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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

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liche ein, sondern es bleibt jener Riesenrest, es bleibt jener
ganze Fall Goethe, wie er oben dargelegt ist. Und weil es
nicht so ist und sein soll, muß unser Optimismus sich andere
Versicherungen suchen.

Hier ist nun die Stelle, wo ich dich ganz gemach über
die Unsterblichkeit und über Goethe hinweg an etwas ganz
anderes anspinnen möchte, nämlich eben an den lieben Bandwurm.

Die Nutzanwendung wirst du selbst schon finden.

Der Bandwurm ist für uns Menschen ein ärgerlicher Ge¬
selle. Er zählt zu den bösesten Ausbeutern unseres Körpers,
und seine Lebensweise im Dunkel des Darmkanals macht ihn
obenein zum wahren Typus des Unappetitlichen. Und doch
geht es mit ihm, wie mit dem Menschenfleisch in der Anekdote.
Der Missionar eifert gegen die Menschenfresserei als eine Sünde
zugleich und eine Geschmacksroheit. Nein, sagt der zerknirschte
Wilde in einer letzten Auflehnung seines Barbarengewissens,
Sünde mag's schon sein, aber daß es schlecht schmeckte, davon
versteht ihr nun nichts. Unser Todfeind ist der Bandwurm,
aber behaupten, das er darum ein uninteressantes Geschöpf an
sich wäre, heißt wirklich nichts von den Dingen wissen.

Vom Standpunkt der naiven Naturbetrachtung, die sich
um keinen Kriegszustand kümmert, ist der Bandwurm eines
der lehrreichsten Geschöpfe der Erde und ein wahres Natur¬
wunder. Forschern wie Philosophen hat er unendlichen Stoff
zur heißesten Arbeit gegeben. Seit langer Zeit wickelt er sich
durch die Geschichte der Philosophie. Man hatte behauptet,

liche ein, ſondern es bleibt jener Rieſenreſt, es bleibt jener
ganze Fall Goethe, wie er oben dargelegt iſt. Und weil es
nicht ſo iſt und ſein ſoll, muß unſer Optimismus ſich andere
Verſicherungen ſuchen.

Hier iſt nun die Stelle, wo ich dich ganz gemach über
die Unſterblichkeit und über Goethe hinweg an etwas ganz
anderes anſpinnen möchte, nämlich eben an den lieben Bandwurm.

Die Nutzanwendung wirſt du ſelbſt ſchon finden.

Der Bandwurm iſt für uns Menſchen ein ärgerlicher Ge¬
ſelle. Er zählt zu den böſeſten Ausbeutern unſeres Körpers,
und ſeine Lebensweiſe im Dunkel des Darmkanals macht ihn
obenein zum wahren Typus des Unappetitlichen. Und doch
geht es mit ihm, wie mit dem Menſchenfleiſch in der Anekdote.
Der Miſſionar eifert gegen die Menſchenfreſſerei als eine Sünde
zugleich und eine Geſchmacksroheit. Nein, ſagt der zerknirſchte
Wilde in einer letzten Auflehnung ſeines Barbarengewiſſens,
Sünde mag's ſchon ſein, aber daß es ſchlecht ſchmeckte, davon
verſteht ihr nun nichts. Unſer Todfeind iſt der Bandwurm,
aber behaupten, das er darum ein unintereſſantes Geſchöpf an
ſich wäre, heißt wirklich nichts von den Dingen wiſſen.

Vom Standpunkt der naiven Naturbetrachtung, die ſich
um keinen Kriegszuſtand kümmert, iſt der Bandwurm eines
der lehrreichſten Geſchöpfe der Erde und ein wahres Natur¬
wunder. Forſchern wie Philoſophen hat er unendlichen Stoff
zur heißeſten Arbeit gegeben. Seit langer Zeit wickelt er ſich
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[230/0246] liche ein, ſondern es bleibt jener Rieſenreſt, es bleibt jener ganze Fall Goethe, wie er oben dargelegt iſt. Und weil es nicht ſo iſt und ſein ſoll, muß unſer Optimismus ſich andere Verſicherungen ſuchen. Hier iſt nun die Stelle, wo ich dich ganz gemach über die Unſterblichkeit und über Goethe hinweg an etwas ganz anderes anſpinnen möchte, nämlich eben an den lieben Bandwurm. Die Nutzanwendung wirſt du ſelbſt ſchon finden. Der Bandwurm iſt für uns Menſchen ein ärgerlicher Ge¬ ſelle. Er zählt zu den böſeſten Ausbeutern unſeres Körpers, und ſeine Lebensweiſe im Dunkel des Darmkanals macht ihn obenein zum wahren Typus des Unappetitlichen. Und doch geht es mit ihm, wie mit dem Menſchenfleiſch in der Anekdote. Der Miſſionar eifert gegen die Menſchenfreſſerei als eine Sünde zugleich und eine Geſchmacksroheit. Nein, ſagt der zerknirſchte Wilde in einer letzten Auflehnung ſeines Barbarengewiſſens, Sünde mag's ſchon ſein, aber daß es ſchlecht ſchmeckte, davon verſteht ihr nun nichts. Unſer Todfeind iſt der Bandwurm, aber behaupten, das er darum ein unintereſſantes Geſchöpf an ſich wäre, heißt wirklich nichts von den Dingen wiſſen. Vom Standpunkt der naiven Naturbetrachtung, die ſich um keinen Kriegszuſtand kümmert, iſt der Bandwurm eines der lehrreichſten Geſchöpfe der Erde und ein wahres Natur¬ wunder. Forſchern wie Philoſophen hat er unendlichen Stoff zur heißeſten Arbeit gegeben. Seit langer Zeit wickelt er ſich durch die Geſchichte der Philoſophie. Man hatte behauptet,

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/246>, abgerufen am 21.11.2024.