Und doch jetzt ein leiser Ton, lustig und fern, wie ein silberhelles Glöckchen. Tjäk! Tjäk! Jetzt hier wieder, dort, antwortend. Tätterättätätt. Siehst du die Punkte dort im See? Dein Auge gewöhnt sich langsam an das blinkende Metallblau, unterscheidet. Hier sind zwei größere, ganz nah. Sie steuern unmittelbar aus dem dürren Schilf in die offene Fläche hinein. Schwarze Teichhühner. Die weißen Schnäbelchen blinken. Es ist ihre Liebeszeit. Streng Paar um Paar kommen sie aus dem Schilf. Selig in die große Bläue hinein, auf der die Sonne tanzt.
Ein unendliches wohliges Brautbett ungezählter Vögelchen, dieser Frühlingssee.
Du siehst nur noch die Nachzügler abfahren. Draußen auf der hohen Fläche muß es schon wimmeln von Liebes¬ pärchen. Siehst du die endlose Punktreihe dort: Wildgänse, eine Unmenge, die dazwischen in geschlossener Kolonne fischen. Ein Boot scheucht sie für einen Moment auf, wie eine wirbelnde Rauchsäule schatten sie nach beiden Seiten des Sees ab, und trotz der Entfernung kommt ein leises Geklapper ihrer Schnatter¬ stimmen zu dir wie von rasselnd gerückten Kaffeetassen in einem Restaurant.
Dann wieder alles still.
Am Schilf blitzt es, weiß wie wenn Seerosen sich gelöst hätten und langsam dahin trieben. Aber es giebt noch keine um diese Zeit. Ein neues Geschwader Vögel rückt den Teich¬ hühnern nach. Größere Gesellen, die Brust weiß, die Flanke rötlich, der Kopf steil herauf wie ein züngelndes Natterhaupt, oben daran etwas wie ein kleines Kapothütchen, das unter der Kehle eine Schleife schlägt. Es ist die steife Federkrause, die den Haubensteißfuß, den König alles Wassergevögels hier an Schönheit und stolzer Haltung, kennzeichnet. Auch die Hauben¬ steißfüße haben Brauttag. Siehst du das Pärchen dort, dicht nebeneinander, treue Hochzeiter die beiden, die es ernst meinen.
Heilige Frühlingsſtille.
Und doch jetzt ein leiſer Ton, luſtig und fern, wie ein ſilberhelles Glöckchen. Tjäk! Tjäk! Jetzt hier wieder, dort, antwortend. Tätterättätätt. Siehſt du die Punkte dort im See? Dein Auge gewöhnt ſich langſam an das blinkende Metallblau, unterſcheidet. Hier ſind zwei größere, ganz nah. Sie ſteuern unmittelbar aus dem dürren Schilf in die offene Fläche hinein. Schwarze Teichhühner. Die weißen Schnäbelchen blinken. Es iſt ihre Liebeszeit. Streng Paar um Paar kommen ſie aus dem Schilf. Selig in die große Bläue hinein, auf der die Sonne tanzt.
Ein unendliches wohliges Brautbett ungezählter Vögelchen, dieſer Frühlingsſee.
Du ſiehſt nur noch die Nachzügler abfahren. Draußen auf der hohen Fläche muß es ſchon wimmeln von Liebes¬ pärchen. Siehſt du die endloſe Punktreihe dort: Wildgänſe, eine Unmenge, die dazwiſchen in geſchloſſener Kolonne fiſchen. Ein Boot ſcheucht ſie für einen Moment auf, wie eine wirbelnde Rauchſäule ſchatten ſie nach beiden Seiten des Sees ab, und trotz der Entfernung kommt ein leiſes Geklapper ihrer Schnatter¬ ſtimmen zu dir wie von raſſelnd gerückten Kaffeetaſſen in einem Reſtaurant.
Dann wieder alles ſtill.
Am Schilf blitzt es, weiß wie wenn Seeroſen ſich gelöſt hätten und langſam dahin trieben. Aber es giebt noch keine um dieſe Zeit. Ein neues Geſchwader Vögel rückt den Teich¬ hühnern nach. Größere Geſellen, die Bruſt weiß, die Flanke rötlich, der Kopf ſteil herauf wie ein züngelndes Natterhaupt, oben daran etwas wie ein kleines Kapothütchen, das unter der Kehle eine Schleife ſchlägt. Es iſt die ſteife Federkrauſe, die den Haubenſteißfuß, den König alles Waſſergevögels hier an Schönheit und ſtolzer Haltung, kennzeichnet. Auch die Hauben¬ ſteißfüße haben Brauttag. Siehſt du das Pärchen dort, dicht nebeneinander, treue Hochzeiter die beiden, die es ernſt meinen.
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Heilige Frühlingsſtille.
Und doch jetzt ein leiſer Ton, luſtig und fern, wie ein
ſilberhelles Glöckchen. Tjäk! Tjäk! Jetzt hier wieder, dort,
antwortend. Tätterättätätt. Siehſt du die Punkte dort im
See? Dein Auge gewöhnt ſich langſam an das blinkende
Metallblau, unterſcheidet. Hier ſind zwei größere, ganz nah.
Sie ſteuern unmittelbar aus dem dürren Schilf in die offene
Fläche hinein. Schwarze Teichhühner. Die weißen Schnäbelchen
blinken. Es iſt ihre Liebeszeit. Streng Paar um Paar kommen
ſie aus dem Schilf. Selig in die große Bläue hinein, auf
der die Sonne tanzt.
Ein unendliches wohliges Brautbett ungezählter Vögelchen,
dieſer Frühlingsſee.
Du ſiehſt nur noch die Nachzügler abfahren. Draußen
auf der hohen Fläche muß es ſchon wimmeln von Liebes¬
pärchen. Siehſt du die endloſe Punktreihe dort: Wildgänſe,
eine Unmenge, die dazwiſchen in geſchloſſener Kolonne fiſchen.
Ein Boot ſcheucht ſie für einen Moment auf, wie eine wirbelnde
Rauchſäule ſchatten ſie nach beiden Seiten des Sees ab, und
trotz der Entfernung kommt ein leiſes Geklapper ihrer Schnatter¬
ſtimmen zu dir wie von raſſelnd gerückten Kaffeetaſſen in einem
Reſtaurant.
Dann wieder alles ſtill.
Am Schilf blitzt es, weiß wie wenn Seeroſen ſich gelöſt
hätten und langſam dahin trieben. Aber es giebt noch keine
um dieſe Zeit. Ein neues Geſchwader Vögel rückt den Teich¬
hühnern nach. Größere Geſellen, die Bruſt weiß, die Flanke
rötlich, der Kopf ſteil herauf wie ein züngelndes Natterhaupt,
oben daran etwas wie ein kleines Kapothütchen, das unter der
Kehle eine Schleife ſchlägt. Es iſt die ſteife Federkrauſe, die
den Haubenſteißfuß, den König alles Waſſergevögels hier an
Schönheit und ſtolzer Haltung, kennzeichnet. Auch die Hauben¬
ſteißfüße haben Brauttag. Siehſt du das Pärchen dort, dicht
nebeneinander, treue Hochzeiter die beiden, die es ernſt meinen.
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/56>, abgerufen am 24.11.2024.
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