höheren Wirbeltier: dem Vogel. In diesen paar Begriffen: äußerer Schutz der Körperwärme durch einen schlechten Wärme¬ leiter, und als solche Schutzmittel hier das Wollhaar, dort die Feder, liegt der weitere Weg auch für jene alte Entwickelung. Als die Eidechsen Warmblütler geworden waren, wurde es der Nachtkühle oder gar Winterkühle gegenüber nützlich, wenn der Körper sich mit einer Schutzhülle der Art überzog. Zwei verschiedene Methoden solcher Hülle, solchen auf den Leib festgewachsenen "Kleides" stellten sich aber ein. Hier die Feder. Dort das Haar. Beide müssen sich aus der schon vorhandenen Eidechsenhaut gebildet haben. Die echte Eidechse, wie sie dort liegt, hat heute noch Schuppen. Die Feder ist nun ganz sinn¬ fällig nichts anderes als eine etwas umgeformte, verfeinerte, fast möchte ich sagen: vergeistigte Hornschuppe. Vom Haar hat man das früher auch wohl behauptet, es scheint aber viel eher, daß das nicht eigentlich aus der Schuppe der Eidechsenhaut hervorgegangen ist, sondern aus kleinen Knötchen oder Zäpfchen zwischen diesen Schuppen, die anfangs rein als Sinnesorgane, als Tastorgane dienten. In solcher Form, als feinste Vor¬ sprünge der Haut, die dem Tasten dienten, finden sich haar¬ ähnliche Gebilde massenhaft in der ganzen Tierwelt entwickelt. Indem sie den Wärmeschutz jetzt übernahmen, wurde die Schuppe daneben bloß ein Hemmnis und verkümmerte in diesem Falle ganz. Wahrscheinlich ist in beiden Fällen, bei Feder sowohl wie Haar, die eigentliche umbildende und fortentwickelnde Macht die äußere Kälte selber gewesen. Der Gegensatz innerer Wärme und äußerer Kühle wirkte auf die Haut als Reiz, das Blut strömte kräftiger zu, die Haut wurde energischer ernährt und begann all ihre Gebilde strotzender, üppiger zu entfalten -- und das Ergebnis war abermals etwas, das wieder dem ganzen Körper in seinem Wärmeschatz trefflich zu statten kam: die Aus¬ bildung von Haaren und Federn und damit einer köstlichen Schutzwand gegen die äußere Kälte selbst. Eine befiederte oder behaarte, warmblütige Eidechse mochte jetzt auch in recht bitterer
höheren Wirbeltier: dem Vogel. In dieſen paar Begriffen: äußerer Schutz der Körperwärme durch einen ſchlechten Wärme¬ leiter, und als ſolche Schutzmittel hier das Wollhaar, dort die Feder, liegt der weitere Weg auch für jene alte Entwickelung. Als die Eidechſen Warmblütler geworden waren, wurde es der Nachtkühle oder gar Winterkühle gegenüber nützlich, wenn der Körper ſich mit einer Schutzhülle der Art überzog. Zwei verſchiedene Methoden ſolcher Hülle, ſolchen auf den Leib feſtgewachſenen „Kleides“ ſtellten ſich aber ein. Hier die Feder. Dort das Haar. Beide müſſen ſich aus der ſchon vorhandenen Eidechſenhaut gebildet haben. Die echte Eidechſe, wie ſie dort liegt, hat heute noch Schuppen. Die Feder iſt nun ganz ſinn¬ fällig nichts anderes als eine etwas umgeformte, verfeinerte, faſt möchte ich ſagen: vergeiſtigte Hornſchuppe. Vom Haar hat man das früher auch wohl behauptet, es ſcheint aber viel eher, daß das nicht eigentlich aus der Schuppe der Eidechſenhaut hervorgegangen iſt, ſondern aus kleinen Knötchen oder Zäpfchen zwiſchen dieſen Schuppen, die anfangs rein als Sinnesorgane, als Taſtorgane dienten. In