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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

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sind ja noch mehr. Sie sind heute noch die offenbar wenig
oder gar nicht veränderten Abbilder unserer ältesten Ahnen auf
Erden.

Mögen sie nun heute noch durch nie zerrissene Lebensfolge
ebenso unmittelbare, unveränderte Nachkommen jener Erstlings¬
generation der Erde sein, wie die Pflanzen und wie wir Tiere
es indirekt und verändert sind, -- oder mögen sie millionenfach
nach dem alten Muster immer wieder neu durch fortgesetzte Ur¬
zeugung entstanden sein, -- auf alle Fälle sind sie Porträts
unserer ältesten Vorfahren. Und ihre Lebensgewohnheiten
malen uns mehr oder minder immer noch, was im Leben
jener schon Gewohnheit gewesen sein mag.

Auch ihre Liebe ist ein Schattenbild, eine letzte, noch in
unser Auge fallende Lichtprojektion der "Urliebe" auf Erden.

Nun zeigt dir aber diese "Liebe", interessant genug, eine
ganze Anzahl unter sich verschiedener Formen. Allerlei Me¬
thoden gleichsam, Ansätze, Varianten, -- ziemlich kunterbunt
durcheinander und scheinbar recht regellos. Blickst du indessen
schärfer hin, so steigt dir eine Vermutung auf. Die vielerlei,
oft äußerlich geringfügigen Varianten der Urzeller-Liebe er¬
scheinen dir höchst bedeutsam, wie alle möglichen zerstreuten
Reminiscenzen an eine bestimmte feste Entwickelungslinie der
ältesten Zeit, -- eine Entwickelungslinie innerhalb der Liebe.

Unwillkürlich machst du dich daran, die Dinge dir noch
einmal zu ordnen. Es ist, als habe dieser noch lebende Ein¬
zeller hier diese Stufe in der Erinnerung bewahrt und vertrete
sie heute in seiner Liebesart noch zäh, -- jener jene, ein dritter
eine dritte, und so fort. Sollte es nicht möglich sein, da eine
ganze logische Kette zurückzufinden?

Du gewahrst sofort folgende Hauptsache. In den vielen
Liebesmethoden der heutigen Einzelligen ist es, als trieben sich
gewissermaßen alle Planken und Wrakstücke noch einer großen,
uralten Brücke herum: der Brücke von der einfachsten Art der
Fortpflanzung überhaupt zur geschlechtlichen Zeugung. Bei

ſind ja noch mehr. Sie ſind heute noch die offenbar wenig
oder gar nicht veränderten Abbilder unſerer älteſten Ahnen auf
Erden.

Mögen ſie nun heute noch durch nie zerriſſene Lebensfolge
ebenſo unmittelbare, unveränderte Nachkommen jener Erſtlings¬
generation der Erde ſein, wie die Pflanzen und wie wir Tiere
es indirekt und verändert ſind, — oder mögen ſie millionenfach
nach dem alten Muſter immer wieder neu durch fortgeſetzte Ur¬
zeugung entſtanden ſein, — auf alle Fälle ſind ſie Porträts
unſerer älteſten Vorfahren. Und ihre Lebensgewohnheiten
malen uns mehr oder minder immer noch, was im Leben
jener ſchon Gewohnheit geweſen ſein mag.

Auch ihre Liebe iſt ein Schattenbild, eine letzte, noch in
unſer Auge fallende Lichtprojektion der „Urliebe“ auf Erden.

Nun zeigt dir aber dieſe „Liebe“, intereſſant genug, eine
ganze Anzahl unter ſich verſchiedener Formen. Allerlei Me¬
thoden gleichſam, Anſätze, Varianten, — ziemlich kunterbunt
durcheinander und ſcheinbar recht regellos. Blickſt du indeſſen
ſchärfer hin, ſo ſteigt dir eine Vermutung auf. Die vielerlei,
oft äußerlich geringfügigen Varianten der Urzeller-Liebe er¬
ſcheinen dir höchſt bedeutſam, wie alle möglichen zerſtreuten
Reminiscenzen an eine beſtimmte feſte Entwickelungslinie der
älteſten Zeit, — eine Entwickelungslinie innerhalb der Liebe.

Unwillkürlich machſt du dich daran, die Dinge dir noch
einmal zu ordnen. Es iſt, als habe dieſer noch lebende Ein¬
zeller hier dieſe Stufe in der Erinnerung bewahrt und vertrete
ſie heute in ſeiner Liebesart noch zäh, — jener jene, ein dritter
eine dritte, und ſo fort. Sollte es nicht möglich ſein, da eine
ganze logiſche Kette zurückzufinden?

Du gewahrſt ſofort folgende Hauptſache. In den vielen
Liebesmethoden der heutigen Einzelligen iſt es, als trieben ſich
gewiſſermaßen alle Planken und Wrakſtücke noch einer großen,
uralten Brücke herum: der Brücke von der einfachſten Art der
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[143/0159] ſind ja noch mehr. Sie ſind heute noch die offenbar wenig oder gar nicht veränderten Abbilder unſerer älteſten Ahnen auf Erden. Mögen ſie nun heute noch durch nie zerriſſene Lebensfolge ebenſo unmittelbare, unveränderte Nachkommen jener Erſtlings¬ generation der Erde ſein, wie die Pflanzen und wie wir Tiere es indirekt und verändert ſind, — oder mögen ſie millionenfach nach dem alten Muſter immer wieder neu durch fortgeſetzte Ur¬ zeugung entſtanden ſein, — auf alle Fälle ſind ſie Porträts unſerer älteſten Vorfahren. Und ihre Lebensgewohnheiten malen uns mehr oder minder immer noch, was im Leben jener ſchon Gewohnheit geweſen ſein mag. Auch ihre Liebe iſt ein Schattenbild, eine letzte, noch in unſer Auge fallende Lichtprojektion der „Urliebe“ auf Erden. Nun zeigt dir aber dieſe „Liebe“, intereſſant genug, eine ganze Anzahl unter ſich verſchiedener Formen. Allerlei Me¬ thoden gleichſam, Anſätze, Varianten, — ziemlich kunterbunt durcheinander und ſcheinbar recht regellos. Blickſt du indeſſen ſchärfer hin, ſo ſteigt dir eine Vermutung auf. Die vielerlei, oft äußerlich geringfügigen Varianten der Urzeller-Liebe er¬ ſcheinen dir höchſt bedeutſam, wie alle möglichen zerſtreuten Reminiscenzen an eine beſtimmte feſte Entwickelungslinie der älteſten Zeit, — eine Entwickelungslinie innerhalb der Liebe. Unwillkürlich machſt du dich daran, die Dinge dir noch einmal zu ordnen. Es iſt, als habe dieſer noch lebende Ein¬ zeller hier dieſe Stufe in der Erinnerung bewahrt und vertrete ſie heute in ſeiner Liebesart noch zäh, — jener jene, ein dritter eine dritte, und ſo fort. Sollte es nicht möglich ſein, da eine ganze logiſche Kette zurückzufinden? Du gewahrſt ſofort folgende Hauptſache. In den vielen Liebesmethoden der heutigen Einzelligen iſt es, als trieben ſich gewiſſermaßen alle Planken und Wrakſtücke noch einer großen, uralten Brücke herum: der Brücke von der einfachſten Art der Fortpflanzung überhaupt zur geſchlechtlichen Zeugung. Bei

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/159>, abgerufen am 21.11.2024.