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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

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die sich alsbald von neuem (wohl schon durch ererbte Nei¬
gung getrieben) zu Bruder- und Schwestergenossenschaften zu¬
sammenscharten.

Nebenbei gesagt: es müssen übrigens auch von früh an
schon Mischkugeln gelegentlich immer einmal dazwischen auf¬
getaucht sein, zunächst Mischkugeln der Art, daß Brüder und
Schwestern sich zu einer Genossenschaft zusammenthaten. Wahr¬
scheinlich kam von vorne herein auch der Fall öfter vor, daß
aus der Verschmelzung einer männlichen und weiblichen Zelle im
Zeugungsakt nicht bloß eine echte männliche oder echte weibliche
Zelle entstand, sondern eine, die sich gemischt teilte: teils männ¬
lich, teils weiblich. Solche Mischkinderkriegerei führte dann auch
zu einer Mischgenossenschaft. Du darfst aber nicht vergessen,
daß auch solche Mischkugel, die im letzteren Falle fortan Samen¬
zellen und Eizellen aus jeder Zelle produzierte, der Aufsuchung
einer zweiten Mischkugel zum Zweck der Zeugung keineswegs
überhoben war. Ihre Teilhaber waren ja trotz des Doppel¬
geschlechts echte Geschwister und brauchten Blutauffrischung durch
Zeugung übers Kreuz. Dieser dritte Fall ist deshalb an sich
sehr lehrreich und du mußt ihn dir besonders merken, da eine
Masse Tiere und vollends eine Unmasse Pflanzen sich auch bei
vervollkommnetem Vielzellorganismus noch immer als solche
"Hermaphroditen" erhalten haben. Durchweg aber muß auch
hier noch immer der Hermaphrodit trotz seiner Doppelgeschlechts¬
teile am gleichen Leibe jedesmal zur Liebe einen zweiten Herm¬
aphroditen suchen und mit ihm die Befruchtung übers Kreuz
vollziehen, damit die Inzucht seine Gattung nicht zu Grunde
richte. Ich komme darauf später noch zurück, -- hier das
Ganze nur nebenbei.

Bleiben wir beim einfachen Fall: wir haben eine volvox¬
artige Kugel, deren Einzelzellen sämtlich männlich sind und
ausschließlich Mannessamenzellen jede für sich abspalten, und
eine zweite solche Kugel, wo alles umgekehrt weiblich ist. Jetzt
tritt jene schöne Arbeitsteilung langsam ins Werk, die den

die ſich alsbald von neuem (wohl ſchon durch ererbte Nei¬
gung getrieben) zu Bruder- und Schweſtergenoſſenſchaften zu¬
ſammenſcharten.

Nebenbei geſagt: es müſſen übrigens auch von früh an
ſchon Miſchkugeln gelegentlich immer einmal dazwiſchen auf¬
getaucht ſein, zunächſt Miſchkugeln der Art, daß Brüder und
Schweſtern ſich zu einer Genoſſenſchaft zuſammenthaten. Wahr¬
ſcheinlich kam von vorne herein auch der Fall öfter vor, daß
aus der Verſchmelzung einer männlichen und weiblichen Zelle im
Zeugungsakt nicht bloß eine echte männliche oder echte weibliche
Zelle entſtand, ſondern eine, die ſich gemiſcht teilte: teils männ¬
lich, teils weiblich. Solche Miſchkinderkriegerei führte dann auch
zu einer Miſchgenoſſenſchaft. Du darfſt aber nicht vergeſſen,
daß auch ſolche Miſchkugel, die im letzteren Falle fortan Samen¬
zellen und Eizellen aus jeder Zelle produzierte, der Aufſuchung
einer zweiten Miſchkugel zum Zweck der Zeugung keineswegs
überhoben war. Ihre Teilhaber waren ja trotz des Doppel¬
geſchlechts echte Geſchwiſter und brauchten Blutauffriſchung durch
Zeugung übers Kreuz. Dieſer dritte Fall iſt deshalb an ſich
ſehr lehrreich und du mußt ihn dir beſonders merken, da eine
Maſſe Tiere und vollends eine Unmaſſe Pflanzen ſich auch bei
vervollkommnetem Vielzellorganismus noch immer als ſolche
„Hermaphroditen“ erhalten haben. Durchweg aber muß auch
hier noch immer der Hermaphrodit trotz ſeiner Doppelgeſchlechts¬
teile am gleichen Leibe jedesmal zur Liebe einen zweiten Herm¬
aphroditen ſuchen und mit ihm die Befruchtung übers Kreuz
vollziehen, damit die Inzucht ſeine Gattung nicht zu Grunde
richte. Ich komme darauf ſpäter noch zurück, — hier das
Ganze nur nebenbei.

Bleiben wir beim einfachen Fall: wir haben eine volvox¬
artige Kugel, deren Einzelzellen ſämtlich männlich ſind und
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[182/0198] die ſich alsbald von neuem (wohl ſchon durch ererbte Nei¬ gung getrieben) zu Bruder- und Schweſtergenoſſenſchaften zu¬ ſammenſcharten. Nebenbei geſagt: es müſſen übrigens auch von früh an ſchon Miſchkugeln gelegentlich immer einmal dazwiſchen auf¬ getaucht ſein, zunächſt Miſchkugeln der Art, daß Brüder und Schweſtern ſich zu einer Genoſſenſchaft zuſammenthaten. Wahr¬ ſcheinlich kam von vorne herein auch der Fall öfter vor, daß aus der Verſchmelzung einer männlichen und weiblichen Zelle im Zeugungsakt nicht bloß eine echte männliche oder echte weibliche Zelle entſtand, ſondern eine, die ſich gemiſcht teilte: teils männ¬ lich, teils weiblich. Solche Miſchkinderkriegerei führte dann auch zu einer Miſchgenoſſenſchaft. Du darfſt aber nicht vergeſſen, daß auch ſolche Miſchkugel, die im letzteren Falle fortan Samen¬ zellen und Eizellen aus jeder Zelle produzierte, der Aufſuchung einer zweiten Miſchkugel zum Zweck der Zeugung keineswegs überhoben war. Ihre Teilhaber waren ja trotz des Doppel¬ geſchlechts echte Geſchwiſter und brauchten Blutauffriſchung durch Zeugung übers Kreuz. Dieſer dritte Fall iſt deshalb an ſich ſehr lehrreich und du mußt ihn dir beſonders merken, da eine Maſſe Tiere und vollends eine Unmaſſe Pflanzen ſich auch bei vervollkommnetem Vielzellorganismus noch immer als ſolche „Hermaphroditen“ erhalten haben. Durchweg aber muß auch hier noch immer der Hermaphrodit trotz ſeiner Doppelgeſchlechts¬ teile am gleichen Leibe jedesmal zur Liebe einen zweiten Herm¬ aphroditen ſuchen und mit ihm die Befruchtung übers Kreuz vollziehen, damit die Inzucht ſeine Gattung nicht zu Grunde richte. Ich komme darauf ſpäter noch zurück, — hier das Ganze nur nebenbei. Bleiben wir beim einfachen Fall: wir haben eine volvox¬ artige Kugel, deren Einzelzellen ſämtlich männlich ſind und ausſchließlich Mannesſamenzellen jede für ſich abſpalten, und eine zweite ſolche Kugel, wo alles umgekehrt weiblich iſt. Jetzt tritt jene ſchöne Arbeitsteilung langſam ins Werk, die den

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/198>, abgerufen am 21.11.2024.