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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.

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Du willst ein Bad nehmen, im Freien, vor anderen.
Du ziehst dich nackt aus -- bis auf eine Badehose. Was be¬
deutet das?

Es bedeutet nichts geringeres als das Urphänomen der
ganzen Schamfrage.

Die Badehose läßt deine gesamte Körpernacktheit frei,
verhüllt aber deinen Geschlechtsapparat. Diese Badehose zieht
eine haarscharfe Scheidewand noch einmal innerhalb deiner
Nacktheit. Sie trennt den einfach nackten, aus praktischen
Gründen hier des Wasserbades nackten Menschen vom erotisch
nackten Menschen. Zum erotischen Zweck könntest du eher die
ganze übrige Nacktheit entbehren als die an dieser Stelle. Um¬
gekehrt die Verhüllung dieser Stelle durch die Badehose predigt
jedem Beschauer sofort: es handelt sich hier und soll sich nicht
handeln um Nacktheit im erotischen Sinne, sondern um einfache
Nützlichkeitsnacktheit des einzelnen Individuums beim praktischen
Badezweck.

Erinnere dich. Wir unterschieden den Menschen im Jäger¬
pelz und den Menschen daheim. Ersterer der bekleidete, letzterer
der unbekleidete. Der unbekleidete fiel wenigstens zeitweise zu¬
sammen mit dem erotischen. Das hat ihn in der erzählten
Weise wahrscheinlich erst nackt im Sinne auch noch von haar¬
los gemacht. Jetzt, in dem Badehosen-Beispiel, hast du eine


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Du willſt ein Bad nehmen, im Freien, vor anderen.
Du ziehſt dich nackt aus — bis auf eine Badehoſe. Was be¬
deutet das?

Es bedeutet nichts geringeres als das Urphänomen der
ganzen Schamfrage.

Die Badehoſe läßt deine geſamte Körpernacktheit frei,
verhüllt aber deinen Geſchlechtsapparat. Dieſe Badehoſe zieht
eine haarſcharfe Scheidewand noch einmal innerhalb deiner
Nacktheit. Sie trennt den einfach nackten, aus praktiſchen
Gründen hier des Waſſerbades nackten Menſchen vom erotiſch
nackten Menſchen. Zum erotiſchen Zweck könnteſt du eher die
ganze übrige Nacktheit entbehren als die an dieſer Stelle. Um¬
gekehrt die Verhüllung dieſer Stelle durch die Badehoſe predigt
jedem Beſchauer ſofort: es handelt ſich hier und ſoll ſich nicht
handeln um Nacktheit im erotiſchen Sinne, ſondern um einfache
Nützlichkeitsnacktheit des einzelnen Individuums beim praktiſchen
Badezweck.

Erinnere dich. Wir unterſchieden den Menſchen im Jäger¬
pelz und den Menſchen daheim. Erſterer der bekleidete, letzterer
der unbekleidete. Der unbekleidete fiel wenigſtens zeitweiſe zu¬
ſammen mit dem erotiſchen. Das hat ihn in der erzählten
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los gemacht. Jetzt, in dem Badehoſen-Beiſpiel, haſt du eine

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[102/0116] [Abbildung] Du willſt ein Bad nehmen, im Freien, vor anderen. Du ziehſt dich nackt aus — bis auf eine Badehoſe. Was be¬ deutet das? Es bedeutet nichts geringeres als das Urphänomen der ganzen Schamfrage. Die Badehoſe läßt deine geſamte Körpernacktheit frei, verhüllt aber deinen Geſchlechtsapparat. Dieſe Badehoſe zieht eine haarſcharfe Scheidewand noch einmal innerhalb deiner Nacktheit. Sie trennt den einfach nackten, aus praktiſchen Gründen hier des Waſſerbades nackten Menſchen vom erotiſch nackten Menſchen. Zum erotiſchen Zweck könnteſt du eher die ganze übrige Nacktheit entbehren als die an dieſer Stelle. Um¬ gekehrt die Verhüllung dieſer Stelle durch die Badehoſe predigt jedem Beſchauer ſofort: es handelt ſich hier und ſoll ſich nicht handeln um Nacktheit im erotiſchen Sinne, ſondern um einfache Nützlichkeitsnacktheit des einzelnen Individuums beim praktiſchen Badezweck. Erinnere dich. Wir unterſchieden den Menſchen im Jäger¬ pelz und den Menſchen daheim. Erſterer der bekleidete, letzterer der unbekleidete. Der unbekleidete fiel wenigſtens zeitweiſe zu¬ ſammen mit dem erotiſchen. Das hat ihn in der erzählten Weiſe wahrſcheinlich erſt nackt im Sinne auch noch von haar¬ los gemacht. Jetzt, in dem Badehoſen-Beiſpiel, haſt du eine

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/116>, abgerufen am 21.11.2024.