Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.mir immer wohl, ich athme freier, und meine deutsche -- Ich wohne hinter dem Palais-Royal. Die mir immer wohl, ich athme freier, und meine deutſche — Ich wohne hinter dem Palais-Royal. Die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0044" n="30"/> mir immer wohl, ich athme freier, und meine deutſche<lb/> Engbrüſtigkeit verließ mich ſchon in Bondy. Raſch<lb/> zog ich alle meine Bedenklichkeiten aus und ſtürzte<lb/> mich jubelnd in das friſche Wellengewühl. Ich<lb/> möchte wiſſen, ob es andern Deutſchen auch ſo be¬<lb/> gegnet wie mir, ob ihnen, wenn ſie nach Paris kom¬<lb/> men, wie Knaben zu Muthe iſt, wenn an ſchönen<lb/> Sommerabenden die Schule geendigt und ſie ſpringen<lb/> und ſpielen dürfen! Mir iſt es gerade, als müßte<lb/> ich unſerm alten Conrector einen Eſel bohren.</p><lb/> <p>— Ich wohne hinter dem Palais-Royal. Die<lb/> Zimmer ſind gut, aber die enge Straße mit ihren<lb/> hohen Häuſern iſt unfreundlich. Kein Sonnenblick<lb/> den ganzen Tag. Und doch iſt es mir manchmal<lb/> noch zu hell; denn ich habe merkwürdige <hi rendition="#g">Gegen¬<lb/> über</hi>. Erſtens, ſehe ich in die Küche eines Reſtau¬<lb/> rateurs. Schon früh Morgens fangen die ungewa¬<lb/> ſchenen Köche zu tüchten und zu trachten an, und<lb/> wenn man ſo mit anſieht, wie die Grazie, die allen<lb/> franzöſiſchen Schüſſeln eigen iſt, zu Stande kömmt,<lb/> kann man die Eßluſt auf eine ganze Woche verlie¬<lb/> ren. Dann ſehe ich in das Zimmer einer Demoi¬<lb/> ſelle; in eine Schneiderswohnung; in einen Roulette-<lb/> Saal und in eine lange Gallerie von <hi rendition="#aq">Cabinets ino¬<lb/> dores</hi>. Wie ſchön, freundlich und glänzend iſt Alles<lb/> nach der Gartenſeite des Palais-Royal; nach hin¬<lb/> ten aber, wie betrübt und ſchmutzig Alles! Ich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [30/0044]
mir immer wohl, ich athme freier, und meine deutſche
Engbrüſtigkeit verließ mich ſchon in Bondy. Raſch
zog ich alle meine Bedenklichkeiten aus und ſtürzte
mich jubelnd in das friſche Wellengewühl. Ich
möchte wiſſen, ob es andern Deutſchen auch ſo be¬
gegnet wie mir, ob ihnen, wenn ſie nach Paris kom¬
men, wie Knaben zu Muthe iſt, wenn an ſchönen
Sommerabenden die Schule geendigt und ſie ſpringen
und ſpielen dürfen! Mir iſt es gerade, als müßte
ich unſerm alten Conrector einen Eſel bohren.
— Ich wohne hinter dem Palais-Royal. Die
Zimmer ſind gut, aber die enge Straße mit ihren
hohen Häuſern iſt unfreundlich. Kein Sonnenblick
den ganzen Tag. Und doch iſt es mir manchmal
noch zu hell; denn ich habe merkwürdige Gegen¬
über. Erſtens, ſehe ich in die Küche eines Reſtau¬
rateurs. Schon früh Morgens fangen die ungewa¬
ſchenen Köche zu tüchten und zu trachten an, und
wenn man ſo mit anſieht, wie die Grazie, die allen
franzöſiſchen Schüſſeln eigen iſt, zu Stande kömmt,
kann man die Eßluſt auf eine ganze Woche verlie¬
ren. Dann ſehe ich in das Zimmer einer Demoi¬
ſelle; in eine Schneiderswohnung; in einen Roulette-
Saal und in eine lange Gallerie von Cabinets ino¬
dores. Wie ſchön, freundlich und glänzend iſt Alles
nach der Gartenſeite des Palais-Royal; nach hin¬
ten aber, wie betrübt und ſchmutzig Alles! Ich
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