Gestern Abend trat die Devrient in Rossinis Othello auf. Sie spielte die Desdemona, Ma¬ dame Malibran den Mohren. Allen Dilettanti und den vielen Amanti der schwarzen Schönen war sehr bange vor dem kühnen Unternehmen, und ich fand, daß ihre Furcht noch lange nicht groß genug gewesen. Wäre nicht eine der Gra¬ zien, aus gewohnter Liebe, der Malibran treu geblieben, sie hätte sich sehr lächerlich gemacht. Was doch die Eitelkeit schlecht rechnet! Sie woll¬ te donnern und blitzen, wie ein afrikanisches Ge¬ witter, aber die Stecknadelnatur des weiblichen Zornes stach überall hervor, und das dünne spitze Grimmchen war gar zu komisch. Die Malibran hat eine zarte feine Gestalt, und so blieb ihr nichts anders übrig, um einen Mann vorzustel¬
Montag den 21. November.
Geſtern Abend trat die Devrient in Roſſinis Othello auf. Sie ſpielte die Desdemona, Ma¬ dame Malibran den Mohren. Allen Dilettanti und den vielen Amanti der ſchwarzen Schoͤnen war ſehr bange vor dem kuͤhnen Unternehmen, und ich fand, daß ihre Furcht noch lange nicht groß genug geweſen. Waͤre nicht eine der Gra¬ zien, aus gewohnter Liebe, der Malibran treu geblieben, ſie haͤtte ſich ſehr laͤcherlich gemacht. Was doch die Eitelkeit ſchlecht rechnet! Sie woll¬ te donnern und blitzen, wie ein afrikaniſches Ge¬ witter, aber die Stecknadelnatur des weiblichen Zornes ſtach uͤberall hervor, und das duͤnne ſpitze Grimmchen war gar zu komiſch. Die Malibran hat eine zarte feine Geſtalt, und ſo blieb ihr nichts anders uͤbrig, um einen Mann vorzuſtel¬
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Montag den 21. November.
Geſtern Abend trat die Devrient in Roſſinis
Othello auf. Sie ſpielte die Desdemona, Ma¬
dame Malibran den Mohren. Allen Dilettanti
und den vielen Amanti der ſchwarzen Schoͤnen
war ſehr bange vor dem kuͤhnen Unternehmen,
und ich fand, daß ihre Furcht noch lange nicht
groß genug geweſen. Waͤre nicht eine der Gra¬
zien, aus gewohnter Liebe, der Malibran treu
geblieben, ſie haͤtte ſich ſehr laͤcherlich gemacht.
Was doch die Eitelkeit ſchlecht rechnet! Sie woll¬
te donnern und blitzen, wie ein afrikaniſches Ge¬
witter, aber die Stecknadelnatur des weiblichen
Zornes ſtach uͤberall hervor, und das duͤnne ſpitze
Grimmchen war gar zu komiſch. Die Malibran
hat eine zarte feine Geſtalt, und ſo blieb ihr
nichts anders uͤbrig, um einen Mann vorzuſtel¬
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/198>, abgerufen am 22.11.2024.
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