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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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warf seine lebendige Post in den für Geschlechtsstoffe reser¬
vierten Teil der Urinröhre; -- das männliche Organ dagegen
benutzte, um nicht mit den Eiern in Kollision zu kommen, für
seinen Samen lieber nach wie vor den echten Urinkanal
selbst, -- gleichsam als das kleinere Übel.

Und wie das nun einmal lange Zeit zäh so Brauch
gewesen war, blieb es auch traditionell bestehen, als schließlich
jene Zwitterei als solche ganz aufhörte. Von den Amphibien,
also den Molchen und Fröschen an, giebt es im höheren
Wirbeltierbereich bis zu dir hinauf normaler Weise keinen
Hermaphroditismus mehr. Bei jedem Einzelmolch, jeder
Einzeleidechse, jedem Einzelvogel und jedem Einzelsäugetier
wird in jedem Einzeltier nur mehr eine Sorte von Geschlechts¬
organ arbeitsfähig entwickelt: entweder Eierstöcke oder Mannes¬
hoden, -- das Tier ist also entweder ganz Mann oder ganz
Weib.

Wenn aber so ein Mannesmolch etwa fortan nur mehr
Samen produzierte und selber gar keine Eier mehr, so war
völlig verständlich, daß bei ihm die Separatabteilung der
Urinröhre, die von der Eierausfuhr bisher zäh einseitig be¬
legt worden war, wertlos wurde und abkümmerte. Seine
ganze Geschlechtspost, die ja nur noch in Samen bestand, blieb
dem Brauche nach wie vor treu, durch die Niere so zu sagen
selber hinauszugehen und den echten Urinweg nicht zu scheuen.
Und so war bei ihm eigentlich die Sache wieder auf den
ursprünglichsten Stand zurückgebracht: sein ganzer Geschlechts¬
erguß lief wieder im echten Urinrohr.

Umgekehrt der weibliche Molch, der bei der Eierproduktion
blieb, hielt fest an dem Separat-Kanal für diese Eier und
konnte ihn in keiner Weise entbehren. Dagegen war ihm
vom Moment an, da er keinen Samen mehr produzierte, der
echte Urin-Abflußteil für die Geschlechtspost ganz gleichgültig
Sintemalen aber hier doch eben der Urin selber nach wie vor
floß, durfte dieser Kanalteil nun doch auch hier nicht ver¬

warf ſeine lebendige Poſt in den für Geſchlechtsſtoffe reſer¬
vierten Teil der Urinröhre; — das männliche Organ dagegen
benutzte, um nicht mit den Eiern in Kolliſion zu kommen, für
ſeinen Samen lieber nach wie vor den echten Urinkanal
ſelbſt, — gleichſam als das kleinere Übel.

Und wie das nun einmal lange Zeit zäh ſo Brauch
geweſen war, blieb es auch traditionell beſtehen, als ſchließlich
jene Zwitterei als ſolche ganz aufhörte. Von den Amphibien,
alſo den Molchen und Fröſchen an, giebt es im höheren
Wirbeltierbereich bis zu dir hinauf normaler Weiſe keinen
Hermaphroditismus mehr. Bei jedem Einzelmolch, jeder
Einzeleidechſe, jedem Einzelvogel und jedem Einzelſäugetier
wird in jedem Einzeltier nur mehr eine Sorte von Geſchlechts¬
organ arbeitsfähig entwickelt: entweder Eierſtöcke oder Mannes¬
hoden, — das Tier iſt alſo entweder ganz Mann oder ganz
Weib.

Wenn aber ſo ein Mannesmolch etwa fortan nur mehr
Samen produzierte und ſelber gar keine Eier mehr, ſo war
völlig verſtändlich, daß bei ihm die Separatabteilung der
Urinröhre, die von der Eierausfuhr bisher zäh einſeitig be¬
legt worden war, wertlos wurde und abkümmerte. Seine
ganze Geſchlechtspoſt, die ja nur noch in Samen beſtand, blieb
dem Brauche nach wie vor treu, durch die Niere ſo zu ſagen
ſelber hinauszugehen und den echten Urinweg nicht zu ſcheuen.
Und ſo war bei ihm eigentlich die Sache wieder auf den
urſprünglichſten Stand zurückgebracht: ſein ganzer Geſchlechts¬
erguß lief wieder im echten Urinrohr.

Umgekehrt der weibliche Molch, der bei der Eierproduktion
blieb, hielt feſt an dem Separat-Kanal für dieſe Eier und
konnte ihn in keiner Weiſe entbehren. Dagegen war ihm
vom Moment an, da er keinen Samen mehr produzierte, der
echte Urin-Abflußteil für die Geſchlechtspoſt ganz gleichgültig
Sintemalen aber hier doch eben der Urin ſelber nach wie vor
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[252/0268] warf ſeine lebendige Poſt in den für Geſchlechtsſtoffe reſer¬ vierten Teil der Urinröhre; — das männliche Organ dagegen benutzte, um nicht mit den Eiern in Kolliſion zu kommen, für ſeinen Samen lieber nach wie vor den echten Urinkanal ſelbſt, — gleichſam als das kleinere Übel. Und wie das nun einmal lange Zeit zäh ſo Brauch geweſen war, blieb es auch traditionell beſtehen, als ſchließlich jene Zwitterei als ſolche ganz aufhörte. Von den Amphibien, alſo den Molchen und Fröſchen an, giebt es im höheren Wirbeltierbereich bis zu dir hinauf normaler Weiſe keinen Hermaphroditismus mehr. Bei jedem Einzelmolch, jeder Einzeleidechſe, jedem Einzelvogel und jedem Einzelſäugetier wird in jedem Einzeltier nur mehr eine Sorte von Geſchlechts¬ organ arbeitsfähig entwickelt: entweder Eierſtöcke oder Mannes¬ hoden, — das Tier iſt alſo entweder ganz Mann oder ganz Weib. Wenn aber ſo ein Mannesmolch etwa fortan nur mehr Samen produzierte und ſelber gar keine Eier mehr, ſo war völlig verſtändlich, daß bei ihm die Separatabteilung der Urinröhre, die von der Eierausfuhr bisher zäh einſeitig be¬ legt worden war, wertlos wurde und abkümmerte. Seine ganze Geſchlechtspoſt, die ja nur noch in Samen beſtand, blieb dem Brauche nach wie vor treu, durch die Niere ſo zu ſagen ſelber hinauszugehen und den echten Urinweg nicht zu ſcheuen. Und ſo war bei ihm eigentlich die Sache wieder auf den urſprünglichſten Stand zurückgebracht: ſein ganzer Geſchlechts¬ erguß lief wieder im echten Urinrohr. Umgekehrt der weibliche Molch, der bei der Eierproduktion blieb, hielt feſt an dem Separat-Kanal für dieſe Eier und konnte ihn in keiner Weiſe entbehren. Dagegen war ihm vom Moment an, da er keinen Samen mehr produzierte, der echte Urin-Abflußteil für die Geſchlechtspoſt ganz gleichgültig Sintemalen aber hier doch eben der Urin ſelber nach wie vor floß, durfte dieſer Kanalteil nun doch auch hier nicht ver¬

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/268>, abgerufen am 22.11.2024.