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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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wickelungen. Jede hat ihren spannenden Roman auf der
historischen Linie zwischen Fisch und Mensch. Davon laß uns
dann also jetzt Etzliches weiter reden.

Ich beginne mit der Thürfrage, -- allein einer Historie,
die an Kühnheit der Um- und Um-Wurstelung durch das
prachtvoll aufwärtsringende, zugleich aber in tausend alte
Traditionsschranken eingeengte Entwickelungsprinzip ihres¬
gleichen sucht. Es soll dir nicht bange werden: der Mensch
kommt doch heraus. Und zwar der echte, unverfälschte Mensch
"Du". Der so ist, wie er ist, nicht "quia absurdum", sondern
eben weil er in seinem Aufwärtsschwimmen ganz bestimmte
Bedingungen in sich trug, weil er "determiniert" war in sich
selbst, -- Bedingungen, die eben zugleich sein eigenstes Wesen
ausmachten. Diese Bedingungen ermöglichten ihm wohl, vor¬
wärts
zu schreiten, weil in ihnen selber ein Motiv war, das
unaufhaltsam bergan steigerte. Aber sie gaben ihm niemals
eine Kraft, die eigene Geschichte, die eigene Vergangenheit
als Prinz vom Himmel hinter sich abzuschneiden. Hätte er
sie je abgeschnitten: so war seine Zukunftsentwickelung augen¬
blicklich mit tot und er stürzte vorwärts ins Nichts, weil das
Nichts plötzlich hinter ihm war.

Also zur Thürfrage.

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wickelungen. Jede hat ihren ſpannenden Roman auf der
hiſtoriſchen Linie zwiſchen Fiſch und Menſch. Davon laß uns
dann alſo jetzt Etzliches weiter reden.

Ich beginne mit der Thürfrage, — allein einer Hiſtorie,
die an Kühnheit der Um- und Um-Wurſtelung durch das
prachtvoll aufwärtsringende, zugleich aber in tauſend alte
Traditionsſchranken eingeengte Entwickelungsprinzip ihres¬
gleichen ſucht. Es ſoll dir nicht bange werden: der Menſch
kommt doch heraus. Und zwar der echte, unverfälſchte Menſch
„Du“. Der ſo iſt, wie er iſt, nicht „quia absurdum“, ſondern
eben weil er in ſeinem Aufwärtsſchwimmen ganz beſtimmte
Bedingungen in ſich trug, weil er „determiniert“ war in ſich
ſelbſt, — Bedingungen, die eben zugleich ſein eigenſtes Weſen
ausmachten. Dieſe Bedingungen ermöglichten ihm wohl, vor¬
wärts
zu ſchreiten, weil in ihnen ſelber ein Motiv war, das
unaufhaltſam bergan ſteigerte. Aber ſie gaben ihm niemals
eine Kraft, die eigene Geſchichte, die eigene Vergangenheit
als Prinz vom Himmel hinter ſich abzuſchneiden. Hätte er
ſie je abgeſchnitten: ſo war ſeine Zukunftsentwickelung augen¬
blicklich mit tot und er ſtürzte vorwärts ins Nichts, weil das
Nichts plötzlich hinter ihm war.

Alſo zur Thürfrage.

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[228/0244] wickelungen. Jede hat ihren ſpannenden Roman auf der hiſtoriſchen Linie zwiſchen Fiſch und Menſch. Davon laß uns dann alſo jetzt Etzliches weiter reden. Ich beginne mit der Thürfrage, — allein einer Hiſtorie, die an Kühnheit der Um- und Um-Wurſtelung durch das prachtvoll aufwärtsringende, zugleich aber in tauſend alte Traditionsſchranken eingeengte Entwickelungsprinzip ihres¬ gleichen ſucht. Es ſoll dir nicht bange werden: der Menſch kommt doch heraus. Und zwar der echte, unverfälſchte Menſch „Du“. Der ſo iſt, wie er iſt, nicht „quia absurdum“, ſondern eben weil er in ſeinem Aufwärtsſchwimmen ganz beſtimmte Bedingungen in ſich trug, weil er „determiniert“ war in ſich ſelbſt, — Bedingungen, die eben zugleich ſein eigenſtes Weſen ausmachten. Dieſe Bedingungen ermöglichten ihm wohl, vor¬ wärts zu ſchreiten, weil in ihnen ſelber ein Motiv war, das unaufhaltſam bergan ſteigerte. Aber ſie gaben ihm niemals eine Kraft, die eigene Geſchichte, die eigene Vergangenheit als Prinz vom Himmel hinter ſich abzuſchneiden. Hätte er ſie je abgeſchnitten: ſo war ſeine Zukunftsentwickelung augen¬ blicklich mit tot und er ſtürzte vorwärts ins Nichts, weil das Nichts plötzlich hinter ihm war. Alſo zur Thürfrage. [Abbildung]

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/244>, abgerufen am 23.11.2024.