Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

19. Die Sammlung des Arsenales zu Venedig.
an bestimmte Personen begründen sich auf äussere Merkmale an den
Gegenständen selbst. Gegenwärtig wird sie unter der Leitung ihres
Direktors, des Generalleutnants und Senators Conte Raffaele Ca-
dorna
, einer Neuaufstellung unterzogen. Die Armeria dürfte an
Waffenstücken etwa 2500 Nummern zählen.

19. Die Sammlung des Arsenales zu Venedig.

Die Sammlung ist im ersten Stockwerke eines nach vorne ge-
legenen Traktes in dem im Jahre 1304 begonnenen Arsenale unter-
gebracht und nimmt einen einzigen aber sehr ausgedehnten Saal ein.
Für den Bedarf des Staates wurden schon im 14. Jahrhundert be-
deutende Vorräte im Arsenale aufgestapelt. Historische Gedenkstücke
aber wurden bis ins 18. Jahrhundert im Dogenpalaste gesammelt.
Somit ist die Sammlung aus einem Zeughause entstanden, dessen
Inhalt freilich im Laufe der Jahrhunderte zum grössten Teile verloren
ging, denn, abgesehen von einigen wenigen anderen, gehören die
ältesten Stücke der Sammlung erst der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts,
ein nicht geringer Teil der späteren aber dem 16. Jahrhundert an.
Wenngleich die Bewaffnung der Venezianer von 16. Jahrhundert an
vorzugsweise hier studiert werden kann, so ist die Sammlung gleich-
wohl an Gedenkstücken der reichen Geschichte der Republik verhält-
nismässig arm. Der grösste Teil wurde im Taumel der Revolution
1797 geraubt. Zudem gerieten die historischen Traditionen, die an
den Gegenständen haften, unter der militärischen Leitung in Ver-
gessenheit, weshalb die an sich gewiss sehr wertvolle Sammlung mehr
von waffenwissenschaftlicher als von historischer Bedeutung ist. In
künstlerischer und kunsttechnischer Beziehung sind nur einige, aber
erlesene Stücke hervorzuheben. Ein Katalog existiert nicht. Nach
oberflächlicher Schätzung dürfte die Sammlung an 2000 Nummern
zählen.

20. Die Waffensammlung des kaiserl. Hauses in Wien.

Den Grundstock der Waffensammlung des kaiserlichen Hauses
bilden gewissermassen die Hinterlassenschaften Maximilians I. (gest.
1519) und Ferdinands I. (gest. 1564.) Nach dem Ableben dieses
Herrschers wurde der gesamte Nachlass an Waffen unter dessen drei
Söhne geteilt. Der Teil Maximilians II. verblieb in Wien im soge-
nannten Salzburger Hofe, der später umgebaut und zum kaiserlichen
Zeughaus bestimmt wurde, jener Ferdinands von Tirol gelangte nach
Prag und später nach Innsbruck, bez. in's Schloss Ambras, jener Karls
von Steiermarck nach Graz. Nach Karls Tode, 1599, fiel dessen Teil

19. Die Sammlung des Arsenales zu Venedig.
an bestimmte Personen begründen sich auf äuſsere Merkmale an den
Gegenständen selbst. Gegenwärtig wird sie unter der Leitung ihres
Direktors, des Generalleutnants und Senators Conte Raffaele Ca-
dorna
, einer Neuaufstellung unterzogen. Die Armeria dürfte an
Waffenstücken etwa 2500 Nummern zählen.

