismittel als äuſserliche Anzeichen, Wappen, Devisen
etc. und die Tradition.
Das Musée d’Artillerie ist keine eigentliche Waffensammlung nach
unseren Begriffen, es enthält auſser Waffen noch ethnographische
Gegenstände, Andenken an den Kriegsruhm Frankreichs, Ehrenzeichen,
Trophäen, moderne Waffen und Modelle, aber auch Darstellungen
der Kriegertracht in Frankreich u. dgl. Sie ist somit mehr eine
kulturgeschichtliche Sammlung auf militärischem Gebiete. Nach Aus-
scheidung aller derjenigen Stücke, welche für das historische Waffen-
wesen keine Bedeutung haben, zählt das Museum nach dem Kataloge
von Penguilly l’Haridon mit Zurechnung bekannt gewordener Neu-
erwerbungen an 5000 Nummern. An Geschützen und Artillerie-
geräten verzeichnet der oben erwähnte Katalog ungefähr 1419 Stücke.
14. Das Musée Cluny in Paris.
Das alte Hotel Cluny in Paris, 1340 an der Stelle der antiken
Kaiserthermen der alten Lutetia erbaut, enthält eine reiche Sammlung
von Gegenständen der Vergangenheit, und wiewohl die hier bewahrten
Waffen an Zahl nur gering sind und kaum 100 Stück übersteigen,
so sind sie dennoch so bedeutend an historischem und künstlerischem
Werte, daſs wir diese wichtige Anstalt hier nicht übergehen dürfen.
*) Die Sammlung vom Schloſs Pierrefonds wurde von Napoleon III. 1861 ge-
gründet. Sie bestand zum gröſsten Teile aus der angekauften Sammlung des
Fürsten Soltikoff, dann aus gelegentlichen Erwerbungen des Kaisers, endlich aus
Objekten, die dem Musée du Louvre gehörten, das eine Domäne des Staates ist.
Der Katalog von Penguilly l’Haridon 1867 ist nicht im Buchhandel erschienen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 633. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/651>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.