ſolcher Form, als feinſte Vor¬ ſprünge der Haut, die dem Taſten dienten, finden ſich haar¬ ähnliche Gebilde maſſenhaft in der ganzen Tierwelt entwickelt. Indem ſie den Wärmeſchutz jetzt übernahmen, wurde die Schuppe daneben bloß ein Hemmnis und verkümmerte in dieſem Falle ganz. Wahrſcheinlich iſt in beiden Fällen, bei Feder ſowohl wie Haar, die eigentliche umbildende und fortentwickelnde Macht die äußere Kälte ſelber geweſen. Der Gegenſatz innerer Wärme und äußerer Kühle wirkte auf die Haut als Reiz, das Blut ſtrömte kräftiger zu, die Haut wurde energiſcher ernährt und begann all ihre Gebilde ſtrotzender, üppiger zu entfalten — und das Ergebnis war abermals etwas, das wieder dem ganzen Körper in ſeinem Wärmeſchatz trefflich zu ſtatten kam: die Aus¬ bildung von Haaren und Federn und damit einer köſtlichen Schutzwand gegen die äußere Kälte ſelbſt. Eine befiederte oder behaarte, warmblütige Eidechſe mochte jetzt auch in recht bitterer
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höheren Wirbeltier: dem Vogel. In dieſen paar Begriffen:
äußerer Schutz der Körperwärme durch einen ſchlechten Wärme¬
leiter, und als ſolche Schutzmittel hier das Wollhaar, dort die
Feder, liegt der weitere Weg auch für jene alte Entwickelung.
Als die Eidechſen Warmblütler geworden waren, wurde
es der Nachtkühle oder gar Winterkühle gegenüber nützlich,
wenn der Körper ſich mit einer Schutzhülle der Art überzog.
Zwei verſchiedene Methoden ſolcher Hülle, ſolchen auf den Leib
feſtgewachſenen „Kleides“ ſtellten ſich aber ein. Hier die Feder.
Dort das Haar. Beide müſſen ſich aus der ſchon vorhandenen
Eidechſenhaut gebildet haben. Die echte Eidechſe, wie ſie dort
liegt, hat heute noch Schuppen. Die Feder iſt nun ganz ſinn¬
fällig nichts anderes als eine etwas umgeformte, verfeinerte,
faſt möchte ich ſagen: vergeiſtigte Hornſchuppe. Vom Haar hat
man das früher auch wohl behauptet, es ſcheint aber viel eher,
daß das nicht eigentlich aus der Schuppe der Eidechſenhaut
hervorgegangen iſt, ſondern aus kleinen Knötchen oder Zäpfchen
zwiſchen dieſen Schuppen, die anfangs rein als Sinnesorgane,
als Taſtorgane dienten. In ſolcher Form, als feinſte Vor¬
ſprünge der Haut, die dem Taſten dienten, finden ſich haar¬
ähnliche Gebilde maſſenhaft in der ganzen Tierwelt entwickelt.
Indem ſie den Wärmeſchutz jetzt übernahmen, wurde die Schuppe
daneben bloß ein Hemmnis und verkümmerte in dieſem Falle
ganz. Wahrſcheinlich iſt in beiden Fällen, bei Feder ſowohl
wie Haar, die eigentliche umbildende und fortentwickelnde Macht
die äußere Kälte ſelber geweſen. Der Gegenſatz innerer Wärme
und äußerer Kühle wirkte auf die Haut als Reiz, das Blut
ſtrömte kräftiger zu, die Haut wurde energiſcher ernährt und
begann all ihre Gebilde ſtrotzender, üppiger zu entfalten —
und das Ergebnis war abermals etwas, das wieder dem ganzen
Körper in ſeinem Wärmeſchatz trefflich zu ſtatten kam: die Aus¬
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Schutzwand gegen die äußere Kälte ſelbſt. Eine befiederte oder
behaarte, warmblütige Eidechſe mochte jetzt auch in recht bitterer
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/112>, abgerufen am 24.11.2024.
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