19. Die Sammlung des Arsenales zu Venedig.

Die Sammlung ist im ersten Stockwerke eines nach vorne ge-
legenen Traktes in dem im Jahre 1304 begonnenen Arsenale unter-
gebracht und nimmt einen einzigen aber sehr ausgedehnten Saal ein.
Für den Bedarf des Staates wurden schon im 14. Jahrhundert be-
deutende Vorräte im Arsenale aufgestapelt. Historische Gedenkstücke
aber wurden bis ins 18. Jahrhundert im Dogenpalaste gesammelt.
Somit ist die Sammlung aus einem Zeughause entstanden, dessen
Inhalt freilich im Laufe der Jahrhunderte zum gröſsten Teile verloren
ging, denn, abgesehen von einigen wenigen anderen, gehören die
ältesten Stücke der Sammlung erst der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts,
ein nicht geringer Teil der späteren aber dem 16. Jahrhundert an.
Wenngleich die Bewaffnung der Venezianer von 16. Jahrhundert an
vorzugsweise hier studiert werden kann, so ist die Sammlung gleich-
wohl an Gedenkstücken der reichen Geschichte der Republik verhält-
nismäſsig arm. Der gröſste Teil wurde im Taumel der Revolution
1797 geraubt. Zudem gerieten die historischen Traditionen, die an
den Gegenständen haften, unter der militärischen Leitung in Ver-
gessenheit, weshalb die an sich gewiſs sehr wertvolle Sammlung mehr
von waffenwissenschaftlicher als von historischer Bedeutung ist. In
künstlerischer und kunsttechnischer Beziehung sind nur einige, aber
erlesene Stücke hervorzuheben. Ein Katalog existiert nicht. Nach
oberflächlicher Schätzung dürfte die Sammlung an 2000 Nummern
zählen.

20. Die Waffensammlung des kaiserl. Hauses in Wien.

Den Grundstock der Waffensammlung des kaiserlichen Hauses
bilden gewissermaſsen die Hinterlassenschaften Maximilians I. (gest.
1519) und Ferdinands I. (gest. 1564.) Nach dem Ableben dieses
Herrschers wurde der gesamte Nachlass an Waffen unter dessen drei
Söhne geteilt. Der Teil Maximilians II. verblieb in Wien im soge-
nannten Salzburger Hofe, der später umgebaut und zum kaiserlichen
Zeughaus bestimmt wurde, jener Ferdinands von Tirol gelangte nach
Prag und später nach Innsbruck, bez. in’s Schloſs Ambras, jener Karls
von Steiermarck nach Graz. Nach Karls Tode, 1599, fiel dessen Teil

