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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

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so "knochenhart" geworden, daß bei den großen Hummern das
Beil nötig wird, um an die inneren Weichteile zu gelangen.
Dabei gehen gerade diesen Hummern Chitinteile bis in den
Magen hinein, so daß man sagen kann, diese Tiere haben ein
Skelett noch im Magen sitzen, das ihnen wie mit Zähnen die
schon verschluckte Nahrung inwendig noch einmal kaut.

Da Insekt, Spinne, Skorpion, Tausendfüßler und Krebs
im Bau alle so eng zusammen passen, hat man sie im System
der Tiere zum Stamm oder Kreis der Gliederfüßer ver¬
einigt, so wie man Säugetiere, Vögel, Reptile, Lurche und
Fische als Wirbeltiere zu einander setzt. Die Insekten erscheinen
dabei als der höchste Sproß des Stammes, die Krebse als der
niedrigste.

Doch darfst du dir wahrscheinlich die Sache nicht so vor¬
stellen, daß geschichtlich sich alle Hauptgruppen des Stammes
glatt hintereinander ordneten und geradlinig auseinander ent¬
wickelt hätten. Im ganzen werden wir zweifellos auch die
Gliederfüßer von den Würmern ableiten müssen, -- jene
Würmergruppe der Ringelwürmer, zu denen unser Regenwurm
und Blutegel gehören, schließt sich ihnen sogar heute noch so eng
an, daß sie von einigen Forschern mit vielem Recht geradezu mit
den Gliederfüßern zu einer gemeinsamen Hauptgruppe (Glieder¬
tiere) vereinigt wird. Aus solchen Würmern mögen sich schon
in sehr alter Zeit zunächst die Krebse entwickelt haben. Dann
unabhängig davon die Tausendfüße, die ja auch im äußeren
entschieden noch etwas Wurmähnliches besitzen.

Eine direkte, sehr lehrreiche Übergangsform vom Wurm
zum Tausendfuß lebt jetzt noch in der heißen Zone: der so¬
genannte Peripatus. Aus Tausendfüßen mögen, wieder in
zwei unabhängigen Nebenästen, die Skorpione und Spinnen
und die eigentlichen Insekten hervorgegangen sein.

Das als Ariadnefaden in dem Labyrinth toller Tierformen,
das du jetzt auf unserer Liebessuche wieder durchwandern mußt.
Wir beginnen unten, -- beim Krebs.

ſo „knochenhart“ geworden, daß bei den großen Hummern das
Beil nötig wird, um an die inneren Weichteile zu gelangen.
Dabei gehen gerade dieſen Hummern Chitinteile bis in den
Magen hinein, ſo daß man ſagen kann, dieſe Tiere haben ein
Skelett noch im Magen ſitzen, das ihnen wie mit Zähnen die
ſchon verſchluckte Nahrung inwendig noch einmal kaut.

Da Inſekt, Spinne, Skorpion, Tauſendfüßler und Krebs
im Bau alle ſo eng zuſammen paſſen, hat man ſie im Syſtem
der Tiere zum Stamm oder Kreis der Gliederfüßer ver¬
einigt, ſo wie man Säugetiere, Vögel, Reptile, Lurche und
Fiſche als Wirbeltiere zu einander ſetzt. Die Inſekten erſcheinen
dabei als der höchſte Sproß des Stammes, die Krebſe als der
niedrigſte.

Doch darfſt du dir wahrſcheinlich die Sache nicht ſo vor¬
ſtellen, daß geſchichtlich ſich alle Hauptgruppen des Stammes
glatt hintereinander ordneten und geradlinig auseinander ent¬
wickelt hätten. Im ganzen werden wir zweifellos auch die
Gliederfüßer von den Würmern ableiten müſſen, — jene
Würmergruppe der Ringelwürmer, zu denen unſer Regenwurm
und Blutegel gehören, ſchließt ſich ihnen ſogar heute noch ſo eng
an, daß ſie von einigen Forſchern mit vielem Recht geradezu mit
den Gliederfüßern zu einer gemeinſamen Hauptgruppe (Glieder¬
tiere) vereinigt wird. Aus ſolchen Würmern mögen ſich ſchon
in ſehr alter Zeit zunächſt die Krebſe entwickelt haben. Dann
unabhängig davon die Tauſendfüße, die ja auch im äußeren
entſchieden noch etwas Wurmähnliches beſitzen.

Eine direkte, ſehr lehrreiche Übergangsform vom Wurm
zum Tauſendfuß lebt jetzt noch in der heißen Zone: der ſo¬
genannte Peripătus. Aus Tauſendfüßen mögen, wieder in
zwei unabhängigen Nebenäſten, die Skorpione und Spinnen
und die eigentlichen Inſekten hervorgegangen ſein.

Das als Ariadnefaden in dem Labyrinth toller Tierformen,
das du jetzt auf unſerer Liebesſuche wieder durchwandern mußt.
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[308/0324] ſo „knochenhart“ geworden, daß bei den großen Hummern das Beil nötig wird, um an die inneren Weichteile zu gelangen. Dabei gehen gerade dieſen Hummern Chitinteile bis in den Magen hinein, ſo daß man ſagen kann, dieſe Tiere haben ein Skelett noch im Magen ſitzen, das ihnen wie mit Zähnen die ſchon verſchluckte Nahrung inwendig noch einmal kaut. Da Inſekt, Spinne, Skorpion, Tauſendfüßler und Krebs im Bau alle ſo eng zuſammen paſſen, hat man ſie im Syſtem der Tiere zum Stamm oder Kreis der Gliederfüßer ver¬ einigt, ſo wie man Säugetiere, Vögel, Reptile, Lurche und Fiſche als Wirbeltiere zu einander ſetzt. Die Inſekten erſcheinen dabei als der höchſte Sproß des Stammes, die Krebſe als der niedrigſte. Doch darfſt du dir wahrſcheinlich die Sache nicht ſo vor¬ ſtellen, daß geſchichtlich ſich alle Hauptgruppen des Stammes glatt hintereinander ordneten und geradlinig auseinander ent¬ wickelt hätten. Im ganzen werden wir zweifellos auch die Gliederfüßer von den Würmern ableiten müſſen, — jene Würmergruppe der Ringelwürmer, zu denen unſer Regenwurm und Blutegel gehören, ſchließt ſich ihnen ſogar heute noch ſo eng an, daß ſie von einigen Forſchern mit vielem Recht geradezu mit den Gliederfüßern zu einer gemeinſamen Hauptgruppe (Glieder¬ tiere) vereinigt wird. Aus ſolchen Würmern mögen ſich ſchon in ſehr alter Zeit zunächſt die Krebſe entwickelt haben. Dann unabhängig davon die Tauſendfüße, die ja auch im äußeren entſchieden noch etwas Wurmähnliches beſitzen. Eine direkte, ſehr lehrreiche Übergangsform vom Wurm zum Tauſendfuß lebt jetzt noch in der heißen Zone: der ſo¬ genannte Peripătus. Aus Tauſendfüßen mögen, wieder in zwei unabhängigen Nebenäſten, die Skorpione und Spinnen und die eigentlichen Inſekten hervorgegangen ſein. Das als Ariadnefaden in dem Labyrinth toller Tierformen, das du jetzt auf unſerer Liebesſuche wieder durchwandern mußt. Wir beginnen unten, — beim Krebs.

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/324>, abgerufen am 25.11.2024.