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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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Wasserscholle um den ganzen Planetenbauch einmal "welt¬
umsegelnd" so herumzukommen, wie es uns in freier Äther¬
höhe der große Mond allmonatlich einmal wie eine selbst¬
verständliche Promenade vormacht.

Diese allgemeine Lehre, womit der Leib dich dir als
Weltkörper bei Nebelflecken, Sonnen und Monden zu erkennen
giebt, ist ja nun schon recht interessant. Der Leib spezialisiert
aber sofort ein Stück weiter.

Das Weltkörperchen, das du darstellst, nimmt ganz un¬
verkennbar eine bestimmte Stelle ein in einer gewissen Reihen¬
folge der Weltstoff-Gebilde. Dein Leib hat sich schon im
Mutterleibe aus ganz bestimmten Stoffen aufgebaut und ergänzt
sich fort und fort durch ähnliche Stoffe. Diese Stoffwahl aber
giebt dir in jener Reihe deinen Rang. Du bist kein Nebel¬
fleck, der bloß aus zwei oder drei Stoffen, hauptsächlich Wasser¬
stoff, in losester Gasform besteht. Gegen den gehalten stehst
du etwa der Sonne schon sehr viel näher. Die besteht schon
aus so und so viel wohlgesonderten Elementen, einer ganzen
Tabelle. Aber auch dieser Sonne fehlt noch viel, um dir
ganz auf den Leib zu kommen. Die Stoffe auf ihr befinden
sich sämtlich noch in einem furchtbaren Glutzustand, innen eine
einheitlich weißglühende Bombe und um diese Weißglut wogend
bunte Schleier von Metalldämpfen. Diese Glut ist so gewaltig,
daß chemische Verbindungen zwischen den einzelnen Elementen,
wie es scheint, überhaupt noch ganz ausgeschlossen sind. Solche
Verbindungen sind aber der wahre Baustein deines Leibes,
mit dem er so gut wie ganz arbeitet.

Man muß sich bloß an die simpelste aller solcher Ver¬
bindungen erinnern, die berühmte H 2 O, wie der Chemiker sagt:
zwei Teile Wasserstoff und ein Teil Sauerstoff zum Rezept
"Wasser" verbunden. Was sollte dein Leib anfangen ohne
Wasser? Es ist nicht nur eines seiner wichtigsten Nahrungs¬
mittel, sondern geradezu der Hauptbestand seines ganzen Ge¬
bäudes. Ein großes Venedig ist alle feste Substanz in uns,

Waſſerſcholle um den ganzen Planetenbauch einmal „welt¬
umſegelnd“ ſo herumzukommen, wie es uns in freier Äther¬
höhe der große Mond allmonatlich einmal wie eine ſelbſt¬
verſtändliche Promenade vormacht.

Dieſe allgemeine Lehre, womit der Leib dich dir als
Weltkörper bei Nebelflecken, Sonnen und Monden zu erkennen
giebt, iſt ja nun ſchon recht intereſſant. Der Leib ſpezialiſiert
aber ſofort ein Stück weiter.

Das Weltkörperchen, das du darſtellſt, nimmt ganz un¬
verkennbar eine beſtimmte Stelle ein in einer gewiſſen Reihen¬
folge der Weltſtoff-Gebilde. Dein Leib hat ſich ſchon im
Mutterleibe aus ganz beſtimmten Stoffen aufgebaut und ergänzt
ſich fort und fort durch ähnliche Stoffe. Dieſe Stoffwahl aber
giebt dir in jener Reihe deinen Rang. Du biſt kein Nebel¬
fleck, der bloß aus zwei oder drei Stoffen, hauptſächlich Waſſer¬
ſtoff, in loſeſter Gasform beſteht. Gegen den gehalten ſtehſt
du etwa der Sonne ſchon ſehr viel näher. Die beſteht ſchon
aus ſo und ſo viel wohlgeſonderten Elementen, einer ganzen
Tabelle. Aber auch dieſer Sonne fehlt noch viel, um dir
ganz auf den Leib zu kommen. Die Stoffe auf ihr befinden
ſich ſämtlich noch in einem furchtbaren Glutzuſtand, innen eine
einheitlich weißglühende Bombe und um dieſe Weißglut wogend
bunte Schleier von Metalldämpfen. Dieſe Glut iſt ſo gewaltig,
daß chemiſche Verbindungen zwiſchen den einzelnen Elementen,
wie es ſcheint, überhaupt noch ganz ausgeſchloſſen ſind. Solche
Verbindungen ſind aber der wahre Bauſtein deines Leibes,
mit dem er ſo gut wie ganz arbeitet.

