Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

ne zur Chocolade, dazu gegeben um sie be¬
quemer auszutunken; die Hauptflüssigkeit bleibt
der geheime Hofrath. Für den Gehalt besorgt
Herr Münch die Stuttgarter Bibliothek, aber
für den geheimen Hofrath arbeitet er an der
Hofzeitung, und sucht alle Tage zu beweisen,
daß die Regierung immer Recht hat dem Vol¬
ke gegenüber, und daß es sehr löblich ist,
wenn sie alles Schlimme ohne langes Zaudern
auf einmal thue, damit das Volk den bittern
Trank schnell hinunter schlucke; das Gute aber
nur allmählig, daß man es mit langsamen
Zügen hinunter schlürfe und der Genuß um
so dauernder sey. Mit welcher rastlosen Feind¬
seligkeit in Deutschland die öffentliche Meinung
verfolgt wird, mit welcher Unverschämtheit die
Censur jede Wahrheit unterdrückt, und sich zur
unverlangten Beschützerin selbst jeder auslän¬
dischen Lüge hervordrängt, sobald diese Lüge
zum Vortheile einer Regierung gereicht -- da¬

ne zur Chocolade, dazu gegeben um ſie be¬
quemer auszutunken; die Hauptfluͤſſigkeit bleibt
der geheime Hofrath. Fuͤr den Gehalt beſorgt
Herr Muͤnch die Stuttgarter Bibliothek, aber
fuͤr den geheimen Hofrath arbeitet er an der
Hofzeitung, und ſucht alle Tage zu beweiſen,
daß die Regierung immer Recht hat dem Vol¬
ke gegenuͤber, und daß es ſehr loͤblich iſt,
wenn ſie alles Schlimme ohne langes Zaudern
auf einmal thue, damit das Volk den bittern
Trank ſchnell hinunter ſchlucke; das Gute aber
nur allmaͤhlig, daß man es mit langſamen
Zuͤgen hinunter ſchluͤrfe und der Genuß um
ſo dauernder ſey. Mit welcher raſtloſen Feind¬
ſeligkeit in Deutſchland die oͤffentliche Meinung
verfolgt wird, mit welcher Unverſchaͤmtheit die
Cenſur jede Wahrheit unterdruͤckt, und ſich zur
unverlangten Beſchuͤtzerin ſelbſt jeder auslaͤn¬
diſchen Luͤge hervordraͤngt, ſobald dieſe Luͤge
zum Vortheile einer Regierung gereicht — da¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <p><pb facs="#f0167" n="153"/>
ne zur Chocolade, dazu gegeben um &#x017F;ie be¬<lb/>
quemer auszutunken; die Hauptflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit bleibt<lb/>
der geheime Hofrath. Fu&#x0364;r den Gehalt be&#x017F;orgt<lb/>
Herr Mu&#x0364;nch die Stuttgarter Bibliothek, aber<lb/>
fu&#x0364;r den geheimen Hofrath arbeitet er an der<lb/>
Hofzeitung, und &#x017F;ucht alle Tage zu bewei&#x017F;en,<lb/>
daß die Regierung immer Recht hat dem Vol¬<lb/>
ke gegenu&#x0364;ber, und daß es &#x017F;ehr lo&#x0364;blich i&#x017F;t,<lb/>
wenn &#x017F;ie alles Schlimme ohne langes Zaudern<lb/>
auf einmal thue, damit das Volk den bittern<lb/>
Trank &#x017F;chnell hinunter &#x017F;chlucke; das Gute aber<lb/>
nur allma&#x0364;hlig, daß man es mit lang&#x017F;amen<lb/>
Zu&#x0364;gen hinunter &#x017F;chlu&#x0364;rfe und der Genuß um<lb/>
&#x017F;o dauernder &#x017F;ey. Mit welcher ra&#x017F;tlo&#x017F;en Feind¬<lb/>
&#x017F;eligkeit in Deut&#x017F;chland die o&#x0364;ffentliche Meinung<lb/>
verfolgt wird, mit welcher Unver&#x017F;cha&#x0364;mtheit die<lb/>
Cen&#x017F;ur jede Wahrheit unterdru&#x0364;ckt, und &#x017F;ich zur<lb/>
unverlangten Be&#x017F;chu&#x0364;tzerin &#x017F;elb&#x017F;t jeder ausla&#x0364;<lb/>
di&#x017F;chen Lu&#x0364;ge hervordra&#x0364;ngt, &#x017F;obald die&#x017F;e Lu&#x0364;ge<lb/>
zum Vortheile einer Regierung gereicht &#x2014; da¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0167] ne zur Chocolade, dazu gegeben um ſie be¬ quemer auszutunken; die Hauptfluͤſſigkeit bleibt der geheime Hofrath. Fuͤr den Gehalt beſorgt Herr Muͤnch die Stuttgarter Bibliothek, aber fuͤr den geheimen Hofrath arbeitet er an der Hofzeitung, und ſucht alle Tage zu beweiſen, daß die Regierung immer Recht hat dem Vol¬ ke gegenuͤber, und daß es ſehr loͤblich iſt, wenn ſie alles Schlimme ohne langes Zaudern auf einmal thue, damit das Volk den bittern Trank ſchnell hinunter ſchlucke; das Gute aber nur allmaͤhlig, daß man es mit langſamen Zuͤgen hinunter ſchluͤrfe und der Genuß um ſo dauernder ſey. Mit welcher raſtloſen Feind¬ ſeligkeit in Deutſchland die oͤffentliche Meinung verfolgt wird, mit welcher Unverſchaͤmtheit die Cenſur jede Wahrheit unterdruͤckt, und ſich zur unverlangten Beſchuͤtzerin ſelbſt jeder auslaͤn¬ diſchen Luͤge hervordraͤngt, ſobald dieſe Luͤge zum Vortheile einer Regierung gereicht — da¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/167
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/167>, abgerufen am 26.11.2024.