Das Kind nimmt einen Stecken als Pferd. Seiner Phan¬ tasie genügt irgend eine winzige Ähnlichkeit als Signal, um den ganzen Rest selbstthätig zu ergänzen. Der Erwachsene will wirklich ein Pferd, er ist ein nüchterner Realist gegen das Kind; freilich aber zieht er auch vom echten Pferde die nützlichen Folgen, daß es lebendig ihn wirklich dahinträgt.
Diesen Weg geht auch das Leben der Völker.
Je realistischer das Denken wird, desto mehr verwandelt das Schamsignal sich in eine Schamhülle.
Es kommen die echten Feigenblätter, die Schürzen, die wirk¬ lichen "Badehosen," die ihren Zweck nur noch erreichen durch das Absperren, das Unterbrechen der ganzen Leitung vom Geschlechts¬ organ zu dem Organ, das ich dir früher schon öfter als das ero¬ tische Distanceorgan ersten Ranges bezeichnet habe, -- dem Auge.
Wenn man nicht an Erotisches denken soll, so muß die erotische Gegend überhaupt nicht mehr gesehen werden! Das ist gröber im Prinzip, aber es ist unverkennbar in allen zweifel¬ haften Fällen noch viel wirksamer.
Es schneidet eine ganze Masse Eventualitäten mehr ab. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Wenn ich für ge¬ wöhnlich gar kein Geschlecht an meinen Mitmenschen mehr sehe, werde ich auch für gewöhnlich immer mehr vergessen, mich als Geschlecht zu fühlen.
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Das Kind nimmt einen Stecken als Pferd. Seiner Phan¬ taſie genügt irgend eine winzige Ähnlichkeit als Signal, um den ganzen Reſt ſelbſtthätig zu ergänzen. Der Erwachſene will wirklich ein Pferd, er iſt ein nüchterner Realiſt gegen das Kind; freilich aber zieht er auch vom echten Pferde die nützlichen Folgen, daß es lebendig ihn wirklich dahinträgt.
Dieſen Weg geht auch das Leben der Völker.
Je realiſtiſcher das Denken wird, deſto mehr verwandelt das Schamſignal ſich in eine Schamhülle.
Es kommen die echten Feigenblätter, die Schürzen, die wirk¬ lichen „Badehoſen,“ die ihren Zweck nur noch erreichen durch das Abſperren, das Unterbrechen der ganzen Leitung vom Geſchlechts¬ organ zu dem Organ, das ich dir früher ſchon öfter als das ero¬ tiſche Diſtanceorgan erſten Ranges bezeichnet habe, — dem Auge.
Wenn man nicht an Erotiſches denken ſoll, ſo muß die erotiſche Gegend überhaupt nicht mehr geſehen werden! Das iſt gröber im Prinzip, aber es iſt unverkennbar in allen zweifel¬ haften Fällen noch viel wirkſamer.
Es ſchneidet eine ganze Maſſe Eventualitäten mehr ab. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Wenn ich für ge¬ wöhnlich gar kein Geſchlecht an meinen Mitmenſchen mehr ſehe, werde ich auch für gewöhnlich immer mehr vergeſſen, mich als Geſchlecht zu fühlen.
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Das Kind nimmt einen Stecken als Pferd. Seiner Phan¬
taſie genügt irgend eine winzige Ähnlichkeit als Signal, um
den ganzen Reſt ſelbſtthätig zu ergänzen. Der Erwachſene will
wirklich ein Pferd, er iſt ein nüchterner Realiſt gegen das Kind;
freilich aber zieht er auch vom echten Pferde die nützlichen
Folgen, daß es lebendig ihn wirklich dahinträgt.
Dieſen Weg geht auch das Leben der Völker.
Je realiſtiſcher das Denken wird, deſto mehr verwandelt
das Schamſignal ſich in eine Schamhülle.
Es kommen die echten Feigenblätter, die Schürzen, die wirk¬
lichen „Badehoſen,“ die ihren Zweck nur noch erreichen durch das
Abſperren, das Unterbrechen der ganzen Leitung vom Geſchlechts¬
organ zu dem Organ, das ich dir früher ſchon öfter als das ero¬
tiſche Diſtanceorgan erſten Ranges bezeichnet habe, — dem Auge.
Wenn man nicht an Erotiſches denken ſoll, ſo muß die
erotiſche Gegend überhaupt nicht mehr geſehen werden! Das
iſt gröber im Prinzip, aber es iſt unverkennbar in allen zweifel¬
haften Fällen noch viel wirkſamer.
Es ſchneidet eine ganze Maſſe Eventualitäten mehr ab.
Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Wenn ich für ge¬
wöhnlich gar kein Geſchlecht an meinen Mitmenſchen mehr
ſehe, werde ich auch für gewöhnlich immer mehr vergeſſen,
mich als Geſchlecht zu fühlen.
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/143>, abgerufen am 21.11.2024.
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