Man muß ſich bloß an die ſimpelſte aller ſolcher Ver¬
bindungen erinnern, die berühmte H 2 O, wie der Chemiker ſagt:
zwei Teile Waſſerſtoff und ein Teil Sauerſtoff zum Rezept
„Waſſer“ verbunden. Was ſollte dein Leib anfangen ohne
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mittel, ſondern geradezu der Hauptbeſtand ſeines ganzen Ge¬
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[62/0078] Waſſerſcholle um den ganzen Planetenbauch einmal „welt¬ umſegelnd“ ſo herumzukommen, wie es uns in freier Äther¬ höhe der große Mond allmonatlich einmal wie eine ſelbſt¬ verſtändliche Promenade vormacht. Dieſe allgemeine Lehre, womit der Leib dich dir als Weltkörper bei Nebelflecken, Sonnen und Monden zu erkennen giebt, iſt ja nun ſchon recht intereſſant. Der Leib ſpezialiſiert aber ſofort ein Stück weiter. Das Weltkörperchen, das du darſtellſt, nimmt ganz un¬ verkennbar eine beſtimmte Stelle ein in einer gewiſſen Reihen¬ folge der Weltſtoff-Gebilde. Dein Leib hat ſich ſchon im Mutterleibe aus ganz beſtimmten Stoffen aufgebaut und ergänzt ſich fort und fort durch ähnliche Stoffe. Dieſe Stoffwahl aber giebt dir in jener Reihe deinen Rang. Du biſt kein Nebel¬ fleck, der bloß aus zwei oder drei Stoffen, hauptſächlich Waſſer¬ ſtoff, in loſeſter Gasform beſteht. Gegen den gehalten ſtehſt du etwa der Sonne ſchon ſehr viel näher. Die beſteht ſchon aus ſo und ſo viel wohlgeſonderten Elementen, einer ganzen Tabelle. Aber auch dieſer Sonne fehlt noch viel, um dir ganz auf den Leib zu kommen. Die Stoffe auf ihr befinden ſich ſämtlich noch in einem furchtbaren Glutzuſtand, innen eine einheitlich weißglühende Bombe und um dieſe Weißglut wogend bunte Schleier von Metalldämpfen. Dieſe Glut iſt ſo gewaltig, daß chemiſche Verbindungen zwiſchen den einzelnen Elementen, wie es ſcheint, überhaupt noch ganz ausgeſchloſſen ſind. Solche Verbindungen ſind aber der wahre Bauſtein deines Leibes, mit dem er ſo gut wie ganz arbeitet. Man muß ſich bloß an die ſimpelſte aller ſolcher Ver¬ bindungen erinnern, die berühmte H 2 O, wie der Chemiker ſagt: zwei Teile Waſſerſtoff und ein Teil Sauerſtoff zum Rezept „Waſſer“ verbunden. Was ſollte dein Leib anfangen ohne Waſſer? Es iſt nicht nur eines ſeiner wichtigſten Nahrungs¬ mittel, ſondern geradezu der Hauptbeſtand ſeines ganzen Ge¬ bäudes. Ein großes Venedig iſt alle feſte Subſtanz in uns,

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/78>, abgerufen am 24.11.2024.