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0655" n="637"/><fw place="top" type="header">19. Die Sammlung des Arsenales zu Venedig.</fw><lb/>
an bestimmte Personen begründen sich auf äu&#x017F;sere Merkmale an den<lb/>
Gegenständen selbst. Gegenwärtig wird sie unter der Leitung ihres<lb/>
Direktors, des Generalleutnants und Senators Conte <hi rendition="#g">Raffaele Ca-<lb/>
dorna</hi>, einer Neuaufstellung unterzogen. Die Armeria dürfte an<lb/>
Waffenstücken etwa 2500 Nummern zählen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">19. Die Sammlung des Arsenales zu Venedig.</hi> </head><lb/>
          <p>Die Sammlung ist im ersten Stockwerke eines nach vorne ge-<lb/>
legenen Traktes in dem im Jahre 1304 begonnenen Arsenale unter-<lb/>
gebracht und nimmt einen einzigen aber sehr ausgedehnten Saal ein.<lb/>
Für den Bedarf des Staates wurden schon im 14. Jahrhundert be-<lb/>
deutende Vorräte im Arsenale aufgestapelt. Historische Gedenkstücke<lb/>
aber wurden bis ins 18. Jahrhundert im Dogenpalaste gesammelt.<lb/>
Somit ist die Sammlung aus einem Zeughause entstanden, dessen<lb/>
Inhalt freilich im Laufe der Jahrhunderte zum grö&#x017F;sten Teile verloren<lb/>
ging, denn, abgesehen von einigen wenigen anderen, gehören die<lb/>
ältesten Stücke der Sammlung erst der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts,<lb/>
ein nicht geringer Teil der späteren aber dem 16. Jahrhundert an.<lb/>
Wenngleich die Bewaffnung der Venezianer von 16. Jahrhundert an<lb/>
vorzugsweise hier studiert werden kann, so ist die Sammlung gleich-<lb/>
wohl an Gedenkstücken der reichen Geschichte der Republik verhält-<lb/>
nismä&#x017F;sig arm. Der grö&#x017F;ste Teil wurde im Taumel der Revolution<lb/>
1797 geraubt. Zudem gerieten die historischen Traditionen, die an<lb/>
den Gegenständen haften, unter der militärischen Leitung in Ver-<lb/>
gessenheit, weshalb die an sich gewi&#x017F;s sehr wertvolle Sammlung mehr<lb/>
von waffenwissenschaftlicher als von historischer Bedeutung ist. In<lb/>
künstlerischer und kunsttechnischer Beziehung sind nur einige, aber<lb/>
erlesene Stücke hervorzuheben. Ein Katalog existiert nicht. Nach<lb/>
oberflächlicher Schätzung dürfte die Sammlung an 2000 Nummern<lb/>
zählen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">20. Die Waffensammlung des kaiserl. Hauses in Wien.</hi> </head><lb/>
          <p>Den Grundstock der Waffensammlung des kaiserlichen Hauses<lb/>
bilden gewisserma&#x017F;sen die Hinterlassenschaften Maximilians I. (gest.<lb/>
1519) und Ferdinands I. (gest. 1564.) Nach dem Ableben dieses<lb/>
Herrschers wurde der gesamte Nachlass an Waffen unter dessen drei<lb/>
Söhne geteilt. Der Teil Maximilians II. verblieb in Wien im soge-<lb/>
nannten Salzburger Hofe, der später umgebaut und zum kaiserlichen<lb/>
Zeughaus bestimmt wurde, jener Ferdinands von Tirol gelangte nach<lb/>
Prag und später nach Innsbruck, bez. in&#x2019;s Schlo&#x017F;s Ambras, jener Karls<lb/>
von Steiermarck nach Graz. Nach Karls Tode, 1599, fiel dessen Teil<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[637/0655] 19. Die Sammlung des Arsenales zu Venedig. an bestimmte Personen begründen sich auf äuſsere Merkmale an den Gegenständen selbst. Gegenwärtig wird sie unter der Leitung ihres Direktors, des Generalleutnants und Senators Conte Raffaele Ca- dorna, einer Neuaufstellung unterzogen. Die Armeria dürfte an Waffenstücken etwa 2500 Nummern zählen. 19. Die Sammlung des Arsenales zu Venedig. Die Sammlung ist im ersten Stockwerke eines nach vorne ge- legenen Traktes in dem im Jahre 1304 begonnenen Arsenale unter- gebracht und nimmt einen einzigen aber sehr ausgedehnten Saal ein. Für den Bedarf des Staates wurden schon im 14. Jahrhundert be- deutende Vorräte im Arsenale aufgestapelt. Historische Gedenkstücke aber wurden bis ins 18. Jahrhundert im Dogenpalaste gesammelt. Somit ist die Sammlung aus einem Zeughause entstanden, dessen Inhalt freilich im Laufe der Jahrhunderte zum gröſsten Teile verloren ging, denn, abgesehen von einigen wenigen anderen, gehören die ältesten Stücke der Sammlung erst der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, ein nicht geringer Teil der späteren aber dem 16. Jahrhundert an. Wenngleich die Bewaffnung der Venezianer von 16. Jahrhundert an vorzugsweise hier studiert werden kann, so ist die Sammlung gleich- wohl an Gedenkstücken der reichen Geschichte der Republik verhält- nismäſsig arm. Der gröſste Teil wurde im Taumel der Revolution 1797 geraubt. Zudem gerieten die historischen Traditionen, die an den Gegenständen haften, unter der militärischen Leitung in Ver- gessenheit, weshalb die an sich gewiſs sehr wertvolle Sammlung mehr von waffenwissenschaftlicher als von historischer Bedeutung ist. In künstlerischer und kunsttechnischer Beziehung sind nur einige, aber erlesene Stücke hervorzuheben. Ein Katalog existiert nicht. Nach oberflächlicher Schätzung dürfte die Sammlung an 2000 Nummern zählen. 20. Die Waffensammlung des kaiserl. Hauses in Wien. Den Grundstock der Waffensammlung des kaiserlichen Hauses bilden gewissermaſsen die Hinterlassenschaften Maximilians I. (gest. 1519) und Ferdinands I. (gest. 1564.) Nach dem Ableben dieses Herrschers wurde der gesamte Nachlass an Waffen unter dessen drei Söhne geteilt. Der Teil Maximilians II. verblieb in Wien im soge- nannten Salzburger Hofe, der später umgebaut und zum kaiserlichen Zeughaus bestimmt wurde, jener Ferdinands von Tirol gelangte nach Prag und später nach Innsbruck, bez. in’s Schloſs Ambras, jener Karls von Steiermarck nach Graz. Nach Karls Tode, 1599, fiel dessen Teil

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/655
Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 637. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/655>, abgerufen am 22.11.2024.