unschädliche Spielereien. Man mag einem Kin¬ de eine graue Perücke aufsetzen, es wird nicht alt davon. Was ich in dieser Sache nur wich¬ tig finde, ist daß der König, indem er Pairs ernannte, wozu ihn die Konstitution von 1830 nicht berechtigte, einen Staatsstreich begangen. Und hat er einmal dem Teufel einen Finger ge¬ geben, wird er ihm auch später die Hand rei¬ chen, und sich ihm endlich ganz überlassen.
-- So eben lese ich in der neuesten Ham¬ burger Zeitung folgende Brochure angezeigt: "Gegen L. Börne, den Wahrheit-, Recht- und Ehrvergessenen Briefsteller aus Paris, von E. MeyerDr." Ich kann es mir nicht erklären; aber sobald ich den Titel gelesen, bekam ich gleich einen heftigen Appetit, und ich schickte den Konrad weg, mir vom Re¬ staurateur ein tete de veau au Naturel zu ho¬ len. Ich pflege sonst nie a la fourchette zu früh¬ stücken. Ach! könnten nur viele Menschen, wie
unſchaͤdliche Spielereien. Man mag einem Kin¬ de eine graue Peruͤcke aufſetzen, es wird nicht alt davon. Was ich in dieſer Sache nur wich¬ tig finde, iſt daß der Koͤnig, indem er Pairs ernannte, wozu ihn die Konſtitution von 1830 nicht berechtigte, einen Staatsſtreich begangen. Und hat er einmal dem Teufel einen Finger ge¬ geben, wird er ihm auch ſpaͤter die Hand rei¬ chen, und ſich ihm endlich ganz uͤberlaſſen.
— So eben leſe ich in der neueſten Ham¬ burger Zeitung folgende Brochure angezeigt: „Gegen L. Boͤrne, den Wahrheit-, Recht- und Ehrvergeſſenen Briefſteller aus Paris, von E. MeyerDr.“ Ich kann es mir nicht erklaͤren; aber ſobald ich den Titel geleſen, bekam ich gleich einen heftigen Appetit, und ich ſchickte den Konrad weg, mir vom Re¬ ſtaurateur ein tête de veau au Naturél zu ho¬ len. Ich pflege ſonſt nie à la fourchette zu fruͤh¬ ſtuͤcken. Ach! koͤnnten nur viele Menſchen, wie
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unſchaͤdliche Spielereien. Man mag einem Kin¬
de eine graue Peruͤcke aufſetzen, es wird nicht
alt davon. Was ich in dieſer Sache nur wich¬
tig finde, iſt daß der Koͤnig, indem er Pairs
ernannte, wozu ihn die Konſtitution von 1830
nicht berechtigte, einen Staatsſtreich begangen.
Und hat er einmal dem Teufel einen Finger ge¬
geben, wird er ihm auch ſpaͤter die Hand rei¬
chen, und ſich ihm endlich ganz uͤberlaſſen.
— So eben leſe ich in der neueſten Ham¬
burger Zeitung folgende Brochure angezeigt:
„Gegen L. Boͤrne, den Wahrheit-,
Recht- und Ehrvergeſſenen Briefſteller
aus Paris, von E. Meyer Dr.“ Ich kann
es mir nicht erklaͤren; aber ſobald ich den Titel
geleſen, bekam ich gleich einen heftigen Appetit,
und ich ſchickte den Konrad weg, mir vom Re¬
ſtaurateur ein tête de veau au Naturél zu ho¬
len. Ich pflege ſonſt nie à la fourchette zu fruͤh¬
ſtuͤcken. Ach! koͤnnten nur viele Menſchen, wie
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/202>, abgerufen am 21.11.2024.
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