Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

nete seine Thränen; wer ein farbiges (das ist
keine Erfindung) ließ sie fließen. Ich selbst,
als ich mich umhergesehen, und wahrnahm,
wie wenige Menschen im Hause waren, die
das Recht hatten mich auszulachen, weinte
auch. Der Polizei-Kommissair des Theaters,
der neben mir saß, sah mich recht freundlich
und gutmüthig an und dachte wohl bei sich:
gäbe es doch keine schlimmere Volksbewegung
als diese, dann wäre es ein Vergnügen Polizei-
Kommissair im quartier du temple zu seyn!
Warum haben wir so viel geweint? Sie sol¬
len es erfahren. Vorher aber ziehen Sie auf
eine Viertelstunde einen Ueberrock an, setzen
einen runden Hut auf -- kurz -- ich bitte Sie,
machen Sie mir durch weibliche Bedenklichkei¬
ten die Arbeit nicht so sauer. Ich habe we¬
nig Zeit; Europa wartet auf mich.

Das Drama heißt: Il y a seize ans,
den Stoff mögen sie wohl aus Deutschland

nete ſeine Thraͤnen; wer ein farbiges (das iſt
keine Erfindung) ließ ſie fließen. Ich ſelbſt,
als ich mich umhergeſehen, und wahrnahm,
wie wenige Menſchen im Hauſe waren, die
das Recht hatten mich auszulachen, weinte
auch. Der Polizei-Kommiſſair des Theaters,
der neben mir ſaß, ſah mich recht freundlich
und gutmuͤthig an und dachte wohl bei ſich:
gaͤbe es doch keine ſchlimmere Volksbewegung
als dieſe, dann waͤre es ein Vergnuͤgen Polizei-
Kommiſſair im quartier du temple zu ſeyn!
Warum haben wir ſo viel geweint? Sie ſol¬
len es erfahren. Vorher aber ziehen Sie auf
eine Viertelſtunde einen Ueberrock an, ſetzen
einen runden Hut auf — kurz — ich bitte Sie,
machen Sie mir durch weibliche Bedenklichkei¬
ten die Arbeit nicht ſo ſauer. Ich habe we¬
nig Zeit; Europa wartet auf mich.

Das Drama heißt: Il y a seize ans,
den Stoff moͤgen ſie wohl aus Deutſchland

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <p><pb facs="#f0301" n="287"/>
nete &#x017F;eine Thra&#x0364;nen; wer ein farbiges (das i&#x017F;t<lb/>
keine Erfindung) ließ &#x017F;ie fließen. Ich &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
als ich mich umherge&#x017F;ehen, und wahrnahm,<lb/>
wie wenige Men&#x017F;chen im Hau&#x017F;e waren, die<lb/>
das Recht hatten mich auszulachen, weinte<lb/>
auch. Der Polizei-Kommi&#x017F;&#x017F;air des Theaters,<lb/>
der neben mir &#x017F;aß, &#x017F;ah mich recht freundlich<lb/>
und gutmu&#x0364;thig an und dachte wohl bei &#x017F;ich:<lb/>
ga&#x0364;be es doch keine &#x017F;chlimmere Volksbewegung<lb/>
als die&#x017F;e, dann wa&#x0364;re es ein Vergnu&#x0364;gen Polizei-<lb/>
Kommi&#x017F;&#x017F;air im <hi rendition="#aq">quartier du temple</hi> zu &#x017F;eyn!<lb/>
Warum haben wir &#x017F;o viel geweint? Sie &#x017F;ol¬<lb/>
len es erfahren. Vorher aber ziehen Sie auf<lb/>
eine Viertel&#x017F;tunde einen Ueberrock an, &#x017F;etzen<lb/>
einen runden Hut auf &#x2014; kurz &#x2014; ich bitte Sie,<lb/>
machen Sie mir durch weibliche Bedenklichkei¬<lb/>
ten die Arbeit nicht &#x017F;o &#x017F;auer. Ich habe we¬<lb/>
nig Zeit; Europa wartet auf mich.</p><lb/>
          <p>Das Drama heißt: <hi rendition="#aq #g">Il y a seize ans</hi>,<lb/>
den Stoff mo&#x0364;gen &#x017F;ie wohl aus Deut&#x017F;chland<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[287/0301] nete ſeine Thraͤnen; wer ein farbiges (das iſt keine Erfindung) ließ ſie fließen. Ich ſelbſt, als ich mich umhergeſehen, und wahrnahm, wie wenige Menſchen im Hauſe waren, die das Recht hatten mich auszulachen, weinte auch. Der Polizei-Kommiſſair des Theaters, der neben mir ſaß, ſah mich recht freundlich und gutmuͤthig an und dachte wohl bei ſich: gaͤbe es doch keine ſchlimmere Volksbewegung als dieſe, dann waͤre es ein Vergnuͤgen Polizei- Kommiſſair im quartier du temple zu ſeyn! Warum haben wir ſo viel geweint? Sie ſol¬ len es erfahren. Vorher aber ziehen Sie auf eine Viertelſtunde einen Ueberrock an, ſetzen einen runden Hut auf — kurz — ich bitte Sie, machen Sie mir durch weibliche Bedenklichkei¬ ten die Arbeit nicht ſo ſauer. Ich habe we¬ nig Zeit; Europa wartet auf mich. Das Drama heißt: Il y a seize ans, den Stoff moͤgen ſie wohl aus Deutſchland

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/301
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/301>, abgerufen am 22.11.2024.