Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.Die Kugel, die sich darin heranbewegte, ist das Ei selbst. In den Verhältnissen der Wirklichkeit würde es dem Auge Die glashelle Deckschicht umschließt die gelbliche Dotter¬ Wir müssen uns denken, daß dieses Ei sich bereits vom Es befindet sich jetzt auf der Wanderung vom Eierstock zur Die nassen Kornähren, die in diesen Schacht hineinzuragen Inzwischen vollzieht sich in dem Ei selbst noch ein letzter, Auf alle Fälle zeigt aber ihre Erzeugung, daß in dem Die Kugel, die ſich darin heranbewegte, iſt das Ei ſelbſt. In den Verhältniſſen der Wirklichkeit würde es dem Auge Die glashelle Deckſchicht umſchließt die gelbliche Dotter¬ Wir müſſen uns denken, daß dieſes Ei ſich bereits vom Es befindet ſich jetzt auf der Wanderung vom Eierſtock zur Die naſſen Kornähren, die in dieſen Schacht hineinzuragen Inzwiſchen vollzieht ſich in dem Ei ſelbſt noch ein letzter, Auf alle Fälle zeigt aber ihre Erzeugung, daß in dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0066" n="50"/> <p>Die Kugel, die ſich darin heranbewegte, iſt das Ei ſelbſt.</p><lb/> <p>In den Verhältniſſen der Wirklichkeit würde es dem Auge<lb/> bloß als gerade noch ſichtbares Pünktchen erſcheinen.</p><lb/> <p>Die glashelle Deckſchicht umſchließt die gelbliche Dotter¬<lb/> maſſe. In dieſer Hauptmaſſe ſchwimmt das ſogenannte Keim¬<lb/> bläschen, das anfangs noch einen beſonderen Keimfleck in<lb/> ſich trägt.</p><lb/> <p>Wir müſſen uns denken, daß dieſes Ei ſich bereits vom<lb/> Eierſtock losgelöſt hat, wo es bis dahin in einer beſonderen<lb/> Hülle, dem ſogenannten Graafſchen Bläschen, knoſpenartig<lb/> haftete.</p><lb/> <p>Es befindet ſich jetzt auf der Wanderung vom Eierſtock zur<lb/> Gebärmutter in dem vermittelnden Schacht des Eileiters.</p><lb/> <p>Die naſſen Kornähren, die in dieſen Schacht hineinzuragen<lb/> ſchienen und unſere Kugel mit ihrem weichen Wellenſchlag<lb/> dahintrugen, ſind in Wahrheit die feinen, haarartigen Fort¬<lb/> ſätze ſogenannter Flimmerzellen, die alle Wände des ganzen<lb/> weiblichen Geſchlechtsapparates auskleiden und durch ihre Be¬<lb/> wegung jetzt auch das freie, der Befruchtung entgegeneilende<lb/> Ei durch den Eileiter nach der Gebärmutter hin befördern.</p><lb/> <p>Inzwiſchen vollzieht ſich in dem Ei ſelbſt noch ein letzter,<lb/> notwendiger Reifungsprozeß, der jener erwarteten Befruchtung<lb/> vorauflaufen muß. Wir haben geſehen, was geſchieht. Der<lb/> Eikern oder das „Keimbläschen“ verläßt vorübergehend ſeine<lb/> Stelle, verändert ſich und hilft durch den Akt zweimaliger<lb/> Teilung zwei kleine Körperchen zwiſchen Glashülle und Dotter<lb/> erzeugen. Man nennt dieſe Körperchen die „Richtungskörper“.<lb/> Was ſie eigentlich bedeuten, iſt vorläufig abſolut unbekannt.</p><lb/> <p>Auf alle Fälle zeigt aber ihre Erzeugung, daß in dem<lb/> weiblichen Ei jetzt, und zwar ſchon <hi rendition="#g">vor</hi> der Befruchtung, ein<lb/> lebhaftes, ſelbſtthätiges Innenleben erwacht iſt. Geheimnisvolle<lb/> Kräfte ſind in voller Thätigkeit wie in einer werdenden Welt,<lb/> und die Befruchtung, wenn ſie eintritt, findet alles bereits in<lb/> erwartungsvoller Gärung.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [50/0066]
Die Kugel, die ſich darin heranbewegte, iſt das Ei ſelbſt.
In den Verhältniſſen der Wirklichkeit würde es dem Auge
bloß als gerade noch ſichtbares Pünktchen erſcheinen.
Die glashelle Deckſchicht umſchließt die gelbliche Dotter¬
maſſe. In dieſer Hauptmaſſe ſchwimmt das ſogenannte Keim¬
bläschen, das anfangs noch einen beſonderen Keimfleck in
ſich trägt.
Wir müſſen uns denken, daß dieſes Ei ſich bereits vom
Eierſtock losgelöſt hat, wo es bis dahin in einer beſonderen
Hülle, dem ſogenannten Graafſchen Bläschen, knoſpenartig
haftete.
Es befindet ſich jetzt auf der Wanderung vom Eierſtock zur
Gebärmutter in dem vermittelnden Schacht des Eileiters.
Die naſſen Kornähren, die in dieſen Schacht hineinzuragen
ſchienen und unſere Kugel mit ihrem weichen Wellenſchlag
dahintrugen, ſind in Wahrheit die feinen, haarartigen Fort¬
ſätze ſogenannter Flimmerzellen, die alle Wände des ganzen
weiblichen Geſchlechtsapparates auskleiden und durch ihre Be¬
wegung jetzt auch das freie, der Befruchtung entgegeneilende
Ei durch den Eileiter nach der Gebärmutter hin befördern.
Inzwiſchen vollzieht ſich in dem Ei ſelbſt noch ein letzter,
notwendiger Reifungsprozeß, der jener erwarteten Befruchtung
vorauflaufen muß. Wir haben geſehen, was geſchieht. Der
Eikern oder das „Keimbläschen“ verläßt vorübergehend ſeine
Stelle, verändert ſich und hilft durch den Akt zweimaliger
Teilung zwei kleine Körperchen zwiſchen Glashülle und Dotter
erzeugen. Man nennt dieſe Körperchen die „Richtungskörper“.
Was ſie eigentlich bedeuten, iſt vorläufig abſolut unbekannt.
Auf alle Fälle zeigt aber ihre Erzeugung, daß in dem
weiblichen Ei jetzt, und zwar ſchon vor der Befruchtung, ein
lebhaftes, ſelbſtthätiges Innenleben erwacht iſt. Geheimnisvolle
Kräfte ſind in voller Thätigkeit wie in einer werdenden Welt,
und die Befruchtung, wenn ſie eintritt, findet alles bereits in
erwartungsvoller Gärung.
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