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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.

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Du erinnerst dich an die wilde Liebesfahrt der Heringe.
Wie unendliche Massen zur Küste drängen und das Meer weit¬
hin mit Eiern und Samen erfüllen.

Das war der Fisch. Über diesen Fisch hoch hinweg
aber stieg die Entwickelung der Wirbeltiere bis zum Säuge¬
tier. Im ganzen war diese Linie zugleich ein Heraussteigen
vom Wasser aufs Land. Auf dem Lande und für das Land
ist, wie der Vogel, so auch das Säugetier schon ursprüng¬
lich entstanden. Aber wie vom Vogel der Pinguin wieder
fast in Fischgestalt, mit schuppenartiger Feder und flossenhaftem
Flügel, in die Salzflut zurückgestiegen ist, -- nachträglich
noch einmal -- so vom Säugerstamm Robbe, Seekuh
und Wal.

Das Fischsäugetier oder Seesäugetier entstand, -- nicht, wie
der Laie wohl meint, ein noch lebender Übergang vom Fisch
zum Säugetier, sondern eine wunderbare Rückanpassung des
säugenden Huftiers und Raubtiers nochmals an das feuchte
Element.

Diese nachträgliche Anpassung bedingte aber im Liebes¬
leben wieder gar seltsame Folgen.

Auch die Robbe, auch der riesige Walfisch: sie blieben
in ihrem Liebesroman echte Säuger, wie ihr Athmungsorgan


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Du erinnerſt dich an die wilde Liebesfahrt der Heringe.
Wie unendliche Maſſen zur Küſte drängen und das Meer weit¬
hin mit Eiern und Samen erfüllen.

Das war der Fiſch. Über dieſen Fiſch hoch hinweg
aber ſtieg die Entwickelung der Wirbeltiere bis zum Säuge¬
tier. Im ganzen war dieſe Linie zugleich ein Herausſteigen
vom Waſſer aufs Land. Auf dem Lande und für das Land
iſt, wie der Vogel, ſo auch das Säugetier ſchon urſprüng¬
lich entſtanden. Aber wie vom Vogel der Pinguin wieder
faſt in Fiſchgeſtalt, mit ſchuppenartiger Feder und floſſenhaftem
Flügel, in die Salzflut zurückgeſtiegen iſt, — nachträglich
noch einmal — ſo vom Säugerſtamm Robbe, Seekuh
und Wal.

Das Fiſchſäugetier oder Seeſäugetier entſtand, — nicht, wie
der Laie wohl meint, ein noch lebender Übergang vom Fiſch
zum Säugetier, ſondern eine wunderbare Rückanpaſſung des
ſäugenden Huftiers und Raubtiers nochmals an das feuchte
Element.

Dieſe nachträgliche Anpaſſung bedingte aber im Liebes¬
leben wieder gar ſeltſame Folgen.

Auch die Robbe, auch der rieſige Walfiſch: ſie blieben
in ihrem Liebesroman echte Säuger, wie ihr Athmungsorgan

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[172/0186] [Abbildung] Du erinnerſt dich an die wilde Liebesfahrt der Heringe. Wie unendliche Maſſen zur Küſte drängen und das Meer weit¬ hin mit Eiern und Samen erfüllen. Das war der Fiſch. Über dieſen Fiſch hoch hinweg aber ſtieg die Entwickelung der Wirbeltiere bis zum Säuge¬ tier. Im ganzen war dieſe Linie zugleich ein Herausſteigen vom Waſſer aufs Land. Auf dem Lande und für das Land iſt, wie der Vogel, ſo auch das Säugetier ſchon urſprüng¬ lich entſtanden. Aber wie vom Vogel der Pinguin wieder faſt in Fiſchgeſtalt, mit ſchuppenartiger Feder und floſſenhaftem Flügel, in die Salzflut zurückgeſtiegen iſt, — nachträglich noch einmal — ſo vom Säugerſtamm Robbe, Seekuh und Wal. Das Fiſchſäugetier oder Seeſäugetier entſtand, — nicht, wie der Laie wohl meint, ein noch lebender Übergang vom Fiſch zum Säugetier, ſondern eine wunderbare Rückanpaſſung des ſäugenden Huftiers und Raubtiers nochmals an das feuchte Element. Dieſe nachträgliche Anpaſſung bedingte aber im Liebes¬ leben wieder gar ſeltſame Folgen. Auch die Robbe, auch der rieſige Walfiſch: ſie blieben in ihrem Liebesroman echte Säuger, wie ihr Athmungsorgan

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/186>, abgerufen am 27.11.2024.